Oberhausen. .
Im Reitercasino steht eine Flasche Prosecco auf der Theke. Sie ist schon etwas angestaubt, zu feiern gibt es schon lange nichts mehr an der Kirchhellener Straße 319. Die Mitglieder des „Reit- und Fahrvereins 1924 Sterkrade e.V.“ sind zerstritten.
Der Vorstand um Claudia Drostel hat den Verein nach Kirchhellen verlegt. „Was soll ein Sterkrader Traditionsverein in Kirchhellen?“, fragt Christian Leufert. Er gehörte als Pressewart ebenso dem Vorstand an, spricht aber für zahlreiche Mitglieder, die den Standort in Königshardt halten wollen. Die Chronologie einer Geschichte, die kaum einer zum Wiehern findet.
Einer der ältesten Reitvereine Oberhausens
Der Reit- und Fahrverein 1924 Sterkrade e.V. gehört zu den ältesten Reitvereinen in Oberhausen. Die Mitglieder heimsten in den 80er Jahren zahlreiche Pokale ein – große Turniere wurden ausgerichtet. Die Oberhausener, die waren wer in der Reiterszene. Im Laufe der 90er Jahre nahm die Mitgliederzahl allerdings ab. „Viele zogen sich zurück. Irgendwann war der Verein nur noch eine Briefkastenadresse“, erinnert sich Leufert. Mirjam Galgalewicz, leidenschaftliche Reiterin, heute zweite Vorsitzende und schon damals aktiv, bestätigt dies.
Erst 2008 fanden sich wieder Mitglieder, die den Verein wiederbelebten. Zeitgleich übernahm Georg de Witt senior die Reitanlage an der Kirchhellener Straße. Die Vereinsreiter, die teilweise eigene Pferde in den Boxen von de Witt stehen hatten, nutzten die Anlage.
"Wir wollten selbst anpacken"
Der Reiterhof Sterkrade hat mit dem Verein eigentlich nichts zu tun, er ist nur Ort des Geschehens. Allerdings gibt es Verflechtungen. Reitlehrer Hans-Jürgen Fratzscher, der für de Witt Stunden gab, ist Sportwart im Reit- und Fahrverein. Die ehemalige Vereins-Kassiererin erledigt für den Hof die Abrechnungen.
Im Juli war denn auch noch alles harmonisch zwischen der Betreiberfamilie und den Vorstandsmitgliedern. „Wir haben immer wieder Vorschläge gemacht, was man auf dem Hof verbessern kann. Wir wollten selbst anpacken“, erklärt Vereinsgeschäftsführerin Claudia Gansohr-Kratz. Allerdings seien die Initiativen von den de Witts abgeblockt worden. So sei der Sand in der Halle „so buckelig“ gewesen, dass man kaum noch auf ihm reiten konnte. Die Betreiber hätten nur gesagt: „Wenn es euch nicht passt, dann geht.“
Inhaber sollen Tiere schlecht behandeln
Auch zwischen Reitlehrer Fratzscher und den de Witts gab es Schwierigkeiten. Er wirft den Inhabern vor, die Tiere schlecht zu behandeln und nicht rechtzeitig einen Tierarzt zu rufen, wenn eines der Pferde krank ist. „Ich habe selbst einen verständigt und die Rechnung aus der eigenen Tasche bezahlt“, erklärt er. Zum 31. Dezember wurde ihm „wegen unüberbrückbarer Differenzen“ gekündigt. Dies bestätigt Simon de Witt, widerspricht aber vehement den Vorwürfen. „Wir behandeln unsere Pferde gut.“
Parallel schauten sich auch die Vereinsmitglieder nach einer neuen Bleibe für ihre Pferde um – und wurden in Bottrop-Kirchhellen fündig. „Wir wären in Oberhausen geblieben, aber hier gibt es kaum Möglichkeiten. Wir ziehen nur sieben Kilometer weiter“, wirbt Mirjam Galgalewicz um Verständnis.
"Feindliche Übernahme"
Um die Anlage des „Ländlichen Reit- und Fahrvereins“ in Kirchhellen zu pachten und den Sitz hinter die Stadtgrenze nach Westfalen verlegen zu können, musste ein Vereinsbeschluss her. „Viele Eltern der bei uns reitenden Kinder fanden unsere Ideen gut und sind neu eingetreten“, kontern die Frauen den Vorwurf, der Vorstand habe neue Mitglieder geworben, um Leufert zu überstimmen.
Zurück auf dem Reitplatz in Sterkrade. Schülerin Christina führt „Sir Henry“ in den Stall. Sie reitet nun hier, früher war sie in Kirchhellen aktiv. Sie machte „rüber“, weil sie, wie andere Reiter auch, fürchtet, nicht mehr genug Reitzeiten auf der Kirchhellener Anlage zu bekommen. Sogar von „feindlicher Übernahme“ wird gesprochen. Achim Ernst, Chef des Kirchhellener Vereins, will davon nichts wissen. Es gebe genug Kapazitäten für Mitglieder beider Clubs.
Die de Witts sind nun auf der Suche nach einem neuen Reitlehrer. Derzeit ist Leufert, der früher einige Medaillen gewonnen hat, eingesprungen. „Wir führen Verhandlungen mit einer Reitlehrerin“, sagt Simon de Witt. Ausgerechnet mit einer aus Kirchhellen.