Oberhausen. Seit acht Wochen ist Michael Groschek neuer NRW-Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr. Eine Menge hat sich für den 55-Jährigen geändert – und die Menschen im Lande reagieren anders als früher.

„Akten, Akten, Akten – die begleiten mich jetzt von frühmorgens bis spätabends, selbst bei der An- und Abreise“, erhält man in diesen Tagen zur Antwort, wenn man Jung-Minister Michael „Mike“ Groschek nach der einschneidendsten Veränderung durch sein neues Amt in der rot-grünen NRW-Landesregierung fragt.

Seit Donnerstag, 21. Juni, fungiert der Oberhausener Sozialdemokrat als neuer nordrhein-westfälischer Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr. Damit hat Groschek ein dickes Paket wichtiger, aber hochkomplexer Schlüsselfelder für das bevölkerungs- und verkehrsreichste Bundesland zu verantworten. Und zugleich ist er Chef von 6000 Landesbediensteten, rechnet man die ganzen Landesbetriebe hinzu.

„Keine Comic-Hefte lesen“

„Man kann da nicht Däumchen drehen und Comic-Hefte lesen“, meint Groschek nach achtwöchiger Erfahrung in seinem neuen Amt – und spielt damit auf seinen Vorvorgänger Oliver Wittke von der CDU an, der als Minister mal peinliche Fragen beantworten musste, weil er sich zu Beginn einer aktuellen Stunde im ehrwürdigen Sitzungssaal des Landtags mit Panini-Sportklebebilder amüsierte. Man merkt: So ganz hat Groschek seine langjährige Rolle als kämpferischer „Hau-Drauf“-Generalsekretär der NRW-SPD noch nicht abgestreift.

Aus anderen Blickwinkeln

Den notwendigen Rollenwechsel erlebt der 55-Jährige jeden Tag, wenn er per Dienstwagen durchs gesamte Land chauffiert wird - von Petershagen bis Bad Münstereifel.

Nordrhein-Westfalen kann ganz schön groß sein – und die Menschen begegnen einem leibhaftigen Minister überall im Lande doch ganz anders als einem Partei-Wahlkampfmanager, Bundestagsabgeordneten oder Vizepräsidenten des Reservistenverbandes der Bundeswehr. Alles honorige Posten, die Groschek inne hatte und für den Regierungsjob aufgab, doch ein Minister ist im Vergleich zu den anderen Funktionen schon etwas ganz Besonderes.

Ein Amt mit privaten Vorteilen 

„Jede Äußerung von mir wird plötzlich zu einem offiziellen Vorgang und im Umgang mit mir verhalten sich die Menschen anders, weil sie sehr viel Respekt vor dem Amt haben.“ Wenn er irgendwo erscheint, dann heißt es „Herr Minister hier, Herr Minister da“ – selbst Oberhausener, die Groschek lange kennen, neigen dazu. Dem gebietet der Minister aber Einhalt – er ist weiterhin der „Mike“ oder der „Herr Groschek“, je nachdem.

„Ich gehe so unbefangen auf alle zu wie immer“, sagt Groschek. Ob er die Gefahr sieht, dass ihn das Amt verändert, ihn abheben lässt? Da lacht Groschek, flüchtet sich in ein Ausweich-Satz („Das müssen andere beurteilen“), sagt dann aber: „Ich glaube wohl kaum, das kann nicht sein.“

Förderung lebenswerter Stadtteile

Im Moment arbeitet er sich in die Details seiner Fachgebiete ein. „Ich habe zwar viele gute Leute im Ministerium, aber am Ende trage ich die politische Verantwortung für Entscheidungen und deshalb muss ich alles selbst beurteilen können.“ Oberflächlichkeiten könne man sich in so einem Amt nicht erlauben. Derzeit versuche er, viele Abteilungssitzungen zu besuchen, um alle seine leitenden Mitarbeiter kennenzulernen.

Politisch voranbringen will er die Förderung lebenswerter Stadtteile im Lande, die schon seit zehn Jahren nur auf Skizzen existierende neue „Super-S-Bahn-Verbindung“ Rhein-Ruhr-Express (RRX) von Dortmund bis Köln quer durchs Ruhrgebiet sowie den Ausbau der Betuwe-Linie mit Lärmschutz-Vorrichtungen für Anwohner.

Einen privaten Vorteil hat das neue Amt für den Oberhausener SPD-Chef auch: Er ist nun jeden Abend zu Hause bei seiner Frau. „Berlin sehe ich nur noch in meiner Freizeit an Wochenenden – als Tourist.“ Eine stille Hoffnung seiner Frau habe sich allerdings zerstört: „Mehr Zeit für die Familie habe ich doch nicht.“