Oberhausen. Kess oder krawallig, ahnungslos oder ideenreich? Das Bündnis Oberhausenser Bürger polarisiert die Wählerschaft in Oberhausen. Warum es dennoch mit zur drittstärksten politischen Kraft im Rat wurde. Und warum die etablierte Politik dabei Pate stand
Der politische Einsteiger BOB ist auf Anhieb drittstärkste Kraft im Rat der Stadt geworden, gemeinsam mit den Grünen und Linken. Als offizielle Geburtsstunde des Bündnis Oberhausener Bürger gilt die Gründung am 13. Januar 2014. Doch BOB ist deutlich älter. Den Weg bereiteten die Auseinandersetzung um das Haus der Jugend am John-Lennon-Platz, ein Runder Tisch in Osterfeld und ein verschütteter Kaffee.
Anfang 2012 gründet ein Teil der heutigen BOB-Mitglieder eine Bürgerinitiative, die sich für das Jugendhaus im Marienviertel einsetzt. Aus Teilen der BI entsteht der Verein „Wir sind Oberhausen“ im Dezember 2012. Mit dabei sind bereits Andrea Cora Walther, Udo Sommer, Peter Bruckhoff, Birgit Prystaw, Mark Bernet und der damals unter Piraten-Flagge segelnde Albert Karschti (BOB-Schatzmeister). Mit dem Kaufmann Tobias Langenberg, stellv. BOB-Vorsitzender, kommt ein weiterer Ex-Pirat hinzu, auch Ingo Mersmann, Chef des Spionage-Museums, schippert von den Piraten zu BOB. Die Bekenner kommen aus der ganzen Breite der Bürgerschaft.
Ohne Hürden kein BOB
„Wenn die Politik uns nicht diese Hürden in den Weg gelegt, sondern die Bürger einbezogen hätte, gäbe es BOB wohl nicht“, erinnert sich Steuerberaterin Walther zurück, die künftig mit Mellis, Karschti, Bruckhoff und Werner Nowak im Rat der Stadt sitzen wird. Der sprichwörtliche Tropfen aber kommt in Form einer verschütteten Tasse Kaffee, die im Büro des Oberbürgermeisters 2500 Bürgerunterschriften vernichtet.
„Mehr Stühle! Wir brauchen mehr Stühle!“ – parallel zu den Ereignissen in Alt-Oberhausen regen sich die Bürger auch in Osterfeld auf: Was geschieht mit den Dauerthemen im Stadtteil, Gartendom, HDO, am Marktplatz? Einer, der den Bürgerfrust über zähe Politik zu kanalisieren versteht, ist Karl-Heinz Mellis. Unterstützung bekommt der Osterfelder Architekt durch CDU-Mann Walter Passgang, dem schon lange ein Runder Tisch für Osterfeld vorschwebt.
Politiker sind ‘Geburtshelfer’
Die Idee knallt laut im Viertel: Schon zur ersten Runde gehen die Stühle aus. Während die Osterfelder Bezirksvertretung Tagungspunkte in Rekordzeit bespricht, stehen bisweilen gut 200 Bürger stundenlang im Café Pictron an der Vestischen Straße, um ihrem Ärger Luft zu machen, aber auch, um Ideen in die Öffentlichkeit zu bringen.
Und die Politik? Sie kommt zum Runden Tisch, muss sich viel anhören. Dann bleibt sie weg – man wolle sich von Mellis nicht politisieren lassen, heißt es. Denn Mellis ist nun Vorsitzender des BOB.
In den Reihen von BOB werden deshalb zwei Stadtpolitiker als insgeheime Geburtshelfer gehandelt. So soll es SPD-Bezirksbürgermeister Stefan Zimkeit zu verdanken sein, dass Mellis sich zum Runden Tisch entschloss. Denn Zimkeit soll auf dessen Anfragen zu Problemthemen abwehrend reagiert haben. „Wenn Politik ohne Bürger auskommt, dann machen jetzt Bürger Politik ohne Politiker“, soll Mellis trotzig gesagt haben.
Der Grüne Kreisverbandsvorsitzende Andreas Blanke gilt hingegen als Stimmenbeschaffer, weil er unter Pseudonym im Internet gegen Karschti kachelte. BOB-ler sind überzeugt, die verdeckten Attacken hätten für manchen Unentschlossenen den Ausschlag gegeben, das Bündnis zu wählen.