Oberhausen. 655 Oberhausener meldeten 2011 Privatinsolvenz an – 100 mehr als 2010. Zu den häufigsten Schuldenursachen zählen Krankheit, überzogener Konsum und Arbeitslosigkeit.
Immer mehr verschuldete Oberhausener sehen nur noch einen Ausweg aus ihrer Finanzmisere: Sie melden Privatinsolvenz an. In diesem Jahr taten es 655 und somit fast 100 mehr als im Vorjahr (560). Das entspricht einer Steigerung von rund 17 Prozent. Nach Angaben des Wirtschaftsverbands Creditreform war die Zahl der Privatinsolvenzen in Oberhausen bereits 2010 in ähnlicher Dimension gestiegen – von 480 auf 560.
Aus Sicht von Schuldenexperte Karl Hörnschemeyer muss diese Zahlenreihe aber nicht zwangsläufig bedeuten, dass immer mehr Oberhausener ihre Finanzen nicht im Griff haben. „Vielleicht wissen mittlerweile einfach mehr Leute über die Möglichkeit der Privatinsolvenz Bescheid als noch vor einigen Jahren.
Diese Reißleine wird dann einfach früher und öfter gezogen“, verweist der Leiter der Schuldnerberatungsstelle des Diakonischen Werkes auf eine alternative Lesart der aktuellen Statistik. Ein massiver Zuwachs der Ratsuchenden konnte in seiner Beratungsstelle, die dieses Jahr etwa 950 Fälle betreut hat, jedenfalls nicht beobachtet werden.
Oft tappen Alleinerziehende in die Schuldenfalle
Während bundesweit vor allem der Anstieg der älteren Zahlungsunfähigen (ab 70 Jahren) auffiel, konnte Hörnschemeyer in Oberhausen keine besonders betroffene Altersgruppe ausmachen. Sein Klientel verteilte sich nahezu gleichmäßig auf die breite Altersspanne zwischen 18 und 80 Jahren.
Eine Gruppe mit besonderem Gefährdungspotenzial kann der Diplom-Volkswirt jedoch klar benennen: Alleinerziehende mit Kindern. „Besonders schwierig ist es bei denjenigen, die einen Teilzeitjob haben und als Ergänzung Arbeitslosengeld II beziehen. Da gibt es finanziell kaum einen Spielraum“, so Hörnschemeyer.
Als Hauptursachen für die Schuldenprobleme hat der Experte die Punkte Krankheit und Arbeitslosigkeit identifiziert. „Aber auch prekäre Arbeitsverhältnisse, wie man sie bei Leiharbeiten häufig findet, machen eine Überschuldung wahrscheinlicher“, so Hörnschemeyer, der gleichzeitig ein ungesundes Konsumverhalten anprangert.
Bemerkenswerte Erfolgsquote der Schuldnerberater
„Für viele Leute sind Dinge wie eine Urlaubsreise oder ein Smartphone absolut unverzichtbar. Dabei wissen sie oft gar nicht, ob sie sich diese Investitionen überhaupt leisten können.“ Kartenzahlungen und großzügige Dispo-Kredite würden die finanzielle Situation häufig verschleiern.
Während ihre Leidensgeschichten durchaus vielfältiger Natur sind, haben die Schuldner doch eines fast immer gemeinsam: Sie bitten Hörnschemeyer erst um Rat, wenn der Gipfel ihres Schuldenbergs kaum mehr zu sehen ist. Dabei ist die Erfolgsquote der Schuldnerberater bemerkenswert: „Ich kenne nur eine Handvoll Leute, die sich nach unserer langfristigen Beratung noch einmal ernstzunehmend verschuldet haben.“