Velbert. Einen Haufen Schulden hat Velbert schon. Jetzt kommt ein Riesenloch im Haushalt für 2024 dazu. Den Bürgern drohen einschneidende Maßnahmen.
Eigentlich ist nur ein gezielter Blick nötig. Und der zeigt auf Anhieb: Die Stadt Velbert und ihre Bürgerschaft haben neben einem Riesenberg Schulden jetzt auch noch ein aktuelles zweistellig millionenschweres Problem. Für 2024 belaufen sich nämlich momentan die Aufwendungen auf 290, hingegen die Erträge bloß auf 273 Millionen Euro. Ja, dazwischen tut sich ein Defizit auf, klafft ein ziemlich großes Loch. Es sei seit 2017 der „deutlich angespannteste“ Haushalt, sagt denn auch Christoph Peitz, für den er als der im Rathaus für die Finanzen verantwortliche Fachmann mit seinem Team einen Etat-Entwurf aufstelle.
Die Jahre zuvor waren mit positiven Ergebnissen ebenfalls entspannter; 2019 endete sogar mit einem respektablen Jahresüberschuss von 4,5 Millionen Euro.
Ausführlicher Bericht im Velberter Rat
Es war jetzt an Stadtkämmerer Peitz (45), im Rat die derzeitigen Rahmenbedingungen zu erläutern, die finanzielle Dramatik aufzuzeigen und nicht zuletzt dort darzulegen, dass die „momentane Schieflage nicht dadurch bedingt ist, dass wir hier zu viel Geld verprassen“, wie er im Vorfeld der Sitzung auf WAZ-Anfrage betonte. Vielmehr hänge Velbert maßgeblich von Entscheidungen und Überlegungen andernorts ab – auf Bund-, Landes, Kreis- und LVR-Ebene.
Kreis-Vorgehen „eher unkritisch“
Wobei ihm der Kreis Mettmann trotz absehbar steigender Umlage, also Geld-Forderungen an die zehn kreisangehörigen Städte, noch die allerkleinsten Sorgen macht: „Das Thema ist eher unkritisch.“ Der Kreis plane „tatsächlich keine großartigen Neuaufwendungen“, setze vielmehr positive Jahresergebnisse und Überschüsse zugunsten seiner Kommunen ein, um den Anstieg der Kreis-Umlage zu dämpfen.
Hamstern für schlechte Zeiten
„Massiv zu schaffen“ mache Velbert hingegen der Landschaftsverband Rheinland (LVR) nebst der indirekten Konsequenzen via Kreis-Etat bzw. -Umlage. Der LVR plane 400 neue Stellen für 40 Millionen Euro, gehe aber nicht an seine Ausgleichsrücklage von 170 und taste auch nicht seine liquiden Mittel in Höhe von knapp 700 Millionen Euro an, berichtet der Stadtkämmerer. Seine Mimik lässt keine Fragen offen, als er erzählt, man wolle das beim LVR in Köln „für schlechte Zeiten“ aufbewahren.
Steuer-Hebesätze und Kita-Gebühren
„Solch ein Defizit sparen wir nicht einfach weg“, erklärt Christoph Peitz zu dem eingangs geschilderten Delta. Bei dessen Größe werde man vor Ort um eine Diskussion über die Steuer-Hebesätze nicht herumkommen und auch über die Kita-Gebühren reden müssen. Angesichts der überschaubaren allgemeinen Rücklage von nur 30 Millionen drohe Velbert die bilanzielle Überschuldung. „Es sei denn, das Land baut den Kommunen erneut eine Brücke.“ Da sich eventuell etwas tun werde, verschiebe man die Einbringung des offiziellen Etat-Entwurfs auf den Dezember. Das Land lasse eine Verabschiedung in 2024 zu.
Noch so eben über Wasser gehalten
Mit dem nunmehr nicht mehr zur Verfügung stehenden Instrument der Isolierung bzw. des fiktiven Ausgleichs von Corona- und Ukraine-(Folge)-Schäden habe man zuletzt die Etats wenigstens „formal glatt“ ziehen können: „Das hielt uns zumindest über Wasser.“ Laut Städte- und Gemeindebund NRW kämen jetzt 40 Prozent der Städte in die Pflicht, Haushaltssicherungskonzepte fahren zu müssen: „Es gab immer welche, aber jetzt geht’s wirklich in die Fläche!“ Hier im Kreis planten Langenfeld und Hilden bereits, lokal an der Steuerschraube zu drehen und beklagten dennoch zweistellige Millionen-Defizite.
Bundespolitik schlägt durch
Darüber hinaus drücken die Folgen des Inflationsausgleichsgesetzes in Form massiver Einbußen für die Gemeinden bei ihren Einkommen- und Gewerbesteueranteilen. Das sind für Velbert fünf Millionen weniger. Um eine Million mehr oder weniger geht’s bei der Korrektur der fehlerhaften Berechnung des NRW-Gemeindefinanzierungsgesetzes. Drittens steht zwar die endgültige Fassung des sieben-Milliarden-Euro-schweren Wachstumschancengesetzes noch aus, jedoch müssen Länder und Kommunen wohl zwei Drittel der Lasten tragen.
Klar ist: Es nimmt kein Ende
Zum Abschluss ein Überblick über Velberter Projekte und Investitionsmaßnahmen, die 2024 starten oder aber weiterlaufen: Neubau Grundschule nebst Sporthalle Grünstraße, Sanierung Schloss Hardenberg, Kita-Neubau Sontumer Straße, naturwissenschaftliche Räume fürs GSG und neue Gesamtschule Neviges. Und es reißt nicht ab, auf die Stadt rollen weitere Kosten und Ausgaben zu: etwa für den OGS-Ausbau oder für eine schlagkräftigere Feuerwehr.
>>> Hebesätze seit Jahren nicht mehr angerührt
Beim letzten Hebesatz-Anstieg in Velbert ist der für die Grundsteuer B – das betrifft alle Grundstücke außer landwirtschaftlichen – in 2013 im Zuge eines Nachtragshaushaltes von 440 auf 550 Punkte erhöht worden.
Der Hebesatz für die Gewerbesteuer ist nach Auskunft der Kämmerei seit Beginn dieses Jahrtausends nicht angerührt worden.