Neviges. Das Berufskolleg Bleibergquelle hat ein neues Führungs-Duo. Der Schulleiter hat in der Vergangenheit auch an ungewöhnlichen Orten unterrichtet.

Eines ist Martin Drüeke besonders wichtig: „Jeder Mensch hat eine zweite Chance verdient. Im Leben kann immer mal etwas schief laufen.“ Das hat der 59-Jährige im Knast kennengelernt – natürlich nicht als Inhaftierter, sondern als Deutschlehrer in der Jugend-Justizvollzugsanstalt Simonshöfchen in Wuppertal-Vohwinkel. Eine der wichtigsten Stationen des neuen Schulleiters am Berufskolleg Bleibergquelle in Velbert, der erst fünf Jahre hier Stellvertreter war und jetzt den langjährigen Leiter Dr. Ludwig Wenzel nach dessen Pensionierung beerbt. Der „Neue“ mit den Unterrichtsfächern Deutsch und Spanisch ist also nicht wirklich neu, die Nummer zwei im Leitungs-Team dagegen schon: Stellvertreter Johannes Dörnen (36) ist zurzeit noch dabei, diese „ganz andere Struktur hier“ kennenzulernen, richtig anzukommen. „Ich war zuletzt am Hans-Böckler Berufskolleg in Marl, 3000 Schüler, 200 Kollegen.“ Zum Vergleich: An seiner neuen Wirkungsstätte unterrichten 45 Lehrkräfte insgesamt 600 Schülerinnen bzw. Schüler – und das im Grünen, in beschaulicher Atmosphäre.

Persönliche Atmosphäre in der Bleibergquelle in Velbert-Neviges

Das Berufskolleg liegt idyllisch im Grünen, inmitten des Bildungszentrums Bleibergquelle.
Das Berufskolleg liegt idyllisch im Grünen, inmitten des Bildungszentrums Bleibergquelle. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Zurück zum „alten Neuen“, der in seinen letzten fünf Jahren als zweiter Mann im Berufskolleg Bleibergquelle vor allem diese besondere Stimmung im Kolleg, dieses persönliche Miteinander zu schätzen gelernt hat. „Uns ist die Persönlichkeitsentwicklung wichtig, jeden einzelnen mit seinen Stärken und Schwächen zu sehen.“ Und da seien unter anderem die Erfahrungen in der Jugend-JVA nicht in Gold aufzuwiegen. „Das war eine wichtige Zeit, was Menschenkenntnis und Konfliktbewältigung betrifft“, so der Vater zweier erwachsener Kinder, der in den fünf Jahren immer wieder die Erfahrung gemacht hat: „Menschen können sich ändern. Jeder hat eine zweite Chance verdient.“

Auslandsaufenthalte werden gefördert

Neben diesen fünf Jahren als Deutschlehrer für Jugendliche, die auf die schiefe Bahn geraten waren, schätzt Martin Drüeke auch seine Zeit an der Uni in Bilbao. An der spanischen Hochschule unterrichtete er „Deutsch als Fremdsprache“. Der überzeugte Europäer, der sechs Sprachen spricht, auch in Frankreich gelebt hat und nach seiner Rückkehr unter anderem Spanischunterricht an der Volkshochschule gegeben hat, ist überzeugt: „Nichts prägt einen jungen Menschen so sehr wie ein Auslandsaufenthalt. Die kommen alle gereift zurück.“ Angesichts Putins Überfalls auf die Ukraine, so fügt er nachdenklich hinzu, „kann Europa gerade jetzt in dieser Zeit, nicht eng genug zusammen rücken.“ Daher wolle man an der Bleibergquelle auch den Austausch mit den Universitäten in Meppel (Niederlanden) und Bilbao fördern. Und, nicht zu vergessen, so der leidenschaftliche Klarinettenspieler: „Die Erlebnispädagogik ist uns hier wichtig, darauf sind wir stolz. Dass die jungen Menschen sich auf Neues einlassen, die Komfortzone verlassen, zum Beispiel im Hochseilgarten.“

Den Sprung ins kalte Wasser gewagt

Raus aus den Klassenzimmern, Unbekanntes wagen – da stößt er bei seinem Stellvertreter Johannes Dörnen auf offene Ohren. Der gebürtige Schwelmer unterrichtet Mathematik und Sport, hat ein Jahr in Thailand gelebt, und „bringt hier jede Menge frischen Wind herein“, wie sein Chef lächelnd anmerkt. Ja, der Blick von außen habe durchaus Vorteile, stimmt Johannes Dörnen zu, der sich auf diese Stelle beworben hat, „um mal was ganz anderes zu machen, andere Strukturen kennenzulernen“, wie er erzählt: „Ich wollte extra ins kalte Wasser springen.“ Untergegangen ist er nicht, das Schwimmen macht ihm vielmehr großen Spaß. „An so einer kleinen Schule fallen viele Arbeiten an, wir sitzen hier ja alle sehr kompakt, die Türen sind offen, das gefällt mir. Hier sind alle ansprechbar.“ Vor allem auch, wenn mal einer Schülerin oder einem Schüler irgendwo der Schuh drücke. „Dann ist es gut, da zu sein. Und ja, mir ist auch wichtig, hier als Christ Lehrer zu sein. Den Menschen so zu nehmen, wie er ist, auch das ist Nächstenliebe.“

Täglich mit dem Rad zum Unterricht

Was Johannes Dörnen, mal ganz abgesehen vom pädagogischen Konzept, an seiner neuen Stelle schätzt: Hier kann er sich auch sportlich nach allen Regeln der Kunst austoben, höchstens Schnee und Eis zwinge ihn aus Vernunftsgründen, auf das Auto umzusteigen: „Ansonsten komme ich jeden Tag aus Langenberg mit dem Rad, auch im Regen.“ Überhaupt fühle sich die ganze Familie in Langenberg „total wohl“, und dass er die beiden Söhne, vier und sechs Jahre alt, übertrieben gesagt kaum noch sehe, könne er ganz gut verschmerzen – das liege nämlich am idyllischen Langenberg. „Erst sind sie in Grundschule und Kita, und dann bei ihren neuen Freunden in der Nachbarschaft, das ging alles ganz schnell und liegt ja auch so hier so schön eng zusammen.“ Und auch Papa fühlt sich hier rundum pudelwohl.

>>> Schwerpunkt Sozial- und Gesundheitswesen

Das Berufskolleg Bleibergquelle, Bleibergstraße, Schule der Sekundarstufe II und Fachschule für Sozialpädagogik, ist eine Schule mit dem Schwerpunkt Sozial- und Gesundheitswesen.

Als staatlich anerkannte private Ersatzschule bildet das Berufskolleg aus in den Fachgebieten Erziehung, und Kinderpflege. Auch eine Ausbildung zum Sozialhelfer und Sozialhelferin ist möglich.

Außerdem werden verschiedene Abschlüsse vom Hauptschulabschluss bis zum Abitur angeboten. In Kooperation mit der Stenden University Leeuwarden, Niederlande, kann der Bachelor of Arts und Social Work erworben werden. Zur Förderung gehört nach Angaben des Kollegs auch bei Bedarf die Begleitung und Unterstützung in schulischen und persönlichen Krisen.