Neviges. In der Serie „Mein grünes Wohnzimmer“ zeigt Antje Grotegut aus Velbert-Neviges ihren Garten. Der ist aus vielen Gründen bei Freundinnen beliebt.

Durch die Küche, links herum und die Treppe hoch: „Mein Garten ist in der Bel Etage“, sagt Antje Grotegut, und lacht. Und auf ihrer „Bel Etage“, dem Plateau in steiler Hanglage, hegt und pflegt die rüstige 79-Jährige nicht nur Löwenmäulchen, Cosmea, Schafgarbe, Lupinen und vieles mehr. Der Garten hinter ihrem schmucken Fachwerkhaus an der Weinbergstraße, den wir in dieser Folge der Serie „Mein grünes Wohnzimmer“ vorstellen, ist aus mehrere Gründen bei ihren Freundinnen beliebt. Denn wenn „Antje“ etwa beim Frühstückstreff im Glocken-Treff zur Begrüßung kleine Tiegel aus der Tasche zaubert, strahlen alle: Adé rissige Lippen, raue Ellenbogen und überhaupt trockene Haut. Die selbst hergestellte Ringelblumensalbe aus ihrem Garten ist der Hit im Freundeskreis.

Sehr beliebte Geschenke

Es grünt und blüht bei Antje Grotegut: Mit ihren 79 Jahren hält sie ihr „grünes Wohnzimmer“ noch selbst in Schuss.
Es grünt und blüht bei Antje Grotegut: Mit ihren 79 Jahren hält sie ihr „grünes Wohnzimmer“ noch selbst in Schuss. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

„Ich hatte mir das mal abgeguckt von einer Bekannten mit Schrebergarten. Die sagte damals: ,Hier probier mal, ist gut für die Haut’“, erzählt Antje Grotegut. Das Ergebnis hatte sie damals begeistert. Und da sie selbst prächtig blühende Calendula in ihrem Garten hat, fackelte sie nicht lange. „Man sammelt Blütenblätter und das Staubgefäß, kauft Melkfett. Dann die Pflanzen mit dem Melkfett erst heiß machen und dann 24 Stunden stehen lassen. Danach noch mal kurz aufkochen und später durchsieben, etwa durch einen Nylonstrumpf“, erzählt Antje Grotegut, die die hautpflegende Salbe ausschließlich für den Eigengebrauch oder eben zum Verschenken zusammen braut.

Stets Ansprache vom Bahnsteig

Und auch sonst gibt’s hier viel zu sehen und zu hören. „Die quasselt mal wieder den ganzen Tag“, sagt Antje Grotegut, während sie die Kaffeetassen aus dem Gartenhäuschen holt, rollt ein bisschen mit den Augen und lacht. „Die“, das ist die freundlich-bestimmende, monotone Frauenstimme, die Antje Grotegut mittlerweile einfach ignoriert: Unmittelbar hinter dem wunderschönen, 1764 erbauten und unter Denkmalschutz stehenden Haus läuft die S-Bahnlinie S 9. Und ganz klar, die automatische Ansage ist unüberhörbar. „Das war alles noch viel doller, als wir die Holzwand noch nicht hatten“, erinnert sich Antje Grotegut, die 1976 mit ihrer Familie – der Ehemann ist inzwischen verstorben – in das Haus zog. „Da fragten die Leute auch mal: ,Was gibt’s denn Leckeres heute? Kuchen?’“

Eine nächtliche Erscheinung

Die Nachtkerze, deren Blüten sich im Dunklen öffnen, hatte sich hier selbst eingesät.
Die Nachtkerze, deren Blüten sich im Dunklen öffnen, hatte sich hier selbst eingesät. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Selbstgemachten Kuchen – etwa mit Rhabarber aus dem eigenen Garten – serviert Antje Grotegut oft auf ihrer blumenumsäumten „Bel Etage“, und an lauen Sommerabenden lässt es sich mit Nachbarinnen hier herrlich töttern – gern bei Aperol Spritz oder selbst gemachter Erdbeerbowle. Natürlich alles in Maßen, und deshalb konnten sich die muntere Seniorin und ihre Freundin auch keinen Reim darauf machen, warum ein Pflanzenbusch plötzlich nach einem Gläschen Aperol völlig anders aussah. „Wir saßen hier, es war dunkel, auf einmal blühte der, vorher sah er ganz mickrig aus. Ich dachte noch: Spinnst du?“, erinnert sich Antje Grotegut und muss lachen. Was war passiert? „Bekloppte Pflanze, diese Nachtkerze, wenn man dabei stehen bleibt, kann man sehen, wie die Blüten im Dunklen aufgehen, plopp, plopp.“ Was Antje Grotegut nicht wusste, denn sie hatte die Nachtkerze nicht etwa gekauft. „Die hatte sich selbst eingenistet, war auf einmal da. Und jetzt wollen die alle haben.“

Nein, das Haus ohne ihren geliebten Garten, das kann sich Antje Grotegut nicht vorstellen. Mit ihren 79 Jahren hält sie noch alles selbst in Schuss, „bis auf Hecke und Sträucher schneiden, das macht mein Nenn-Enkel“. Und die quasselnde Frau auf dem Bahnsteig – die kann ihr einfach gestohlen bleiben.