Essen. . Rein in die Schulden: RTL-Berater Peter Zwegat hätte im Revier jede Menge zu tun. Thomas Glatzel von Creditreform Bochum kommt zu der ernüchternden Erkenntnis: „Das Ruhrgebiet bleibt Sorgenkind.“

Dank der guten Konjunktur ist die Zahl der verschuldeten Menschen im vergangenen Jahr in den meisten Ruhrgebietsstädten leicht zurückgegangen. Das Inkassounternehmen Creditreform ist dennoch alarmiert: Schuldner werden immer jünger. Zudem wächst der Sockel derer, die nicht mehr aus der Verschuldung herauskommen.

„Das Ruhrgebiet bleibt ein Sorgenkind“, sagt Thomas Glatzel, Geschäftsführer der Creditreform Bochum. Denn die Schuldnerquote lag in dem Ballungsraum 2011 trotz leichter Aufhellungstendenzen mit 12,39 Prozent oder 422.250 Privatpersonen noch deutlich über dem Bundesschnitt von 9,38 Prozent oder 6,41 Millionen Privatpersonen. Auch Nordrhein-Westfalen steht mit 10,81 Prozent oder 1,59 Millionen Schuldnern besser da als das Revier. Allerdings rangiert schon NRW im Länder-Vergleich am Ende des unteren Mittelfelds. Nur das Saarland, Sachsen-Anhalt, Berlin und Bremen schneiden noch schlechter ab.

Mini-Jobs bringen zu wenig Einkommen

Die im vergangenen Jahr deutlich reduzierte Arbeitslosenzahl konnte die Überschuldung der Haushalte in der Region nicht deutlich verringern. Creditreform-Chef Glatzel führt das auf die Zunahme von prekären Beschäftigungsverhältnissen zurück. „Die hieraus resultierenden Einkünfte eignen sich nicht, um sich aus einer Überschuldungssituation zu befreien.“

Langzeitarbeitslosigkeit, Leiharbeit, geringfügige Beschäftigung und Niedriglohnjobs führen dazu, dass der konjunkturunabhängige Sockel von Schuldnern stetig wächst – zwischen 2006 und 2011 deutschlandweit um 300 000 auf 3,7 Millionen Menschen. Creditreform geht deshalb davon aus, dass die Schuldnerquoten selbst in Hochkonjunkturzeiten nicht nachhaltig schrumpfen werden.

Kostenfallen: Mobilfunk, Onlinehändler, Versandhäuser

Als „besorgniserregend“ bezeichnet Jan Stenmans, Geschäftsführer der Creditreform in Essen, insbesondere die Überschuldung junger Leute. Seit 2004, als der erste Schuldneratlas herauskam, stieg die Zahl der unter 20-Jährigen, die in die Schuldenfalle tappten, bundesweit von 0,41 auf 1,92 Prozent. Der Zunahme in der Gruppe der 20- bis 29-Jährigen fiel noch dramatischer aus: von 7,55 Prozent in 2004 auf 11,35 Prozent in 2011. Zu 87 Prozent haben junge Leute Schulden bei Handy-Anbietern, zu 76 Prozent bei Online- und zu 66 Prozent bei Versandhändlern. Erwachsene haben die meisten Probleme mit Banken (87 Prozent), gefolgt von Versandhändlern (68 Prozent),Vermietern (60 Prozent) und Telekom-Unternehmen (58 Prozent).

Immer mehr verschuldete Frauen

Ein neuer Trend: Die Zahl der verschuldeten Frauen stieg von 32 Prozent im Jahr 2004 auf zuletzt 36 Prozent. Sie nehmen häufig prekäre Beschäftigungsverhältnisse an.

Der Rückgang der Schuldner im Ruhrgebiet war 2011 nicht allen Städten zu beobachten: Im Kreis Unna, in Dortmund, Herne und Gelsenkirchen stiegen die Zahlen im Vergleich zum Vorjahr leicht an. Im Ennepe-Ruhr-Kreis und in Mülheim war die Schuldner-Quote am niedrigsten, in Herne, Duisburg und Gelsenkirchen am höchsten.

Aufgeschlüsselt nach Postleitzahlen ist Essen mit zehn unter den 20 besten Bezirken am stärksten vertreten, gefolgt von Bochum mit drei Bezirken sowie Mülheim und Dortmund mit je zwei. Gleichzeitig verfügt Essen neben Duisburg über die meisten Bezirke mit hohen Schuldnerquoten.