Oberhausen.

Innerhalb nur eines Jahrzehnts, innerhalb der 1970er Jahre, unterlag die Kommunalpolitik einem gravierenden Wandel. Standen in der Wirtschaftswunder-Zeit noch die schnelle Versorgung mit Wohnraum und der Ausbau der Infrastruktur für eine wachsende Bevölkerung im Vordergrund, so mussten nun Aufgaben möglichst kostengünstig fortgeführt und neue Handlungsfelder besetzt werden. Diese reichten von der Umweltpolitik bis zur sozialpolitischen Unterstützung der Verlierer des industriellen Strukturwandels.

Wie der frühere Oberbürgermeister Friedhelm van den Mond (1979 bis 1997) noch 2012 betonte, musste der anspruchsvolle Spagat geleistet werden, einerseits gute Lebensbedingungen für die „alten“ Kumpel und Hüttenknechte über Sozialpläne zu erreichen, andererseits aber an der wirtschaftlichen Zukunft der Stadt zu arbeiten. Für diese Politik schenkten die Oberhausener der SPD bis 2004 mehrheitlich ihr Vertrauen, eine absolute Mehrheit, die in der Spitze 1984 satte 59,3 Prozent betrug.

Große Solidarität

Die CDU als größte Oppositionspartei hatte keine realistische Chance auf einen Mehrheitswechsel: Sie bewies in den 1980er Jahren unter ihrem Fraktionsvorsitzenden Hans Wagner große Solidarität im Kampf um den Stahlstandort. Sie war seitdem oft beeindruckend sachorientiert in den inhaltlichen Debatten der Kommunalpolitik.

Das prägte die politische Kultur Oberhausens im Zeitalter der wirtschaftlichen Krise nachhaltig. Ratsmehrheit und Opposition trugen gemeinsam Verantwortung für Grundlinien der Stadtentwicklung.

200.000 Quadratmeter Verkaufsfläche

Dennoch gab es eine Zeit sich ausbreitender Hoffnungslosigkeit, in der zur Kommunalwahl 1989 die SPD das Zukunftsprogramm „O 2000“ aufstellte, um der Stadt wieder Mut zu machen.

Was hatte dazu geführt? 1986 bis 1988 schlossen die beiden letzten großen Thyssen-Walzwerke in Oberhausen; zudem zerschlug sich das landesweit stark beachtete Großprojekt „Triple Five“ der kanadischen Investorengruppe Ghermazian. Ein Einkaufszentrum mit 200.000 Quadratmetern Verkaufsfläche – die dreifache Größe des Centro bei seiner Eröffnung 1996 – sollte entstehen. Die Nachbarstädte im Ruhrgebiet und ihr Einzelhandel liefen dagegen Sturm. Mit Rücksicht auf die Innenstädte der Region ließ das Land 1988 das Projekt scheitern. Vielen Oberhausenern erschien es so, als würde der „grauen Maus“ Oberhausen verwehrt, was Nachbarn an Expansion im Einzelhandel stets gewährt wurde.

Beginn eines neuen Zeitalters

1992 nahm jedoch die Gestaltung des Strukturwandels in der Neuen Mitte neue Fahrt auf. Dafür stehen das Großprojekt Centro und der neue Oberstadtdirektor Burkhard Drescher (SPD). 1996 eröffnete das Centro als wirtschaftliches Herz der Neuen Mitte. Hinzu kamen Gasometer-Erhalt, Schlossumbau und die Wiedereinführung der Straßenbahn. Zudem gelang es Drescher, den Tourismus als für Oberhausen neuen Leitsektor der städtischen Ökonomie auszurufen. Wegen dieser positiven Zeichen behauptete die Oberhausener SPD bei der für die SPD im Ruhrgebiet so schwierigen Kommunalwahl 1999 die absolute Mehrheit im Stadtrat - in keiner kreisfreien Ruhrgebiets-Großstadt gelang der Partei das sonst.

Dass diese Mehrheit jedoch binnen zehn Jahren von über 57 Prozent auf noch 50,4 Prozent gesunken war und die CDU zu gleicher Zeit in Nachbarstädten spektakuläre Erfolge feierte, signalisierte allerdings den Beginn eines neuen Zeitalters in der Kommunalpolitik.