Neviges. In unserer Serie „Gute Nachbarschaft“ erzählen drei Damen aus Velbert-Neviges, warum man auf Männer im Garten aufpassen muss.
Sommer ist, wenn Antje Grotegut am Spätnachmittag in ihrem Garten in Velbert-Neviges nur kurz ruft: „Bist du da?“ Und Minuten später erst Maria kommt, dann Anette und drei fidele Frauen an einem Tisch sitzen. Gern mit Marias Maibowle, die so legendär ist, dass sie inzwischen auf keiner Geburtstagsfeier fehlen darf. Und schon mal gar nicht in kleiner Runde. Antje Grotegut (80), Maria Langer (66) und Anette Teml (59) sind viel mehr als nur gute Nachbarinnen. Das Trio aus der Weinbergstraße, das eigentlich ein Quartett ist – Anette Temls Schwägerin Rosi ist nur gerade im Urlaub –, hält zusammen wie Pech und Schwefel.
Hilft sich in der Not, wie etwa bei dem Hochwasser vor zwei Jahren. Als am frühen Abend des 14. Juli 2021 der Hardenberger Bach über die Ufer trat und die beschauliche Straße in Schlamm versank. Als das Haus von Anette Teml und ihrer Schwägerin Rosi im Erdgeschoss unbewohnbar wurde und Antje Grotegut seitdem an Wunder glaubt. „Das Wasser strömte bei mir in die Diele und machte vor dieser Mini-Schwelle da vorne halt, mein Wohnzimmer blieb trocken.“ Damals haben sie gerackert und geackert, Freunde kamen, um zu helfen. Bei aller Arbeit hat die Nachbarschaft auch dabei nicht den Blick für das Wesentliche verloren: „Weißt du noch, damals hatten wir für alle auf der Bachmauer eine kleine Theke mit Getränken und Essen aufgebaut“, erinnert Antje Grotegut.
Nachbarinnen in Velbert-Neviges treffen sich abends im Garten
![Die hübsche Fassade der Weinbergstraße. Hier funktioniert die Nachbarschaft, hier hilft jeder jedem. Die hübsche Fassade der Weinbergstraße. Hier funktioniert die Nachbarschaft, hier hilft jeder jedem.](https://img.sparknews.funkemedien.de/238886833/238886833_1688733531_v16_9_1200.jpeg)
Und jetzt? Genießen sie den Sommer, treffen sich nach Feierabend zum Plausch, meistens im Garten von Antje Grotegut, denn der liegt genau in der Mitte. Die 80-Jährige wohnt seit 1978 im Haus Nummer 19 und hat bei ihrem Einzug 1978 – damals mit ihrem inzwischen verstorbenen Ehemann Hermann – für klare Verhältnisse gesorgt: „Vor den Häusern standen so komische kleine Hecken, ich hatte mich mit Anettes Mutter kurzgeschlossen. Die haben uns nämlich beiden nicht gefallen“, sagt sie in Richtung Anette Teml, die hier in der Weinbergstraße aufwuchs und vier Mal innerhalb der Straße umgezogen ist, „immer ohne ein Unternehmen, einfach alles rüber getragen“.
Ein gepflasterter Weg von Garten zu Garten
![Ihr Garten ist Treffpunkt für die lustigen Abendrunden: Antje Grotegut liebt Blumen und hält hier alles noch selbst in Schuss. Ihr Garten ist Treffpunkt für die lustigen Abendrunden: Antje Grotegut liebt Blumen und hält hier alles noch selbst in Schuss.](https://img.sparknews.funkemedien.de/238886835/238886835_1688715057_v16_9_1200.jpeg)
Jedenfalls: Die Hecken vor dem Haus kamen damals weg, nieder mit den Grenzen. Stattdessen ließ Antje Grotegut hinten in ihrem Garten einen schmalen Pflasterweg anlegen, damit Maria, Anette und Rosi besser rüber kommen können. „Ich war es auch leid, dass mir immer die Blumen kaputt gegangen sind. Dieser olle Trampelpfad und dann die Matsche.“ Schnee von gestern, jetzt bleiben die Schuhe sauber und die Blümchen heile, wenn man gemeinsam den Tag gemütlich ausklingen lässt – was sich auch schon mal bis spät in die Nacht hinzieht.
Würfeln bei Maibowle und Weizenbier
![Den größten Garten hat Nachbarin Anette Teml. Hier gedeihen auch die Kartoffeln für die Reibekuchen. Den größten Garten hat Nachbarin Anette Teml. Hier gedeihen auch die Kartoffeln für die Reibekuchen.](https://img.sparknews.funkemedien.de/238886837/238886837_1688718212_v16_9_1200.jpeg)
„Mal mit Weizenbier, Sekt, Aperol oder Marias Bowle, ein schönes Schlückchen ist schon dabei“, sagt Antje Grotegut vergnügt. Dann wird erzählt oder auch gerne gespielt. „Kniffel oder Rummikub, ist praktischer als Karten, da kann nichts wegfliegen.“ so die muntere 80-Jährige. Und Maria, die erinnert sich gerne an jenen lauen Sommerabend, als alle plötzlich aufhörten zu schnattern und zu würfen. „Es war schon dunkel, da fing plötzlich ein Busch an, gelb zu blühen. Plonk, plonk, eine Blüte nach der anderen. Wir dachten, wir spinnen.“ Die Lösung: Es waren Nachtkerzen, tagsüber unscheinbar grün. „Ich habe inzwischen einen Ableger, der blüht wie doof“, sagt Anette begeistert, die sich wiederum mit selbst gezogenen Kartoffeln revanchiert – in besonderer Form: „Daraus mache ich dann Reibekuchen für uns alle, ich habe einen Induktionsherd draußen, das macht total Spaß.“ Und wer als Spaziergänger Glück hat und gerade vorbei kommt, der bekommt auch was angeboten. „Wir sind hier eben recht offen.“
Ehemann hielt neue Blümchen für Unkraut
Nein, bessere Nachbarinnen können sie sich wahrlich nicht denken. „Als ich krank war, haben sich alle um mich gekümmert, fragten, was man tun könne. Wir passen aufeinander auf. Wenn man mal jemanden drei Tage nicht sieht, dann gehen die Alarmglocken an“, sagt Anette Teml. Und manchmal passen sie auch auf Marias Ehemann Peter auf – damit er keinen Unsinn im Garten macht. „Ich hatte mich gewundert, wo meine frisch eingesetzten Pflanzen abgeblieben sind“, erzählt Maria und muss schon wieder lachen. Lange musste sie nicht grübeln – Antje hatte beobachtet, wie Marias Ehemann Peter sie mit Schwung raus rupfte. Er hatte sie für Unkraut gehalten.
Um Punkt 17 Uhr wird der Knopf gedrückt
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Aber nicht nur im Sommer lebt es sich hier gut. Die tolle Außenbeleuchtung in der Vorweihnachtszeit ist inzwischen dermaßen berühmt, dass viele Nevigeserinnen und Nevigeser abends noch mal eben zur Weingartenstraße spazieren. „Das machen wir immer einheitlich. Nichts Funkelndes, nichts Buntes“, beschreibt Antje Grotegut die Deko. Und: Am 1. Advent, da wird sich nichts vorgenommen, da werden keine Freunde oder Verwandte besucht. Aber dafür dürfen die gern herkommen. „Punkt 17 Uhr wird der Knopf gedrückt“, sagt Antje Grotegut schon jetzt voller Vorfreude. Der Knopf für die vielen Lichterketten, leuchtenden Hirsche – alles in dezentem Weiß. Um 17 Uhr ist auch das „Winter-Buffet“ vorne am Mäuerchen eröffnet, mit Plätzchen, Kaffee, Glühwein für die ganze kleine Straße – seit rund 15 Jahren machen sie das. „Jeder bringt was mit. Letztes Jahr hab ich Hühnersuppe gemacht, kam gut an“, erinnert sich Antje Grotegut und lacht, wenn sie an die großen erstaunten Augen einiger Spaziergänger denkt: „Denen haben wir auch ein Süppchen angeboten, wollten die gar nicht glauben.“ Was da abgeht in der Weinbergstraße – wahrlich unglaublich.
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