Oberhausen. Fast 50 Jugendliche aus Oberhausener Schulen reisen zu den Paralympics nach London. „Inspiration“ ist ein Projekt des Behindertensportverbandes NRW.

Wer kommt in der nächsten Woche zur Eröffnungsfeier der Paralympischen Spiele in London? „Die Queen und wir“, hieß es gestern in der LVR-Förderschule an der von-Trotha-Straße. Dass die englische Monarchin am Mittwoch ins Olympiastadion kommt, war sicherlich zu erwarten. Aber dass fast 50 Schülerinnen und Schüler verschiedener Schulen aus Oberhausen dabei sein werden, wohl kaum.

Die Mädchen und Jungen und ihre Betreuer stehen für das Projekt „Inspiration“. Das bedeutet wörtlich so viel wie „Einhauchen von Leben“. Ein Jahr lang hat sich die Gruppe auf die Paralympischen Spiele in London vorbereitet. Bis hierher klingt das Ganze noch nicht spektakulär, der Clou der Geschichte ist folgender: Die Truppe besteht je zur Hälfte aus Schülern mit und ohne Behinderung. Rollstuhlfahrer, Kleinwüchsige, Autisten, Kinder mit Handicaps an Händen und Füßen – jeder von ihnen hat einen Partner ohne Behinderung, der ihn durch die britische Metropole begleiten wird.

Die erste Reise ohne Eltern

„Auf einer normalen Schule erlebt man das ja gar nicht“, berichtet Kilian und meint damit die Zusammenarbeit mit behinderten Kindern im selben Alter. Ein ganzes Schuljahr lang trafen sich die Schüler der Gesamtschule Weierheide, der LVR-Förderschule und der Schillerschule jeden Mittwoch, um sich auf verschiedenen Arten auf das Event vorzubereiten. Zum einen wurde über die Stadt London als solche gesprochen, die andere Sprache, der Linksverkehr, der Trubel auf den Straßen.

Gerade der letzte Punkt wurde praktisch trainiert: „Einmal haben wir uns selbst in Rollstühle gesetzt und uns auf den Weg zum Supermarkt gemacht“, erzählt Kilian weiter und deutet auf den Discounter um die Ecke. „Für eine Tüte Gummibären und eine Flasche Wasser habe ich eine Stunde gebraucht. Und beim ersten Bordstein war für mich ohne fremde Hilfe Schluss.“ Die Erkenntnis: Nur gemeinsam kann die Gruppe bestehen, erst recht in einer Großstadt.

Gemeinsam erleben, gemeinsam aufeinander zugehen, gemeinsam begreifen, voneinander lernen zu können. Das sind die Maximen, unter denen Sara Wolfram und Erik Mahler vom Behindertensportverband (BSNW) das Projekt initiiert haben. „Es läuft besser als gedacht. Die Homogenität, die wir jetzt schon in der Gruppe erreicht haben, sollte eigentlich erst in London greifen“, bilanzieren die beiden stolz. Es gab keine Erfahrungswerte, auf die die beiden ihre Arbeit hätten stützen können, für alle Beteiligten ist „Inspiration“ absolutes Neuland.

Berührungsängste - Fehlanzeige

Für viele der Schüler wird es die erste große Reise ohne die Eltern. Dabei gab es viele Hürden zu meistern. So muss bei dem Aufenthalt in London auch die medizinische Versorgung gewährleistet sein, nicht nur für Notfälle. Manchen Kindern aus der Gruppe muss regelmäßig ein Katheter gesetzt werden, viele benötigen Medikamente. Je länger die Kinder sich kannten, desto größer wurde auch das gegenseitige Interesse. Einen Nachmittag lang wurde nur darüber geredet, wo die Handicaps eigentlich herkommen und wie sie verlaufen. Berührungsängste ab diesem Zeitpunkt: Fehlanzeige.

Gestern Nachmittag gab’s das letzte Treffen vor der Abfahrt am Dienstag. Ein Check, was in den Koffer gehört, was ins Handgepäck, was in London gebraucht wird und, und, und. Und dann geht’s endlich los – Majestät, sie kommen!