Neviges. Dr. Ludwig Wenzel, Schulleiter des Berufskollegs Bleibergquelle, geht in Pension. Und freut sich nach dem Abschied auf ein neues Schulprojekt.
Ja, er sei schon stolz darauf, diese Schule maßgeblich mitaufgebaut zu haben. Immerhin werden von den 600 Schülerinnen und Schülern des Berufskollegs Bleibergquelle mittlerweile 400 in jenem Bereich ausgebildet, den er 1994 „angeschubst“ hat. „Ich wurde ja damals für die Erzieher-Ausbildung geholt, die sollte hier an den Start gehen. Bis dahin gab es hier nur die Kinderpflege-Ausbildung und die Pflegevorschule“, sagt Dr. Ludwig Wenzel. Nicht einen Tag seines Berufslebens möchte der 64-Jährige missen – doch irgendwann ist eben Schluss: Ludwig Wenzel – „Lassen Sie bloß den Doktor weg“ – hat heute wirklich seinen letzten Schultag und geht in Pension.
Stolz auf das „Velberter Modell“
Doch so ganz kann es der Schulleiter, dessen Lehrerzimmertür bis auf ganz wenige Ausnahmen immer offen stand, nicht lassen: „Ich helfe einem neuen Berufskolleg in Minden auf die Beine, auch eine christliche Privatschule. Und wieder etwas Neues, das hat mich ja hier immer fasziniert.“ Und dass die Fachwelt, wie er anmerkt, vom „Velberter Model“ spreche, das sei „einfach toll“. Die kombinierte Ausbildung zu Erzieherin bzw. Erzieher und Grundschullehrer an internationalen Schulen „das sind so Perlen“. Doch was ihn am allermeisten freue: „Mitzubekommen, wenn junge Menschen, die mit einer schlechten Prognose zu uns kamen, sich hier entwickeln. Oder auch Hemmungen abwerfen. Wenn zum Beispiel Leute, die noch nie gesungen haben, beim Musical in der Kirchhalle auf der Bühne ein Solo singen, dann bekomme ich Gänsehaut.“ Oder wenn er über den Flur gehe und fröhliche Jugendliche treffe, „dann geht mir das Herz auf, das ist mir wichtiger als jeder Preis“.
„Caesar“ hatte den richtigen Riecher
Laufen für die Quellenzwerge
Das Berufskolleg Bleibergquelle gehört zum Bildungszentrum Bleibergquelle mit Kita, Gesamtschule und künftig Grundschule. Träger der privaten Ersatzschule ist das Diakonissen-Mutterhaus. Schüler und Schülerinnen sowie Studierende des Berufskollegs haben am Ende des Schuljahres für die Kinder der Kita Quellenzwerge einen Sponsorenlauf organisiert. Das Gebäude der Quellenzwerge musste abgerissen werden, die U-3-Gruppe zog um, die Kleinen mussten sich umgewöhnen.Mit dem Erlös des drei Kilometer langen Sponsorenlaufs soll über jedem Kinderbettchen ein Stoff-Himmel angebracht werden, damit es die Kinder behaglich haben. Die Strecke wurde je nach Fitness-Stand auch mehrmals zurückgelegt. Mehr Informationen auf www.bleibergquelle.de
So durch und durch Pädagoge, wie der gebürtige Sauerländer ist: Lehrer, das sei ursprünglich nie sein Traumberuf gewesen. Schäferhund Caesar, der in den neunziger Jahren auf dem Gelände über das Wohl der Schwestern und kurz darauf der Schülerinnen wachte, hatte da von Anfang an den richtigen Riecher. „Das war mein erster Eindruck, als ich mich hier im Winter 1994 vorstellte“, erinnert sich Ludwig Wenzel schmunzelnd: „Plötzlich kam ein großer Hund um die Ecke, schnüffelte, und legte sich dann vor mich.“ Und Schwester Ilse – inzwischen verstorben – habe nur knapp gesagt: „Wenn Caesar Sie akzeptiert, dann sind Sie hier richtig.“ Natürlich hatte dann nicht nur Caesar das Sagen, sondern auch das Diakonissen-Mutterhaus.
Lehrer war kein Traumberuf
Schwester Ilse war es auch, die „den Neuen“ zuvor ausfindig gemacht hatte. „Ein Freund von mir saß hier am Teich und wartete auf seine Frau, die in der Buchhandlung war. Er kam mit Schwester Ilse ins Gespräch und die fragte ihn, ob er nicht jemanden wisse für einen neuen Ausbildungsgang am Berufskolleg.“ Anfangs sei er eher skeptisch bis ablehnend gewesen. „Aber meine Frau meinte, ich sollte mir das mal angucken, könnte ja nicht schaden. Ich hatte eigentlich ganz andere Pläne, leitete damals bei der Diakonie in Düsseldorf ein Stadtteil-Projekt, war nebenbei auch Dozent an der FH Düsseldorf mit Schwerpunkt Soziale Arbeit.“ Ein Lehrauftrag, den er bis zuletzt behielt.
Was gab dann den Ausschlag für die Bleibergquelle? „Entscheidend war zum einen der christliche Eindruck, ich hatte hier einfach ein gutes Gefühl. Dann natürlich auch die schöne Umgebung und vor allem, dass ich hier etwas ganz Neues aufbauen konnte. Das hat mich schon immer gereizt.“ Daher freue er sich auch auf das Projekt in Minden, nur kein Stillstand, immer neugierig bleiben. Wer rastet, der rostet. Auf seinen Unruhestand hat sich der Familienmensch Wenzel jedenfalls gut vorbereitet, es könne wohl sein, dass ihn Ehefrau Cornelia jetzt noch weniger zu Gesicht bekommt.
Sechs Enkel stehen Schlange
„Unsere sechs Enkel stehen schon Schlange, ich bin ja Opa aus Leidenschaft.“ Die begleitet er zum Beispiel zum Reiten, selbst aufs Pferd, so wie früher, möchte er zwar nicht mehr steigen, aber auch da hat der Pensionär schon Pläne: „Ich will Kutsche fahren, da nehm ich die Kinder mit.“ Um fit zu bleiben in der Pensionszeit, ist er in letzter Zeit häufig mit dem Fahrrad vom Wohnort Langenfeld zur Bleibergquelle gefahren. „Eine Strecke 45 Kilometer, das waren in den letzten zwei Jahren 7000 Kilometer.“ Gleich in zwei Oldtimer-Clubs ist er Mitglied, und dass er jetzt mehr Zeit für ein bisher eher vernachlässigtes Hobby hat, freut vor allem die Nachbarn. „Ich bin auch Bierbrauer, probiere da gern mal Neues. Da sitzen wir dann gemütlich zusammen, ach ja, das wird schön.“ Nein, langweilig wird es im Hause Wenzel auch ohne die Bleibergquelle wahrlich nicht.