Velbert-Neviges. Im Velberter Berufskolleg Bleibergquelle steht ein neues Fach auf dem Stundenplan: Glück. Doch glücklich zu werden ist manchmal anstrengend.

Kein Schwatzen, kein Tuscheln, sondern konzentriertes Nachdenken. Dann und wann wird etwas notiert, dann fliegen die Finger hoch. Feuer frei für die erste Übung in einem Fach, das Schulleiter Ludwig Wenzel und seinen Schülerinnen und Schülern gleichermaßen Freude bereitet: Im Berufskolleg Bleibergquelle steht seit diesem Schuljahr „Glück“ auf dem Stundenplan. Denn „Glück kann man lernen“, so ist der Schulleiter überzeugt. Oder, um es ein bisschen komplizierter auszudrücken: Glück sei ein aktiver Prozess, sein Wohlbefinden zu verbessern und eine starke Persönlichkeit zu werden, heißt es offiziell im Lehrplan.

Schwächen als Stärken sehen

Das Berufskolleg liegt im oberen Teil des weitläufigen Geländes Bleibergquelle. In den Pausen ist für jede Klasse eine bestimmte Ecke reserviert, damit sich die Gruppen während der Corona-Krise nicht mischen.
Das Berufskolleg liegt im oberen Teil des weitläufigen Geländes Bleibergquelle. In den Pausen ist für jede Klasse eine bestimmte Ecke reserviert, damit sich die Gruppen während der Corona-Krise nicht mischen. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Und dazu gehört demnach auch, Schwächen als Stärken zu sehen, daher lautet eine der ersten Lektionen der Glücksstunde: „Lebe deine Stärke. Wecke den Riesen in dir.“ Schulleiter Ludwig Wenzel fragt: „Wie kann man Negatives in Positives verwandeln? Bitte Beispiele nennen.“ Eine Schülerin schlägt vor: „Statt lahm kann man auch sagen: Der ist bedächtig und besonders gewissenhaft.“ Und jemand, der sich selbst als sprunghaft sieht, sei vielmehr flexibel, so lautet ein weiterer Vorschlag.

Insgesamt sechs Module

Das Thema Stärkung gehört zu den sechs Modulen, die die Klasse 11 in den nächsten Wochen und Monaten erarbeitet. Denn bei aller Freude, dieser Unterricht ist auch anstrengend. Und wer meint, man käme hier leicht und flockig ohne Hausaufgaben davon, der irrt. Nach dem Thema Stärkung wird sich die Klasse 11 noch mit den Punkten Vision, Entscheidung, Planung, Umsetzung und Reflexion auseinander setzen. Glück ist ein ganz schön hartes Stück Arbeit.

Alle geben viel von sich preis

Wöchentliche Bewerbergespräche

Das Berufskolleg Bleibergquelle, Schule der Sekundarstufe 2 und Fachschule für Sozialpädagogik, bietet ab dem 4. November jeden Mittwoch um 14 Uhr Bewerbergespräche für diverse Bildungsgänge an. Selbstverständlich gelten alle Berufsbezeichnungen für weibliche und männliche Bewerber.

Bewerben kann man sich für die Ausbildungsgänge Sozialassistent, Kinderpfleger, Fachoberschule Klasse 11 und 12. Berufliches Gymnasium: Allgemeine Hochschulreife und Staatlich anerkannter Erzieher, Ausbildungsvorbereitung ohne Berufsausbildungsverhältnis (Hauptschulabschluss nach Klasse 9). Information auf www.bkbleibergquelle.de oder 02051/417410.

Was mache ich gern, wobei empfinde ich Glück und welche der 24 sogenannten Signaturstärken – dazu gehören zum Beispiel unter anderem Begeisterung, Empathie, Urteilsvermögen – kommen bei meinen Lieblingsbeschäftigungen zum Vorschein? Bei dieser Aufgabe kommen Antworten wie „Freunde und Familie treffen“, „Durch den Wald gehen“, auch „Spielen und Zocken“, sowie „auf der Couch liegen“ werden genannt. Und keiner kichert, keiner macht flapsige Bemerkungen, alle hören einander zu. Hier geben alle viel Persönliches preis, sowohl die Schüler als auch die Lehrenden. Was Schulleiter Wenzel und Schulpastorin Schwester Brigitte nicht als selbstverständlich empfinden, es spreche für ein vertrauensvolles Miteinander, so sagt Ludwig Wenzel später. https://www.waz.de/staedte/velbert/jetzt-den-newsletter-mit-velberter-nachrichten-abonnieren-id227896281.html

Der Schulleiter probiert gern Neues aus

Jetzt im Unterricht löst auch er die Aufgabe, die er seiner Klasse stellt: „Ich probiere gern Neues aus, freue mich, dass ich mich auch in meinem fortgeschrittenem Alter noch in technische Sachen hinein fuchse.“ Dadurch zeigten sich dann wohl Stärken wie Neugierde und Begeisterung, so hörten die Schüler. Dass man hier „Glück“ lernen kann, sehen sie vor allem auch in Hinblick auf ihren späteren Beruf als Glücksfall.

Für Erzieher ist das Fach ein Glücksfall

„Ich finde es gut zu wissen: Was macht mir Freude, was verdirbt mir die Laune? So kann ich auch später viel besser reagieren“, meint Julian. Wer sich selbst gut kenne, behalte auch in kritischen Situationen den Überblick und verliere nicht so schnell die Nerven. Denn das sei ihm schon klar: „Kinder könnten einen ja auch richtig nerven, einen ganz schön auf die Palme bringen.“ Für seine Mitschülerin Helena ist es wichtig, gerade jetzt in der Corona-Krise auch an die guten Seiten und Dinge zu denken. Und nicht alles nur schwarz zu sehen „So, wie man denkt, so wirkt man ja auch. So sehen einen andere.“ Catharina neben ihr nickt. „Es wird einem hier auch wieder bewusst, sich an den kleinen Dingen zu freuen. Und nicht alles als selbstverständlich hinzunehmen.“

Glück ist bekanntermaßen vergänglich. Aber dass man es immer wieder neu lernen und auch lehren kann, macht auch Schulleiter Ludwig Wenzel jede Woche glücklich. Weitere Berichte aus Velbert lesen Sie hier.