Oberhausen. Erstmals tritt das Bündnis Oberhausen Bürger (BOB) bei den Kommunalwahlen am 25. Mai in Oberhausen an. BOB rechnet mit einigem Zuspruch der Bürger. Karl-Heinz Mellis, Vorsitzender der Wählergemeinschaft, kachelt im Interview gegen Politiker: „Im Rat sitzen einige, die vom Geschäft keine Ahnung haben“

Erstmals tritt das Bündnis Oberhausen Bürger (BOB) bei den Kommunalwahlen am 25. Mai in Oberhausen an. BOB rechnet mit einigem Zuspruch der Bürger. Karl-Heinz Mellis, Vorsitzender der Wählergemeinschaft, kachelt weiter gegen Politiker: „Im Rat sitzen einige, die vom Geschäft keine Ahnung haben“

Herr Mellis, Sie teilen aus gegen „Spezialdemokraten“, Grüne und FDP. Sachbezogene Politik sieht doch anders aus.

Karl-Heinz Mellis: Wir haben uns bewusst dazu entschieden, mit wenig Budget zu polarisieren, um als kleines Wählerbündnis Aufmerksamkeit zu bekommen. Wer unsere Inhalte erfahren will, findet sie auf Flyern und im Internet. Da wird jeder feststellen, dass wir im Gegensatz zu allen anderen Parteien konkrete Vorschläge machen.

Klingt nach Besserwisser-Partei.

Mellis: Wir sind keine Besserwisser, so hat uns nur Herr Groschek diffamieren wollen. Wir wollen aber die Bürgerschaft mit einbeziehen, weil wir dort viel Potenzial sehen. Von der Politik wird das nicht wahrgenommen. Insofern sitzen die ‚Besserwisser’ in der Politik, die in Oberhausen bisher immer nur von einem Dreigestirn der SPD in Hinterzimmern gemacht wird. Parteimitglieder und Bürger müssen sie dann ertragen.

Kommunalwahlen 2014Und was können Bürger besser als Polit-Profis?

Mellis: Politiker sind nicht unbedingt Profis. Im Rat und in Gremien sitzen einige, die vom Geschäft keine Ahnung haben. Unter 200 000 Bürgern sind aber an jeder Stelle Menschen, die Wissen haben – warum das nicht nutzen?

Wie wollen Sie verhindern, dass nur derjenige beteiligt wird, der am lautesten schreit?

Mellis: Indem Bürger im Vorfeld von Maßnahmen beteiligt werden: Sie bringen ihre Ideen ein, diese werden in den Gremien diskutiert und danach Beschlüsse gefasst. Natürlich gibt es auch unter Bürgern immer Befürworter und Widerständler. Man muss Einsichtigkeit erzielen, das gehört zu einer konstruktiven Diskussion. Die meisten sind für konstruktive Vorschläge offen.

Bisher hat man aber nur die Lauten gehört: Wenn es nach Ihnen gegangen wäre, gäbe es keine Bebauung an der Seilerstraße, keinen Neubeginn am John-Lennon-Platz, kein Haus der Jugend im sozialen Brennpunkt Innenstadt ...

Mellis: Da muss ich widersprechen. Wenn es am John-Lennon-Platz Bürgerbeteiligung gegeben hätte, wäre es gar nicht zum Abriss gekommen. Auch bei Straßensanierungen

gibt es Fälle, bei denen über Gebühr modernisiert und der Bürger nur an Kosten beteiligt wird: Schmachtendorfer Straße, Landwehr. Das ist für uns nicht demokratisch, so geht man mit Bürgern nicht um.

In Ihrem Wahlprogramm gibt es Widersprüche: BOB will Bürokratie abbauen, aber einen Gestaltungsbeirat, Zukunftsbeirat und Korruptionsbeauftragte einführen.

Mellis: Das sind Beiräte, die die Bürgerbeteiligung und die Ansiedlung von Wirtschaft stärken sollen. Uns geht’s darum zukunftssichere Arbeitsplätze zu gestalten, zum Beispiel in den Bereichen Medizin, Wissenschaft und Technologie. Und nicht im x-ten Baumarkt, der seine Steuern nicht in Oberhausen zahlt. Um die Ansiedlung solcher Branchen zu koordinieren, brauchen wir einen Zukunftsbeirat aus Bürgern, IHK, Wirtschaft, Forschungseinrichtungen und Verwaltung.

Mehr Stadtentwicklung und Busverkehr, weniger Gewerbesteuer -- wer soll das bezahlen?

Mellis: Die Rekommunalisierung der Stadttöchter. Ein Konzept für die Stadtentwicklung kostet erst einmal nicht viel. Wie teuer die Umsetzung später wird, muss man natürlich sehen. Um den Busverkehr zu verdichten, rechne ich mit etwa zwei Millionen Euro – das ist in etwa der Betrag, den die Stoag mit der letzten Linien- und Taktverdichtung eingespart hat. Den Hebesatz weiter zu erhöhen, wie es der Kämmerer vor hat, ist aber der falsche Weg.

Stadtöchter für Stadt zu teuer 

Bisher gab’s markige Sprüche von BOB, die oft nur halb stimmten. Sie wollen die OGM in die Stadt zurückholen, um mit den Einsparungen etwa den Busverkehr auszubauen. Grünen-Parteichef Andreas Blanke wirft ihnen „Unwissenheit“ vor.

Mellis: Wir reden über mögliche 19 Mio Euro Einsparung bei der Umsatzsteuer. Die hat Herr Blanke sogar zugegeben. Es sind weniger, weil dagegen die Vorsteuer gerechnet werden muss. Herr Blanke hat diese Informationen aber aus einem vertraulichen Bericht über Einsparungspotenziale bei der OGM von Ernst und Young, den ich nicht kennen kann. Mir dann Unwissenheit vorzuwerfen, ist völlig daneben. Offenbar war Herr Blanke selbst „unwissend“, sonst hätte er nicht daraus zitieren müssen. Was er nicht sagt, ist das Ergebnis, dass die OGM ihre Leistungen teurer am Markt einkauft, und die Stadt mehr kostet.

Aber lohnt’s sich wirklich? Von der Einsparung müsste man höhere Tarife für die Angestellten abziehen.

Mellis: Das würde nicht für den OGM-Chef gelten, der wohl nach Tarif mit etwa 100 000 statt 180 000 Euro im Jahr auskommen müsste. Herr Schmidt hat aber 2011 schon eingeräumt, bei einer Eingliederung etwa 5,5 Mio Euro aus der Umsatzsteuer auf Personalkosten einsparen zu können. Weil die OGM aber wirtschaftlicher und ordentlicher arbeite, lohne sich dies nicht, meinte er damals. Aber die Ausgliederung ist fragwürdig: Die OGM wurde gegründet, um Geld mit externen Aufträgen zu erwirtschaften, sie bezieht aber allein Aufträge von der Stadt, die auf Kosten-Aufwand-Basis abgerechnet werden. Das bezahlt dann die Stadt, ohne dass es einen Wettbewerb gibt. Hinzu kommt, dass ein großer Teil der Bürger mit den Leistungen von OGM und WBO nicht zufrieden ist. Es gibt also viele Gründe, die Stadttöchter zu rekommunalisieren.

Wenn’s für Rot-Grün nicht reichen sollte, schlägt dann die Stunde von BOB als Mehrheitsbeschaffer?

Je nachdem, wie viele Stimmen wir bekommen, können wir Mehrheitsbeschaffer für alle möglichen Parteien sein. Ein ‚weiter geht’s’ ohne Veränderungen wird es mit uns jedenfalls nicht geben.

„Das sind doch alles abenteuerliche Hirngespinste“ 

Stadtentwicklung werde nicht angegangen, sagt BOB. Aber im Augenblick tut sich eine Menge: Markthalle, Gartendom, HDO ...

Mellis: Unter Stadtentwicklung verstehe ich etwas anderes als ein Patchwork aus 26 verschiedenen Projekten. Es muss ein ganzheitliches Konzept her, das die wirtschaftlichen und strukturellen Möglichkeiten der ganzen Stadt betrachtet. Wo soll gewohnt, eingekauft, gearbeitet werden? Was sind die Identifikationsmerkmale eines Viertels, wo kann ich eine Initialzündung erzielen? Das muss man im Detail bis zum Verkehrskonzept betrachten.

Etwa ein Jobcenter in der Markthalle, das für Leben auf dem Altmarkt und Umsatz im Discounter sorgt ...

Mellis: (lacht) Das sind doch alles abenteuerliche Hirngespinste. Durch ein Jobcenter stärke ich keine Kaufkraft in der Innenstadt. Stattdessen müsste man Fachgeschäfte ansiedeln. HDO und Gartendom hat die OGM gekauft, obwohl sie keine konkrete Nutzung vor Augen hatte. Der OGM-Chef versprach, man würde dabei eine ‚schwarze Null’ schreiben. ohne Gebäude- und Umbaukosten für spätere Nutzungen zu kennen. Das ist nicht seriös.

Die Gebäude könnte man verkaufen.

Mellis: Kaum ein Unternehmen kauft heute Immobilien, weil die Kapitalbindung zu hoch und die Gebäuderendite zu niedrig ist. In der Regel wird flexibel gemietet. Dafür muss der Eigentümer die Immobilie für den Mieter herrichten. Beim Ausbildungszentrum, das am Dom entstehen soll, bin ich daher skeptisch.