Velbert/Ratingen. Eltern von totgeborenen Kindern haben sich zu einer Selbsthilfegruppe zusammengeschlossen. Hier können sie offen über ein Tabuthema sprechen.

Es ist Millionen Frauen in Deutschland passiert. Doch ihre Umwelt ahnt nur selten etwas von dem traumatischen Erlebnis, dass ihnen zugestoßen ist, denn sie reden in der Regel nicht darüber. Dabei endet geschätzt jede dritte Schwangerschaft in Deutschland mit einer Fehl- oder Totgeburt. Das Schweigen durchbrechen will nun eine Selbsthilfegruppe „Sternenmütter und -väter“, die sich jetzt erstmals in Ratingen getroffen hat.

Geleitet wird die Gruppe von Claudia Wirth, die selbst mehrfach betroffene Mutter ist. Sie selbst hatte damals in den 1990er Jahren das Glück, Teil einer solchen Selbsthilfegruppe zu sein und weiß, wie wichtig der Austausch und das Verständnis unter Mitbetroffenen ist. Dabei ist es egal, in welchem Stadium der Schwangerschaft das Kind verloren wurde.

Die Sternenkinder haben oft schon Namen

„Wenn eine Frau erfährt, dass sie schwanger ist, dann ist sie gefühlt bereits Mutter“, sagt Claudia Wirth im WAZ-Gespräch. Oft haben die Jungen und Mädchen bereits Namen, wenn sie zu Sternenkindern werden. Da hilft es den betroffenen Eltern wenig, wenn ihnen von Angehörigen und Freunden gesagt wird: „Ihr seid ja noch jung und könnt es nochmal versuchen“. Die Umwelt reagiert meist unbeholfen, hilflos und findet selten eine hilfreiche Haltung oder Ausdrucksweise.

In der Selbsthilfegruppe treffen die Frauen und auch Männer auf Menschen, die ähnliches erlebt haben. „Hier gibt es dann einen festen Termin und einen geschützten Raum um über ein Thema zu reden, das sonst allzu oft verschwiegen wird“, erklärt die Gruppenleiterin. Sie erfahren eine Wertschätzung für das Thema, aber auch für die Existenz ihrer Kinder und ihres Elternseins. Sie können über ihre Gefühle offen reden“.

Auch Väter und Großeltern leiden mit

Nach Erfahrung von Claudia Wirth ist der Verlust auch für die Sternenväter oft sehr schlimm. Selbst die Großeltern des verstorbenen Ungeborenen leiden mit. „Sie haben oftmals Schuldgefühle, dass sie als alte Menschen leben und dass Kinder sterben mussten. Zusätzlich leiden sie mit ihren Kindern um den schmerzlichen Verlust“, berichtet Claudia Wirth über die Gespräche mit den Betroffenen. Mit dabei in der Selbsthilfegruppe ist nun eine Trauerbegleiterin, die mit den Teilnehmern über ihre traumatische Erfahrung redet, die oftmals schon Jahre zurückliegt.

Auch Frauen, die eine Schwangerschaft aus verschiedenen Gründen abgebrochen haben, leiden später seelisch unter dieser Entscheidung und unter dem Verlust , auch sie sind in der Elterngruppe willkommen.

Kerzen erinnern an die verstorbenen Sternenkinder.
Kerzen erinnern an die verstorbenen Sternenkinder. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Treffen finden einmal im Monat statt

Bislang gab es ein Treffen der Gruppe und Claudia Wirth versucht auf den verschiedensten Kanälen betroffene Frauen und Männer anzusprechen. „Ich verteile in den Frauenarztpraxen der Region meine Flyer“, erklärt sie. Aber selbst dort wird zum Teil die Relevanz des Themas nicht erkannt, berichtet sie. Bei Hebammen habe sie bisher auch wenig Resonanz auf ihre Anfrage erhalten. Im Hospizverein und in Kirchen werden daher die Flyer ausgelegt und auch bei Krankenkassen.

Die Treffen finden einmal monatlich statt. Das nächste ist für Dienstag, 14. März von 18.30 bis 20 Uhr in Ratingen geplant. Anmeldungen oder Fragen gerne unter: Claudia Wirth, , oder Selbsthilfe-Kontaktstelle Kreis Mettmann, Tel.: 02104-965622. Dort wird dann auch der Ort des Treffens mitgeteilt.

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