Velbert. Ab 2026 gibt es für Grundschüler einen Rechtsanspruch auf einen Platz in der Ganztagsbetreuung. Wie Stadt und Träger sich darauf vorbereiten.

Ab August 2026 gilt für alle Kinder der ersten Klassen an deutschen Grundschulen ein Rechtsanspruch auf einen Platz in Ganztagsbetreuung. Derzeit steht in NRW mit 392.500 Plätzen ein Ganztagsangebot für etwas mehr als die Hälfte aller Kinder im Grundschulalter zur Verfügung.

Wie bereiten sich Velberter Grundschulen auf die zu erwartende Nachfrage vor? Noch sei für die Kommunen nicht genau ersichtlich, welche Bedingungen im offenen Ganztag bis zum Sommer 2026 erfüllt sein müssen, sagt Beate Wosimski, Leiterin der Abteilung Schulverwaltung der Stadt Velbert. „Wir warten auf einen Erlass.“

An einigen Schulen in Velbert gibt es Wartelisten – an anderen nicht

Die Schulverwaltung rechnet jedoch damit, dass ein Ganztagsplatz für 85 Prozent der Kinder ausreichen werde, denn das Angebot sei ja freiwillig. Die räumlichen Voraussetzungen und das Angebot an Ganztagsplätzen seien an den Velberter Grundschulen unterschiedlich. „Es gibt an einigen Schulen Wartelisten und an anderen nicht“, so die Leiterin der Schulverwaltung.

Beate Wosimski, Leiterin der Abteilung Schulverwaltung im Rathaus Velbert, berichtet von höchst unterschiedlichen Ist-Zuständen an den verschiedenen Velberter Grundschulen.
Beate Wosimski, Leiterin der Abteilung Schulverwaltung im Rathaus Velbert, berichtet von höchst unterschiedlichen Ist-Zuständen an den verschiedenen Velberter Grundschulen. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

An der Grundschule Kastanienallee werde der Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz umgesetzt werden können, ebenso an der im Bau befindlichen Grundschule Grünstraße, so Wosimski. Alle anderen Grundschulen habe ein Team der Schulverwaltung abgegangen und die vorhandenen Räumlichkeiten angeschaut. Zudem solle ein externes Gutachterbüro eingeschaltet werden.

Es fehlt nicht nur an Räumen, sondern auch an sozialpädagogischen Fachkräften

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Angesichts des Mangels an sozialpädagogischen Fachkräften gilt auch die Frage als kritisch, wo das Personal für einen erweiterten offenen Ganztag herkommen soll. Da sieht Wosimski die freien Träger in der Pflicht. An den städtischen Velberter Schulen tragen die Awo Kreis Mettmann und der SKFM Velbert/Heiligenhaus derzeit das Ganztagsangebot. Die Wohlfahrtsverbände hatten 2019 den Zuschlag für die Trägerschaft erhalten – für einen Zeitraum von sechs Jahren. Voraussichtlich 2025 wird daher neu entschieden, wer den offenen Ganztag in Velbert anbieten wird.

SKFM-Chef sieht Rechtsanspruch als „große Herausforderung“

„Ich glaube, dass es eine sehr große Herausforderung wird, den Rechtsanspruch zu erfüllen“, sagt SKFM-Geschäftsführer Willi Knust. Unter Hinweis auf die bevorstehende Neuvergabe der Ganztagsträgerschaft würden die derzeitigen Träger in die Planungen für die Zeit ab 2026 nicht einbezogen. „Das bedauere ich sehr.“ Wie Knust weiter sagt, seien die Wohlfahrtsverbände dem Gemeinwohl verpflichtet und deshalb bereit, an der Planung mitzuwirken – auch unter dem Risiko, dass später ein anderer den offenen Ganztag umsetze. Dass die Stadt derzeit nicht auf das Know-how der Ganztagsträger zurückgreife, erlebt Knust „als wenig Wertschätzung der Arbeit, die wir am Gemeinwohl leisten.“

SKFM-Geschäftsführer Willi Knust bedauert, dass die Träger in die über 2026 hinausgehenden Planungen nicht einbezogen werden.
SKFM-Geschäftsführer Willi Knust bedauert, dass die Träger in die über 2026 hinausgehenden Planungen nicht einbezogen werden. © FUNKE Foto Services | Judith Michaelis

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Kirsten Sme begleitet die Ganztagsangebote des SKFM und berichtet von einer guten Zusammenarbeit mit Lehrkräften und Schulleitungen. „Wir sehen uns als OGS schon als Teil der Schule“, so Sme. Dem SKFM sei es wichtig, die Qualität des Ganztagsangebotes kontinuierlich auszubauen. „Das ganze Sozialleben der Kinder findet am Nachmittag bei uns statt“, sagt Sme. Deshalb müsse sich der offene Ganztag zum Sozialraum hin öffnen. Dazu gebe es bereits Kooperationen mit Sportvereinen und Jugendzentren. Was die personelle Ausgestaltung des offenen Ganztags betrifft, will der SKFM jede freiwerdende Gruppenleitungsstelle mit einer Erzieherin oder einem Erzieher besetzen, sagt Knust.

Awo Kreis Mettmann verfolgt einen anderen Ansatz

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Angesichts fehlender sozialpädagogischer Fachkräfte verfolgt die Awo einen anderen Ansatz: „Bei uns sind Quereinsteigerinnen und -einsteiger willkommen: Zunächst als Ergänzungskräfte, nach einer berufsbegleitenden Qualifizierung zur OGS-Fachkraft aber auch als Gruppenleitungen“, sagt Beate Baroke, die Awo-Fachberaterin für schulische Betreuung. Die Awo engagiert sich in der Ausbildung angehender Erzieherinnen und Erzieher und bietet etwa fachliche Seminare und Austauschtreffen an. Die Fachberaterin weiter: „Der offene Ganztag bietet auch Kinderpflegerinnen und Kinderpflegern berufliche Perspektiven.“

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Fachkräfte für den offenen Ganztag zu finden, gestaltet sich auch deshalb schwierig, weil die Träger überwiegend nur Halbtagsbeschäftigungen am Nachmittag anbieten können. „Dies ist eine Nische, die derzeit noch von vielen engagierten Mitarbeitenden gefüllt wird. Wir merken aber, dass immer weniger pädagogisches Personal für Teilzeitstellen auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht“, sagt Baroke. Die Ausgestaltung des offenen Ganztags wird derzeit von den Kommunen – je nach finanziellen Möglichkeiten – deutlich unterschiedlich gestaltet. Hier sieht Baroke Nordrhein-Westfalen in der Plicht: „Das Land ist gefordert, einen stärkeren finanziellen Beitrag für die Qualität des offenen Ganztags zu leisten.“

>>> Räume für den offenen Ganztag

In Bezug auf die Raumnutzung hat der Ausschuss für Schule und Bildung der Stadt Velbert eine Entscheidung getroffen.

Er empfiehlt, einen „Maßnahmenplan zur multifunktionalen Raumnutzung“ zu erstellen.

Das war dann auch am Dienstag Thema im Stadtrat.