Oberhausen. . Die Kritik am Solidarpakt aus dem Ruhrgebiet ist nicht neu. Daher kommt es für viele überraschend, dass die jüngsten Klagen ein starkes Medienecho in ganz Deutschland finden. Ein beliebtes Beispiel für die schlechten Zustände ist Oberhausen.
Nach Jahren ungehört verhallter Klagen des Ruhrgebiets über die ungerecht hohen Solibeiträge der überschuldeten Städte für den Aufbau Ost fand die jüngste Kritikwelle ein überraschend großes Echo in der Medienwelt - und Oberhausen stets als erstes vorweg.
Zutreffend schrieb Süddeutsche-Zeitung-Autor Bernd Dörries: „Gelsenkirchens Oberbürgermeister Frank Baranowski war es irgendwann leid. Im Wochenrhythmus kamen Journalisten vorbei und wollten über die ärmste Stadt der Republik berichten. Den Titel hat Gelsenkirchen mittlerweile an Oberhausen weiter gereicht.“
Und wie zur Bestätigung schlug Spiegel-Online-Journalist Jörg Diehl danach wieder zu und schrieb: „Oberhausen ist die am höchsten verschuldete deutsche Kommune - trotzdem musste die nordrhein-westfälische Stadt fast 270 Millionen Euro in den Solidarpakt für die neuen Länder einzahlen. Dabei verfällt das Zentrum, ganze Ortsteile verelenden. Im Herzen des Krisengebiets, unmittelbar vor dem Rathaus, parkt an einem Nachmittag ein weinroter Golf. Bemerkenswert an dem Gefährt sind weniger die zahlreichen Rostflecken als vielmehr der verblichene Aufkleber auf dem Heck: ,Oberhausen’ ist dort zu lesen und darunter: ,Woanders is auch Scheiße.’ Ja, stimmt, könnte man dem entgegnen, aber nicht so ganz. Die 212.000-Einwohner-Stadt sieht an vielen Stellen aus wie die DDR kurz nach der Wende: graue Häuser, bröckelnde Fassaden, Trostlosigkeit. Im Zentrum reihen sich mittlerweile Billigläden an leere Ladenlokale, und bald macht mit dem Kaufhof auch das letzte Warenhaus dicht.“
Bernd Dörries, Süddeutsche Zeitung, kommentiert: „Nicht mehr die Himmelsrichtung muss das Kriterium für Ausgleichszahlungen sein, sondern die Bedürftigkeit. Die Stadt Oberhausen ist die am höchsten verschuldete Stadt in Deutschland, sie nimmt Kredite auf, um ihren Beitrag am Solidarpakt Ost bezahlen zu können, mit dem sich dann ostdeutsche Städte ihren Haushalt sanieren oder vielleicht ein kleines Musikfestival im renovierten Barockschlösschen organisieren. Oberhausen aber muss Schwimmbäder schließen und in den noch geöffneten Bädern die Temperatur senken. Das ist verrückt.“
Michael Bröcker, Rheinische Post, kommentiert: „In Oberhausen bröckelt das Pflaster auf den Straßen und der Putz an den Fassaden der Schulen. Im thüringischen Jena werden eine Universitätsklinik und zwei Autobahnen gebaut. Die Pro-Kopf-Verschuldung liegt in Jena bei 400 Euro. Jeder Oberhausener steht statistisch gesehen mit 7000 Euro in der Kreide. In Oberhausen werden Schwimmbäder geschlossen, in Jena Kulturzentren eröffnet. Trotzdem hat Oberhausen in 20 Jahren knapp 300 Millionen Euro in den Osten überwiesen. Ist das gerecht? Nein. Aus dem Solidarpakt Ost muss ein Solidarpakt West werden.“
Der Nachrichtensender N24 schreibt mit Hilfe der Agentur dpa: „In der Innenstadt reiht sich Billigladen an Leerstand, und bald macht mit einer Kaufhof-Filiale auch noch das letzte Warenhaus dicht. Oberhausen, die Stadt, in der vor 250 Jahren die erste Eisenhütte des Ruhrgebiets öffnete, droht in Armut und Tristesse zu versinken. Aber Oberhausen zahlt für den Solidarpakt: fünf bis sechs Millionen Euro im Jahr, kreditfinanziert. ,Wir brauchen eine Initiative zur Abschaffung des Soli schnell. Wir können nicht bis 2019 warten’, sagt der Referent des Oberbürgermeisters, Uwe Bonsack.“