Oberhausen. .

Zurück in den Beruf – und wohin mit dem Nachwuchs? Plätze für Kinder unter drei Jahren sind rar: In Oberhausen gibt es aktuell nur 845. Dabei ist der Bedarf groß, die Wartelisten sind lang. Um den eigenen Mitarbeiterinnen zu helfen, gründete das Weiterbildungsinstitut (WBI) 2009 die bislang in Oberhausen einzigartige firmeneigene Krabbelgruppe „Kleine Käfer“. Längst nutzen auch andere Firmen dieses Angebot. Jetzt wurde eine zweite Gruppe eingerichtet, wurde aus der Krabbelgruppe, ein „Kinderpflegenest“.

Fünf Kinder unter drei Jahren wurden an der Marktstraße 35 bislang von einer Tagesmutter betreut. Einen Schulungsraum hatte das WBI dafür umbauen lassen. Es gibt eine Küchenzeile und einen abtrennbaren Ruhebereich. Neben dem Marketing-Unternehmen im Gebäude, wurde auch bald die EVO auf das Angebot aufmerksam – und bunkerte einen Belegplatz.

Die Nachfrage ist weit größer als die Zahl der Betreuungsplätze

Mit vier weiteren Kleinkindern kam die zweite Tagesmutter an Bord. Ein zweiter Schulungsraum im WBI wird noch umgebaut. Nun sind die Kapazitäten erschöpft, doch der Andrang bleibt ungebrochen. „Alle Plätze für dieses Jahr sind bereits vergeben und ich habe noch sieben Familien auf der Warteliste“, erzählt Tagesmutter Kathrin Parol. Erste Anmeldungen für 2013 lägen auch schon auf ihrem Tisch. „Es kamen sogar Schwangere zu uns, die ihr ungeborenes Kind anmelden wollten.“

Kathrin Parol verfügt über die erforderliche Qualifikation für eine Kindertagespflege. Nebenberuflich macht sie außerdem eine Ausbildung zur Erzieherin. Kollegin Kerstin Horstkamp-Schäfer ist Erzieherin. Beide legen viel Wert auf eine qualitativ gute Betreuung ihrer Schützlinge. „Wir gehen häufig mit den Kindern raus, haben Patenschaften mit zwei Spielplätzen“, erzählt Parol. Eine „Leseoma“ kommt alle zwei Wochen zur Vorlesestunde, ebenfalls alle zwei Wochen steht ein Waldtag auf dem Programm. Um das Essen kümmern sich die Eltern selbst. Jede Familie ist einmal alle 14 Tage für das Mittagsmenü verantwortlich.

Firmen mit Belegplatz haben Vorrang

Bei der Platzvergabe haben Firmen mit einem Belegplatz Vorrang. „Die übrigen werden vom Jugendamt über die Kindertagespflegebörse vergeben.“ Mehr als neun Kinder können nicht aufgenommen werden: „Sonst gelten wir als Einrichtung und würden ganz andere Auflagen bekommen“, erläutert Kathrin Parol.

Anna Chrobasik gehört zu den Glücklichen. Die 28-Jährige ist als Vollzeitbeschäftigte beim EVO-Kundenservice tätig. Ihr Mann Christian arbeitet an drei Tagen in der Woche als Orthopädietechniker in Wesel. „Wir haben uns viele Einrichtungen angesehen“, sagt Anna Chrobasik.

Aber abgesehen davon, dass die meisten Plätze schon ausgebucht waren, wünschen sich die Eltern für ihren 19 Monate alten Sohn Paul ab August vor allem eine familiäre Umgebung. „Die Personalabteilung der EVO machte mich auf dieses Angebot aufmerksam“, freut sich Chrobasik. Ihr Arbeitgeber sei vom Kinderpflegenest fußläufig erreichbar. Die Abholzeiten (7 bis 16 Uhr, an drei Tagen bis 16.30 Uhr) seien für sie ausreichend. „Ich kann mein Kind auf dem Weg zur Arbeit hier hinbringen und nach Feierabend wieder abholen.“

Das Angebot ist noch lange nicht ausreichend

WBI-Geschäftsführer Peter Urselmann sieht das kritischer: „Für unsere Büroangestellten reicht das, aber wenn ich da an den Handel, die Krankenhäuser und Schichtdienste denke!“ Die Kinderbetreuung in Oberhausen müsse dringend ausgebaut werden. „Für Unternehmen wird es immer wichtiger, bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf punkten zu können“, meint Urselmann. Er bietet an: „Wir würden Betriebe, die sich für unser Modellprojekt interessieren, gerne unterstützen.“

Aktuell werden in Oberhausen 505 Plätze für Kinder unter drei Jahren in Kindertageseinrichtungen und 340 Plätze in Kindertagespflege zur Verfügung gestellt. „Das entspricht einer Betreuungsquote von 20,3 Prozent“, so Stadtsprecher Martin Berger. Damit sei die Bedarfsdeckung in den letzten drei Jahren von 10,4 Prozent in 2008 bis heute fast verdoppelt worden.

30 Prozent der Oberhausener brauchen U-3 Betreuung

Im Rahmen einer repräsentativen Elternbefragung im Jahr 2009, bei der alle Haushalte mit Kindern unter drei Jahren angeschrieben worden waren, sei für die Stadt eine Bedarfsquote von 30 Prozent ermittelt worden. Berger: „Diese Quote kann bis 2013 erfüllt werden, sofern weitere ausreichende Landesmittel zum Ausbau der U-3-Betreuung fließen.“ Bis zum nächsten Jahr müssen damit rund 420 zusätzliche Plätze geschaffen werden, 270 in Kindertagesstätten, 150 in der Tagespflege. Zurzeit sind 120 Tagesmütter im Einsatz, 15 befinden sich in Qualifizierungsmaßnahmen, weitere folgen.

„Sollten nach 2013 noch mehr Plätze für Kinder unter drei Jahren erforderlich sein, wird das auch durch Umstrukturierungen der Gruppen in den Kitas möglich, denn es ist ja ein Geburtenrückgang prognostiziert“, sagt Berger.

Von 2008 bis 2011 wurden 7,5 Mio Euro in den Ausbau der U-3-Betreuung investiert. Berger: „Wir erhielten 5,2 Mio an Zuschüssen, der Rest wurde von den Trägern aufgebracht, ein Teil wurde über das Konjunkturpaket finanziert.