Oberhausen. .
„Glückwunsch! Sie haben gewonnen“ – für einen Rentner aus Oberhausen war diese Nachricht am Telefon einfach zu schön, um wahr zu sein. Nur: Sie war es eben auch nicht. Ganze 53-mal versprach man dem Witwer im vergangenen Jahr große Gewinne, an deren Ende jedoch 53 angeblich abgeschlossene Verträge über die Teilnahme an Gewinnspielen standen. Und die kosteten ihn eine Menge Geld.
Fälle werden komplizierter
„Den Abzockern gingen auch 2011 die Maschen nicht aus“, sagt Angelika Wösthoff, Leiterin der Verbraucherzentrale. 21.623-mal wurde die Zentrale an der Lothringer Straße 20 angerufen, angeschrieben oder – überwiegend – von den Oberhausenern aufgesucht. 2010 waren es 21.700, 2009: 20.000 solcher Kontakte. In der Tendenz gibt es für die gerade einmal vier Mitarbeiter auf zwei Stellen eher mehr Arbeit als bisher, denn die Fälle, so Wösthoff, werden komplizierter.
Dabei ging es übrigens nicht allein um Gewinnspiele und Kaffeefahrten. In der Mode stehen nach wie vor Probleme mit Handy-Verträgen und beim Wechsel des Telefonanbieters. 37 Prozent der Beratungen fallen in diesen Bereich. Mit steigender Tendenz mahnen Rechtsanwaltskanzleien zudem Internetnutzer wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen durch Tauschbörsen ab – und machen mit überzogenen Rechtsanwaltskosten viel Kohle.
Beutezüge per Telefon
Doch „Beutezüge per Telefon“, wie die Leiterin der Verbraucherzentrale die Gewinnspiel- und Werbeanrufe nennt, waren in unserer Stadt der traurige Renner. Im Blickpunkt der Abzocker standen Senioren. Die Methoden sind subtil: Oft wird nach einem Telefonat ein Schreiben verschickt, auf dem die gesetzlich vorgeschriebene Widerspruchs-Klausel steht. „Viele überlesen sie“, sagt Beraterin Christine Bruns, „weil sie wie Werbung aussieht und sich die Angeschriebenen vielleicht an den Anruf nicht mehr erinnern“.
Zudem zwacken die Abzocker häufig nur kleine monatliche Beträge ab, die dem Kontoinhaber beim Überblicken der Auszüge durchgehen können. Auch dem Oberhausener Rentner fielen die Abbuchungen erst dann auf, als plötzlich die üblichen Rechnungen nicht mehr bezahlt wurden – mangels Deckung.
Im Gespräch mit den Geschädigten stellt die Verbraucherzentrale nicht selten fest, dass die Abzocker bereits beim Anruf viele sensible Daten über die Person hatten, „ihnen fehlten häufig nur die letzten drei Ziffern einer Kontonummer“. Tipp: auflegen, sofort.
Die Schuldenstadt
Nicht nur die Stadt lebt auf Pump, auch ihre Bürger: Kreditprobleme liegen auf Platz drei der Beratungsanfragen in der Verbraucherzentrale. Einige Gründe: Altersarmut, aber auch Lockangebote durch Ratenzahlungen, fehlende Übersicht über Einnahmen und Ausgaben.
Unbezahlte Rechnungen sind ebenso für die Stadtjugend ein Problem oder genauer: der vernünftige Umgang mit Geld. Die Verbraucherzentrale klärt darüber regelmäßig in Schulen auf. Finanziert wird dies vom Ministerium für Verbraucherschutz. Beraterin Petra Gülker lässt dann mal in der zehnten Klasse durchrechnen, was der Alltag so kostet, wenn man ihn vom Azubi-Gehalt bezahlen muss. Undurchsichtige Handy-Verträge, Apps mit unerwarteten Kosten gehören zu den Schuldenfallen, denen Jugendliche hauptsächlich begegnen. „Viele bekommen den Umgang mit Geld nicht beigebracht“, hat Gülker festgestellt.
Tipps zum Stromwechsel, Energiesparen, Umgang mit sozialen Netzwerken – die Arbeit geht den Beratern also kaum aus. Der Fortbestand der Zentralen soll nun auch abgesichert sein: Das Land hat eine Finanzierung bis 2015 zugesagt.