Velbert. Im Fall der massiven Mieterhöhungen in Velbert-Birth könnte es einen Musterprozess geben. Anwalt hält Berechnung des Vermieters für fehlerhaft.

Langweilig wird es Jürgen Hübinger dieser Tage nicht: Auf dem Schreibtisch des Rechtsanwalts, der seit 2001 auch Vorsitzender des Mietervereins Velbert und Umgebung ist, stapeln sich derzeit die Fälle: Mal sind es allgemeine Mieterhöhungen, in anderen Fällen Vermieter-Forderungen nach einer höheren Heizkosten-Vorauszahlung – und auch einige möglicherweise fehlerhafte Betriebskostenabrechnungen bearbeitet Hübinger.

Ein großer Teil des Papierstapels beschäftigt sich mit den Wohnungen der „Peach Property Group“ in Velbert-Birth. Wie berichtet, möchte der Vermieter mit Hauptsitz in der Schweiz für die Sozialwohnungen an der Einsteinstraße neben einer deutlichen Erhöhung der Heizkosten-Vorauszahlungen auch eine massive Erhöhung der Grundmiete durchsetzen – in einem Maß, wie es auf dem freien Wohnungsmarkt nicht erlaubt wäre.

Hierfür hat die „Peach Property Group“ eine für Mieterhöhungen im geförderten Wohnraum gesetzlich vorgeschriebene Wirtschaftlichkeitsberechnung vorgelegt, die laut Auskunft des Vermieters durch ein Fachunternehmen erstellt worden sei, das auch die Richtigkeit offiziell bestätigt habe.

Vermieter „Peach Property Group“ muss Kosten, die ihm entstehen, nachweisen

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Rechtsanwalt Jürgen Hübinger indes glaubt, dass bei der Berechnung Fehler gemacht wurden. Man stoße auf Zahlen, die „sofort ins Auge springen“ – und auf Werte in Höhen, wie er sie noch nie gesehen habe. „Das ist auch für Juristen ein schwieriges Thema“, sagt der Rechtsanwalt. Neben juristischen Aspekten gehe es auch um betriebswirtschaftliche Berechnungen, deren Korrektheit überprüft werden müsse. Denn: Der Vermieter muss in der Berechnung die ihm entstehenden Kosten aufzeigen, zu denen neben Kosten der Objektbewirtschaftung beispielsweise auch Finanzierungs- und Zinskosten zählen.

Blick auf Velbert-Birth: Dort – an der Einsteinstraße – befinden sich die von der Mieterhöhung betroffenen Wohnungen.
Blick auf Velbert-Birth: Dort – an der Einsteinstraße – befinden sich die von der Mieterhöhung betroffenen Wohnungen. © FUNKE Foto Service | Hans Blossey

Musterprozess könnte Rechtssicherheit für Mieter in Velbert-Birth bringen

Diese Prüfung möchte Hübinger nun schnellstmöglich durchführen und ist diesbezüglich auch bereits im Austausch mit der Stadt Velbert. „Ich kann mir auch vorstellen, dass hier ein Musterprozess geführt wird“, so der Rechtsanwalt – um Klarheit für alle Seiten zu haben. Das liege auch im allgemeinen Interesse, sagt Hübinger. Denn in vielen Fällen wird die Miete vom Jobcenter – und damit eben von der Allgemeinheit – übernommen. Hinzu komme, dass der neue Mietpreis in einigen Fällen möglicherweise den für Velbert gültigen „Angemessenheitsrichtwert“ (Brutto-Kaltmiete für eine Person 404,50 Euro, für zwei Personen 490,10 Euro, für drei Personen 597,60 Euro) überschreite. „Es stellt sich die Frage, wie das Jobcenter dann reagiert“, so Hübinger. Grundsätzlich könnten Mieter in solch einem Fall sogar aufgefordert werden, in eine günstigere Wohnung zu ziehen.

Die Wohnhäuser an der Einsteinstraße in Velbert-Birth gehören der „Peach Property Group“. Diese möchte die Miete für die sozial geförderten Wohnungen deutlich erhöhen.
Die Wohnhäuser an der Einsteinstraße in Velbert-Birth gehören der „Peach Property Group“. Diese möchte die Miete für die sozial geförderten Wohnungen deutlich erhöhen. © Funke Foto Services | Alexandra Roth

Viele Vermieter in Velbert versuchen, gestiegene Kosten weiterzugeben

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Aber auch Fälle anderer Vermieter landen auf Hübingers Schreibtisch. „Es ist festzustellen, dass derzeit viele Vermieter versuchen, gestiegene Kosten an die Mieter weiterzugeben“, sagt der Anwalt, der dafür Verständnis hat – „so lange es korrekt abläuft“. Die praktische Erfahrung zeige jedoch, dass es gerade bei den Betriebskosten viele fehlerhafte Berechnungen gebe. „Insofern kann ich nur jedem Mieter und jeder Mieterin raten, diese genau zu prüfen – oder von Fachleuten prüfen zu lassen.“

Ärger gibt es laut Anwalt Hübinger vor allem mit großen überregionalen Vermietern

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Und auch das zeigt Hübingers Erfahrung: Mit privaten Vermietern sowie den örtlichen Gesellschaften und Genossenschaften gibt es deutlich weniger Probleme als mit den überregionalen Wohnungsunternehmen. „Und wenn es in Einzelfällen doch mal Probleme gibt, lassen die sich häufig im konstruktiven Dialog lösen – oder man trifft sich als Kompromiss in der ,goldenen Mitte’“, so der Rechtsanwalt, während es bei den „Großen“ häufig wechselnde Ansprechpartner und oft wenig Kompromissbereitschaft gebe, so dass vieles am Ende vor Gericht lande. „In der Immobilienbranche gibt es halt nach wie vor große Gewinnmargen“, sagt Hübinger.

>>> Mieterverein Velbert und Umgebung

Der Mieterverein Velbert und Umgebung ist Mitglied im Deutschen Mieterbund und hilft seinen Mitgliedern in allen miet- und wohnungsrechtlichen Angelegenheiten. Unter anderem gibt es Rechtsberatung durch Anwälte.

Der Jahresbeitrag liegt bei 108 Euro – Mietrechtsschutz-Versicherung inklusive. Hinzu kommt eine Aufnahmegebühr von 20 Euro.

Vor Gericht darf der Verein seine Mitglieder nicht vertreten – das ist Anwälten vorbehalten.