Oberhausen. .

Durch die anhaltende Finanzkrise südeuropäischer Staaten sehen sich die großen Geldinstitute gezwungen, das Finanzrisiko überschuldeter deutscher Städte neu zu bewerten. Zwar haftet bisher im Notfall das Land für Pleite-Städte, doch die Risiko-Manager befürchten im Fall des Falles einen Domino-Effekt, an dem am Ende Städte ihre von Banken erhaltenen Kredite vielleicht doch nur noch zum Teil begleichen werden.

Folge: Kredite an überschuldete Städte könnten künftig nur noch per kräftigen Zinsaufschlag fürs Pleiterisiko vergeben werden - genauso wie heute bei Darlehen an bedürftige Privatleute.

Apostolos Tsalastras, Kämmerer der pro Einwohner am höchsten verschuldeten Stadt Deutschlands, sieht die Gefahr als realistisch an, dass „künftig Oberhausen höhere Finanzierungskosten zahlen muss als das reiche Düsseldorf“, wenn die internen Banken-Überlegungen umgesetzt würden. „Das aber halte ich für pervers. Wir müssen dieses Thema innerhalb der EU problematisieren.“ Der Trend in der Bankenwelt sei völlig falsch, nun auch noch einzelne Kommunen trotz eines staatlichen Haftungsverbundes von Land und Bund nach Risiken zu bewerten und Rating-Noten zu verteilen.

Ein Prozentpunkt bedeutet zwölf Millionen Euro

Die Geldinstitute wiederum rechtfertigen sich damit, dass sie durch neue weltweite Regeln (Basel III) gezwungen seien, die Risiken von Kreditausfällen mit mehr Eigenkapital abzusichern - und das sei für jede Bank teuer.

Teuer würde es auch für die Schulden-Metropolen: Wenn Oberhausen künftig nur einen einzigen Prozentpunkt an Zinsen mehr zahlen müsste, dann sind gleich zwölf Millionen Euro pro Jahr futsch - eine dicke Summe angesichts der Probleme, die das derzeit geplante 70-Millionen-Euro-Sparpaket verursacht. Derzeit zahlt Oberhausen für seine zwei Milliarden Euro Schulden 55 Millionen Euro an Zinsen im Jahr.

Berichten einige Städte bereits davon, dass sie bei der Suche nach frischem Geld weniger Finanzangebote als früher erhalten, so hat Oberhausen nach Angaben von Tsalastras noch genügend Angebote der Banken auf dem Tisch. Noch. „Im Augenblick gibt es keine Engpässe, weil Deutschland von Geldmengen überschwemmt wird.“ Doch bald könnte die Finanzierung für arme Städte schwierig werden, denn vor allem Großbanken beginnen, ihr Engagement in Kommunaldarlehen zurückzufahren. Andere haben sich aus dem Geschäftsfeld zurückgezogen.

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Der Oberhausener Deutschbanker Wolfgang Schlieper, Firmenkundenleiter Ruhrgebiet West, bestätigt, dass „dieses Thema derzeit stark diskutiert wird und die Banken überlegen, wie viel Kredit sie in Zukunft an Kommunen vergeben wollen“. Die Städte würden wohl noch genug Geld erhalten, weil die Bonität einer deutschen Kommune immer noch recht groß sei, allerdings müssten sich die Städte Finanzalternativen zu Bankdarlehen überlegen. So könnten etwa einzelne Städte oder mehrere Kommunen gemeinsam an den Börsen Anleihen platzieren - und sich so Geld direkt von Großanlegern am Markt besorgen. Oder man könne den eigenen Bürgern zurufen: „Beteiligt euch an unserer Stadt.“

Ruhrgebiets-Anleihe im Gespräch

Die Deutsche Bank hat bei den Ruhrgebiets-Oberbürgermeistern bereits eine gemeinsame Revier-Anleihe ins Spiel gebracht.

Kämmerer Tsalastras reagiert darauf skeptisch: „Am Ende läuft das doch auf das Gleiche hinaus: Oberhausen muss mehr Geld für seine Kredite bezahlen.“ Denn schließlich werde der Markt eine Oberhausen-Anleihe nur gegen einen Risiko-Zinsaufschlag akzeptieren.

Solche Zukunftsrisiken sind nicht nur für Tsalastras ein gewichtiges Argument, das aktuell in den Ratsausschüssen diskutierte Sparpaket umfangreich in die Realität umzusetzen - so schmerzvoll dies für Bürger sein sollte. Doch bei der künftigen Kreditvergabe wird die Finanzwirtschaft darauf achten, ob die einzelne Stadt solide wirtschaftet. Wenn nicht, wird’s teuer.