Oberhausen. Caritas Schuldnerberatung zieht Jahres-Bilanz 2011. Viele Oberhausener kommen aus ihrer misslichen Lage gar nicht mehr heraus – Aufschwung hin oder her.
Nicht nur Staaten haben in Zeiten von Banken- und Finanzkrise große Probleme, ihre Einnahmen und Ausgaben unter Kontrolle zu halten. Auch Otto Normalbürger muss solide haushalten. Dies scheint im vergangenen Jahr etwas besser funktioniert zu haben als noch 2010, weniger Oberhausener galten als überschuldet. Von einer spürbaren Entspannung kann bei diesem Thema aber keine Rede sein. Dagmar Ghaffari von der Verbraucherinsolvenzberatung der Caritas ist sich sicher: „Der Konjunkturaufschwung ist längst nicht bei allen angekommen.“
„Bildung einer Sockelgruppe“
Auffällig ist nämlich die Bildung einer „Sockelgruppe“. Die dazugehörigen Menschen sind unabhängig von der konjunkturellen Lage stets von Überschuldung betroffen, sie sind im gewissen Sinne abgehängt. „Hier sehe ich eine weitere Verschärfung“, erklärt die Verbraucherberaterin. Im Jahr 2011 betreute die Caritas 302 Fälle in der Schuldnerberatung, 162 davon als Neuaufnahme. „Die Nachfrage ist groß. Der Bedarf würde auch mehr Beratungsstellen rechtfertigen.“ Denn die Wartezeit auf einen Termin kann bis zu drei Monate betragen.
Aber warum gerät man in die Überschuldung? „Ein großer Teil lässt sich auf Arbeitslosigkeit, Trennung, Scheidung und Krankheit zurückführen“, so Dagmar Ghaffari. Wenn Menschen aus dem geregelten Umfeld herausfallen und das bisherige Einkommen ausbleibt, könne der Weg schnell in der Überschuldung enden.
Vielfach liege die Grundlage dafür aber weiter zurück. „Wenn die Eltern schon nicht gelernt haben, vernünftig zu haushalten, treten die Kinder oft in die selben Fußstapfen. Inzwischen habe ich auch schon Fälle, wo neben den Großeltern auch die Enkel in die Beratung kommen.“
Vergleiche aushandeln
Um den Ratsuchenden zu helfen, muss die finanzielle Situation offen gelegt werden. „Wir bitten darum, dass sie all ihre Akten mitbringen, damit man sich einen Überblick über die Schuldensituation verschaffen kann.“ Nach der Aufstellung der Gläubiger wird im nächsten Schritt die Einkommenssituation betrachtet und der Versuch gestartet, Vergleiche auszuhandeln.
Wenn das aber alles nicht mehr hilft, gibt es nur noch einen Ausweg, die Privatinsolvenz. „Im vergangen Jahr hatten wir in diesem Bereich 74 neue Fälle.“ Ghaffaris Ausblick lässt nicht auf Licht am Horizont schließen. „Gerade Alleinerziehende und Menschen in prekärer Beschäftigung sind gefährdet.“
Auch Karl Hörnschemeyer, Schuldnerberater beim Diakonischen Werk, berichtet von einer unverändert angespannten Situation. „Seit Jahren haben wir eine hohe Nachfrage nach Beratungsterminen.“ Jährlich nehmen rund 1100 Oberhausener die Hilfe der Schuldnerberatung in Anspruch.
Steigende Altersarmut
Für Hörnschemeyer sind es vor allem zwei Entwicklungen, die dafür sorgen dürften, dass sich die Überschuldungsproblematik auch in Zukunft weiter verschärft: zum einen ein größerer Anteil verschuldeter Jugendlicher und zum anderen die steigende Altersarmut. „Aufgrund stagnierender oder sinkender Renten erwarte ich hier steigende Zahlen.“
Karl Hörnschemeyer schließt eine weitergehende Gesellschaftskritik an. „Was man aus seinem sozialen Umfeld heraus lernt, ist der Konsumgedanke. Es wird von der Gesellschaft und den Unternehmen gefordert, Schulden zu machen.“ Außerdem würde es ja im großen Maßstab auch von den Staaten vorgemacht. Doch wie kann man dem Thema Überschuldung effektiv begegnen? „Eine Idee wäre eine Art von Wirtschaftsunterricht in der Schule, so dass bereits Kinder lernen, mit Geld umzugehen.“
ANSPRECHPARTNER
Wem seine eigenen Finanzen über dem Kopf wachsen, kann bei verschiedenen Stellen in der Stadt Rat suchen. So bietet zum einen die Schuldnerberatung der Caritas Hilfe an, unter Telefon 94 04 321 kann man dort Termine vereinbaren. Auch eine Verbraucherinsolvenzberatung ist bei der Caritas angesiedelt, diese ist unter der Rufnummer 94 04 322 zu erreichen. Aufgrund großer Nachfrage muss man allerdings mit Wartezeiten bis zu drei Monaten rechnen. Mit der Schuldnerberatung des Diakonischen Werkes kann man unter der Nummer 807020 in Verbindung treten.