Neviges. Klaus Thiel (79) schließt seinen Laden für Uhren und Schmuck in Velbert-Tönisheide und geht mit Ehefrau Uschi in den verdienten Ruhestand.

Wenn in diesen Tagen Kundschaft in das Uhren- und Schmuckgeschäft der Thiels in Velbert-Tönisheide kommt, dann muss Uschi Thiel vor allem eines: trösten statt beraten und verkaufen. Wie ein Lauffeuer sprach es sich „im Dorf“ herum: Uhrmachermeister Thiel hört auf. „Die Leute sind ganz traurig und sagen: ,Das können Sie doch nicht machen, Sie gehören doch einfach nach Tönisheide. Wo soll ich denn jetzt hin mit meiner Uhr?“, berichtet Uschi Thiel, die sich ein Leben ohne das Geschäft an der Wülfrather Straße auch noch nicht so recht vorstellen kann. Nicht nur in Tönisheide endet nach 37 Jahren eine Ära: Mit Klaus Thiel geht Velberts letzter Uhrmachermeister in den Ruhestand. „Der nächste Meister sitzt in Mettmann“, sagt der 79-Jährige, der keinen Tag seines langen Berufslebens missen möchte.

Ausverkauf läuft bei Uhren und Schmuck Thiel in Velbert-Tönisheide

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Wann genau die Lichter an der Wülfrather Straße 3 endgültig ausgehen, steht noch nicht ganz fest: „So lange noch Ware da ist, so lange sind wir auch hier. Mal sehen, wie lange der Ausverkauf läuft, es kann gut sein, bis ins neue Jahr.“ So lange gibt es auf sämtliche Uhren und Schmuck einen Preisrabatt von 20 bis 50 Prozent. Doch bis alle Vitrinen und Schubladen leer sind, steht Uschi Thiel wie bisher vorn im Geschäft, widmet sich Ehemann Klaus hinten in der Werkstatt mit Herzblut und Leidenschaft seinem Beruf, der immer viel mehr als nur ein Job war.

Uhrmachermeister Klaus Thiel hat ein Talent für filigrane Arbeit

Blicken zurück auf gute 37 Jahre in Velbert-Tönisheide: Klaus und Uschi Thiel bedanken sich bei ihren treuen Stammkunden.
Blicken zurück auf gute 37 Jahre in Velbert-Tönisheide: Klaus und Uschi Thiel bedanken sich bei ihren treuen Stammkunden. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Ich habe schon immer gern gebastelt und getüftelt, ich habe wohl auch ein Talent für filigrane Arbeit“, erzählt der gebürtige Velberter. So habe der Berufswunsch schnell festgestanden, von 1957 bis 1961 absolvierte er seine Lehre beim damaligen Uhrmachermeister Seesink in Heiligenhaus, ging danach vier Jahre zur Bundeswehr, und zwar als Flugzeug-Instrumentenmechaniker. „Ich hatte mit allem zu tun, was drinnen im Flugzeug ist.“ Die 60er-Jahre, das war privat als auch beruflich ein wichtiges Jahrzehnt für die Thiels. 1966 Hochzeit, Ende der 60er legte Klaus Thiel seine Meisterprüfung in Köln ab.

Die Uhrmacher-Branche hat Nachwuchs-Probleme

Uhren zu reparieren, diese unglaublich filigrane Arbeit, bei der man mit Pinzetten und Schraubenziehern winzige Rädchen untersucht, die macht ihm auch heute noch Freude. „Aber irgendwann muss mal Schluss sein, und es fällt mir schon in letzter Zeit ein bisschen schwerer.“ Darf es wohl auch mit 79 Jahren. Zehn Jahre lang war Klaus Thiel zudem im Vorstand der Uhrmacher-Innung. „Es ist leider ein aussterbender Beruf, es gibt schon länger Nachwuchs-Probleme. Die jungen Leute werden abgeworben von der Industrie.“

Die Thiels sind ein eingespieltes Team im Laden

Auf das gesamte Sortiment gibt es im Ausverkauf in Velbert-Tönisheide bei Uhrmachermeister Thiel Preisrabatte.
Auf das gesamte Sortiment gibt es im Ausverkauf in Velbert-Tönisheide bei Uhrmachermeister Thiel Preisrabatte. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Als bestens eingespieltes Team betreiben die Thiels seit nunmehr 37 Jahren ihr Fachgeschäft in Tönisheide. Der Uhrmachermeister tüftelt und repariert in aller Stille hinten in seiner Werkstatt, während vorn Ehefrau Uschi den Laden in Schwung hält. „Ich hab das immer gern gemacht, die Beratung, den Verkauf. Aber ich kann nur das verkaufen, was mir auch selbst gefällt.“ Dass Uschi Thiel die Stammkundschaft kennt, macht einigen Herren das Schenken leichter, wie sie lächelnd erzählt: „Gerade zur Weihnachtszeit heißt es da manchmal: „Was meinen Sie: Was könnte meiner Frau wohl gefallen?“ Gemeinsam suche man dann ein hübsches Schmuckstück oder auch eine passende Uhr aus.

Vorfreude auf mehr Zeit füreinander

Traurig stimmte sie dagegen ein Kunde, der – unvergessen – vor Jahrzehnten mal Heiligabend mit quietschenden Reifen vor dem Geschäft gehalten habe: „Dickes Auto, wir hatten eigentlich schon zu, er hämmerte an die Tür.“ Der Mann habe damals hektisch 800 Mark auf die Ladentheke gelegt, mit den Worten: „Was gibt’s dafür? Packen Sie mir dafür etwas ein.“ Uschi Thiel: „Ich fand das so traurig, so lieblos. Die arme Frau, was wäre denn gewesen, wenn wir nicht mehr aufgemacht hätten?“ Das war natürlich kein Stammkunde, der Herr wurde nie mehr gesehen. Die Thiels bedanken sich schon jetzt bei ihrer Kundschaft für die lange Treue und freuen sich nun auf mehr Zeit für Reisen und für die Familie: Enkelin Tessa (15) hat sich als geduldige „Nachhilfe“ bei allen Fragen rund ums Internet bewährt, auch Enkel Maximilian macht Freude. Ist er doch zumindest sportlich in Großvaters Fußstapfen getreten: „Ich hab früher leidenschaftlich gern Badminton gespielt, und da ist der Junge auch richtig gut.“

>>>Öffnungszeiten

Das Geschäft von Uhrmachermeister Thiel, Wülfrather Straße 3, hat geöffnet: Dienstag von 9.30 bis 13 Uhr und von 15 bis 18 Uhr, Mittwoch von 9.30 bis 13 Uhr; Donnerstag von 9.30 bis 13 Uhr, Freitag von 9.30 bis 13 Uhr und von 15 bis 18 Uhr, Samstag von 9.30 bis 13 Uhr. Montags ist geschlossen.

Zurzeit läuft der Ausverkauf zu Sonderkonditionen. Das Geschäft bleibt so lange bestehen, wie noch Ware vorhanden ist.