Oberhausen. . Ein Urteil des Bundesgerichtshofes erschwert die Arbeit von Tagesmüttern erheblich.

Sie arbeiten bis spät abends, am Wochenende, an den Feiertagen; ohne sie müsste so manche Alleinerziehende Hartz IV beantragen: Das Urteil des Bundesgerichtshofes in Karlsruhe, bezahlte Kinderbetreuung in den eigenen vier Wänden sei eine gewerbliche Nutzung, für die sie die Erlaubnis von Verwalter oder Vermieter benötigen, halten viele Oberhausener Tagesmütter „für einen Schlag ins Gesicht“.

Michaela Wagner-Kratzer ist eine von ihnen. Vor acht Jahren beschloss die gelernte Erzieherin, Familie und Beruf besser unter den Hut zu bekommen. Soll heißen: „Ich entschied mich, für die Betreuung von Kindern bei mir zu Hause, auch, um mich mehr um meine eigenen drei Kinder kümmern zu können.“ Nun hat die 40-Jährige das Glück, dieses Angebot in ihrem Eigenheim machen zu können. „Doch viele andere Kolleginnen können das nicht, die haben teils sogar extra Wohnungen für die Kinderbetreuung angemietet“, weiß Wagner-Kratzer, die jahrelang auch Vorsitzende der Regionalgruppe der Oberhausener Tagesmütter war.

Immer neue Hürden

Erst die neuen Hygienevorschriften der EU, die Tagesmüttern etwa die Zubereitung von Speisen mit rohen Eiern untersagen oder das Tragen von starken Parfüms und Deos – und jetzt dieses Urteil. „Das sind immer neue Hürden, die uns und damit auch den Eltern das Leben schwer machen.“ Trotz mancher Verbesserung gelte leider noch immer: „Die Kinderbetreuung in Deutschland ist sehr unflexibel.“ Starre Abholzeiten, zu viele Auflagen.

Immerhin klappe in Oberhausen die Zusammenarbeit mit den Kindertageseinrichtungen und mit dem Jugendamt gut. Doch die Rahmenbedingungen könnten besser sein: „In den skandinavischen Ländern gibt es eine Betreuung rund um die Uhr, die noch dazu kostenfrei ist.“

Rund-um-die-Uhr-Einsatz

Hier wären die Eltern ohne das Engagement der Tagesmütter aufgeschmissen. „Ich betreue seit drei Jahren die Tochter einer Flugbegleiterin“, erzählt Wagner-Kratzer. Die habe auch schon einmal Sieben-Tage-Schichten. „Dann ist die Kleine die ganze Zeit bei mir.“ Wäre sie dazu nicht bereit, „müsste die Mutter ihren Job aufgeben und könnte Hartz IV beantragen“.

Ein Einzelfall? „Keineswegs“, versichert Wagner-Kratzer und schildert die Probleme eines Ehepaares, das in der Altenpflege tätig ist. „Wohin mit den Kindern, wenn beide an Weihnachten Dienst haben?“ Die Lösung: „In solchen Fällen feiern die Kinder halt bei uns.“ Als geradezu beschämend empfindet sie das Verhalten etlicher Arbeitgeber. „Von Verständnis keine Spur, da wird von Eltern ein Rund-um-die-Uhr- Einsatz verlangt und ihnen dann auch noch das Gefühl vermittelt, sie müssten sich dafür entschuldigen, überhaupt Kinder zu haben“, weiß die engagierte Tagespflegekraft.

Betreuung vom Säuglingsalter bis zum 14. Lebensjahr (in Ergänzung zur Kindertageseinrichtung oder Schule), früh morgens, spät abends und an den Wochenenden: Der Bedarf an Tagesmüttern ist groß. Kein Wunder, dass viele von ihnen inzwischen mit Wartelisten arbeiten. „In meiner Kindertagespflegestelle Schnullerbacke beträgt die Wartezeit zwei Jahre.“ Sogar Schwangere kämen schon, um ihre ungeborenen Kinder anzumelden.