Oberhausen. Ist ein politischer Boykott der Fußball-Europameisterschaft sinnvoll? Drei Stimmen aus Oberhausen über Druckmittel, die politische Funktion des Sports und Stellungnahmen der Sportler

Die Ehrentribünen in der Ukraine könnten bei den im Juni beginnenden Europameisterschaftsspielen ungewöhnlich leer bleiben. Kanzlerin Angela Merkel und viele deutsche Politiker erwägen einen Boykott, die EU-Kommission wird den Europameisterschaftsspielen in der Ukraine definitiv fernbleiben. Ob ein politischer Boykott aber das wirksamste Mittel ist, um gegen die Menschenrechtsverletzungen in der Ukraine vorzugehen, ist umstritten – auch hier in Oberhausen.

Jochen Waue, Sprecher der Oberhausener Amnesty International-Gruppe, unterstützt die Entscheidung der Politiker, nicht zur EM zu fahren. Er hält aber nichts davon, einen Boykott vorzuschreiben: „Letztlich soll jeder das tun, was er für richtig hält – ob Politiker, Fußballer oder Zuschauer.“

Resistent gegen Boykott

Er hält es vor dem Hintergrund des aggressiven Vorgehens der ukrainischen Regierung aber überhaupt nicht mehr für möglich, dass sich unsere Politiker neben Janukowitsch von der Ehrentribüne aus die Spiele anschauen. „Wenn ich solche Bilder sehe, dann zertrümmere ich wahrscheinlich meinen Fernseher“, so Waue erzürnt.

Dass aber auch die Sportler der Europameisterschaft fernbleiben, hält er nicht für angemessen: „Das würde ja der Volkswirtschaft und der Bevölkerung schaden. Aber sie sollen ruhig ihre Meinung sagen und sich nicht den Mund verbieten lassen.“ Es sei ja mittlerweile offensichtlich, dass dort Menschenrechte verletzt würden. „Und der Sport muss ein Träger sein für die Möglichkeit, darauf aufmerksam zu machen.“

Werner Schmidt, Präsident des Stadtsportbundes, geht das Fernbleiben der Politiker aber längst nicht weit genug. „Darüber würde Janukowitsch doch nur lachen – dagegen ist der doch resistent.“ Er fordert wesentlich massivere Maßnahmen, „und zwar jetzt, bevor es zu spät ist.“

Keine Chance auf Aufmerksamkeit

Mit wirtschaftlichen Sanktionen müsse man drohen, auch mit der Verlegung der Spiele in ein anderes Land. „Ich würde es nicht ausschließen, die Spiele kurzfristig in einem anderen Land durchzuführen. Der Europäische Fußballbund sollte sich engagieren und gemeinsam mit Politikern Verhandlungen mit der Ukraine führen. Dann muss man halt eine Frist setzen, und wenn sich bis dann nichts ändert, muss man sagen: Jetzt sind deine Spiele weg.“ Denn die Politik gehöre zum Sport, genauso wie auch der Sport zur Politik gehöre. Und die Europameisterschaft sei ja immer auch ein Anlass, um auf sich aufmerksam zu machen – „und wenn Janukowitsch tolle Spiele liefert, sogar im positiven Sinne. Diese Möglichkeit sollten wir ihm nicht geben.“

Auch Mario Basler, Trainer von Rot-Weiß Oberhausen, glaubt, der politische Boykott der EM sei „ein Mittel, das man verwenden kann und das man auch verwenden sollte, um Druck auszuüben.“ Denn die EM sei ein großes Ereignis, das vor der Tür steht, und das sei sicherlich „der erste Schritt in die richtige Richtung.“ Auf die Frage, ob auch die Fußballer zu dem Thema Stellung nehmen sollten, sagte er: „Die Jungs sind alle alt genug, die wissen selbst, was sie machen sollten.“