Langenberg. Acht Wochen nach der Flut sind in Langenberg noch viele Geschäfte geschlossen. Der Aufbau geht voran, es gibt aber auch Schwierigkeiten.
Die Sonne scheint an diesem Morgen über Langenberg, Deilbach und Hardenberger Bach plätschern gemütlich vor sich hin. So, als wäre nie etwas gewesen. Doch wer aufmerksam ist, hört es immer noch: Das leise Dröhnen der Bautrockner.
Auch gut acht Wochen nach dem verheerenden Hochwasser sind die Spuren in der Altstadt nicht zu übersehen: Die Tiefgarage am Froweinplatz ist weiterhin gesperrt, Geschäfte sind geschlossen, auf dem Wochenmarkt fehlen einzelne Händler.
Blumen Peschel bleibt zu
Bei Blumen Peschel etwa ist im Vorraum der gesamte Boden entfernt, der Blick fällt durch die großen Glasscheiben auf die Unterkonstruktion und direkt in das Untergeschoss. Der Backtreff auf der Ecke ist geschlossen, ebenso die Sparkassenfiliale. Das Geldinstitut ist immerhin umgezogen, hat eine Behelfs-Filiale eröffnet.
„Hier ist auch viel weniger los“, sagt Metzger Markus Zweverink, dessen „Zwickels“ hoch genug liegt, der zumindest keinen Wasserschaden zu beklagen hat. „Aber weil momentan kaum Geschäfte geöffnet haben, kommen eben auch weniger Menschen in die Stadt.“
Grillstübchen wird erweitert
Über die Kamper Straße geht es weiter Richtung Froweinplatz. Das Schuhhaus Mawick ist zu, für immer. Hier eröffnet irgendwann der Obst- und Gemüsehändler, der einfach ein Ladenlokal weiterzieht. Susanne Martin erweitert dafür ihr Grillstübchen, auch sie muss derzeit improvisieren.
„Die Böden sind endlich fertig“, sagt Stephan Richartz. Der Handwerker unterstützt Petra und Klaus Rittmeyer, die Inhaber des „Unikate bei Petra“. „Auch die schöne Holztheke haben wir retten können.“ Aber es sei noch viel zu tun, „das Wasser stand gut einen Meter hoch hier im Verkaufsraum.“
Lieferschwierigkeiten bei der Heizung
Die Bautrockner im Hinterzimmer laufen allerdings weiter, „die Wand an der Rückseite braucht noch“, sagt Stephan Richartz – der auch berichtet, dass nicht alles glatt läuft: „Bei der Heizung gibt es Lieferschwierigkeiten, die ist gerade erst angekommen.“ Immerhin noch vor dem Herbst.
Was den Handwerker und auch die Inhaber freut: Die finanzielle Unterstützung „ist gekommen, ganz schnell.“ Unter anderem die Bürgerstiftung Langenberg hat den Einzelhändlern unter die Arme gegriffen. „Es gibt auch Beratung zu staatlichen Hilfen“, sagt Stephan Richartz, „wir fühlen uns definitiv nicht allein gelassen.“
„Milchkännchen“ improvisiert
Ein Stück weiter steht Armin Jäger in einer kleinen Holzbude. Gemeinsam mit Frau Vera betreibt er das „Milchkännchen“. Doch das Café ist weiterhin geschlossen. „Die Trocknungsphase läuft noch“, sagt Jäger. Zudem müssen Sachverständige und Gutachter noch die Schäden aufnehmen.
„Das geht alles über den Vermieter“, sagt Armin Jäger, „der hat auch Handwerker an der Hand.“ Aber auch die haben einen vollen Terminkalender, „klar“, sagt Jäger, „momentan bestellt ja jeder Handwerker zu sich.“ Aber: „Vieles können wir auch selber machen.“
„Tolle Unterstützung“
Was ihn derzeit am meisten umtreibt: „Wir müssen die Heizung machen.“ Schließlich stehe der Winter vor der Tür. „Das geht aber erst, wenn der Gutachter da war“, sagt Armin Jäger. „Nicht ganz durchdacht“, findet der Inhaber des „Milchkännchens“ dieses Vorgehen.
Lob gibt es auch von dem Gastronomen für die Unterstützung. „Wir sind von der Stadt toll begleitet worden“, sagt er. „Auch die Unterstützung mit Spenden war hervorragend. Die Soforthilfe war auch sofort da.“ Nur vor dem Antrag für die Wiederaufbauhilfe bangt es ihn ein wenig. „Der soll kompliziert sein“, sagt Armin Jäger.
Märkische Straße bekommt Kopfsteinpflaster zurück
Kaum eine Straße hat die Flut im Juli so getroffen, wie die Märkische. Auf gut der Hälfte der Strecke war von dem Kopfsteinpflaster nichts mehr übrig, in den angrenzenden Häusern stand das Wasser teilweise gut zwei Meter hoch.
„Wir haben das Material, was noch da war, gesichert“, sagt Salih Sümer. Er ist Straßenbaumeister der Heiligenhauser Firma Müller & Bleckmann und leitet die Baustelle Märkische Straße. Auftraggeber sind die Technischen Betriebe Velbert (TBV).
Material wird nachbestellt
Dennoch fehlen noch Pflastersteine für gut 50 Quadratmeter. „Wo auch immer die geblieben sind“, sagt der Baustellenleiter. Das fehlende Material zu bekommen sei aber nicht so problematisch, sagt André Hackbeil, der den eigentlich für die Baustelle verantwortlichen TBV-Kollegen Markus Thelen vertritt.
„Das Material-Problem betrifft eher den Hochbau“, sagt der Ingenieur. „Holz und Stahl fehlen. Aber bei Steinen gibt es eigentlich kein Problem.“ Salih Sümer nickt zustimmend.
15 Quadratmeter pro Tag
Rund 15 Quadratmeter schaffen er und seine Mitarbeiter pro Tag. „Das ist ein ganz schön ordentliches Tempo“, lobt André Hackbeil. Das Problem: Das Pflaster verläuft in Bögen, die Märkische Straße verengt und verbreitert sich unregelmäßig.
„Wir müssen das abschnüren“, erläutert Baustellenleiter Sümer, „damit wir den Bogen auch auf der ganzen Breite pflastern können.“ Zudem sei jeder einzelne Stein anders. „Um das passend hin zu bekommen, müssen wir vier bis fünf Reihen lose vorlegen.“
Keine Vorlaufzeit
Ein weiteres Problem hat André Hackbeil identifiziert: „Wir hatten ja gar keine Zeit für eine richtige Planung“, sagt der TBV-Mann. „Normalerweise haben wir bei solchen Maßnahmen drei Monate Vorlaufzeit.“ Beim „Bauen im Bestand“ sei das schwierig.
Doch nicht nur das Pflaster wird neu gelegt, auch Ablaufkanäle haben die Bauarbeiter erneuert. „Der alte war halbvoll mit Schlamm. Wenn der trocknet, ist das gar nicht gut“, sagt André Hackbeil. rund 40.000 Euro kostet der Wiederaufbau der Straße.
Dennoch: „Wir haben hier echt Glück gehabt, was die Infrastruktur anbelangt.“ Neben der Märkischen Straße sei sonst nur noch der Wanderweg zwischen Pferdemarkt und Hauptstraße betroffen. „So schlimm wie im Ahrtal ist es bei uns glücklicherweise nicht gewesen.“
„Menschen brauchen weiter jeden Cent“
Claudia Giese hat Glück im Unglück gehabt. Ihr Hundefriseursalon liegt hoch genug, das Juli-Hochwasser hat das Gebäude nicht erreicht. Umso mehr hat sie das Schicksal ihrer Nachbarn getroffen. „Ich spende das Trinkgeld, was wir hier bekommen, sowieso immer“, sagt die Inhaberin. „Normalerweise an Tasso.“ Dabei handelt es sich um eine Tierschutzorganisation, die auch Deutschlands Haustierregister betreibt.
Spende an Aktion Lichtblicke
„Dann kam die Flut und ich habe recht schnell realisiert, welches Glück ich hatte“, sagt Claudia Giese. Im Radio hörte sie dann von der Aktion Lichtblicke, die für Hochwassergeschädigte in ganz Nordrhein-Westfalen sammelt. „Da war mir klar: Das unterstütze ich“, sagt die Ladeninhaberin. Allein im Juli spendete sie 120 Euro, „das ist nicht das normale Trinkgeld, das ich bekomme“, betont sie und freut sich darüber, „dass manche Menschen einfach nur zu mir gekommen sind, um zu spenden. Die hatten gar keinen Hund.“
Ziel: 1000 Euro bis Jahresende
Auch im August hat Claudia Giese Geld überwiesen – und sie hat ein großes Ziel: „Bis Jahresende will ich 1000 Euro zusammen bekommen.“ Sie hofft, dass auch jetzt – zwei Monate nach der Katastrophe – die Spendenbereitschaft nicht abreißt. „Die Betroffenen brauchen jeden Cent.“ Die Spendendose bei „Fellhaarmonie“ an der Mühlenstraße 3 jedenfalls bleibt weiterhin stehen.