Oberhausen. . Schuldenfalle - und nun? Jährlich etwa 1100 Menschen wenden sich in diesem Fall an die Beratungsstelle des Diakonischen Werks in Oberhausen. Leiter Karl Hörnschemeyer kennt die typischen Fälle, Ursachen und Auswege.

Finanzielle Sorgen – wer hat sie nicht? Die Probleme der Menschen, die bei der Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatungsstelle des Diakonischen Werks Rat suchen, gehen zumeist weit über diese lapidar wirkende Frage hinaus. „95 Prozent der Betroffenen kommen eigentlich schon zu spät“, so Karl Hörnschemeyer, Diplom-Volkswirt und Leiter der Beratungsstelle. Hörnschemeyer berät Menschen, denen vielfach das Wasser bis zum Hals steht.

Die Situation der Betroffenen gestaltet sich wie folgt: Laufende Kosten – darunter Miete, Versicherungen, Kredite – können nicht mehr bewältigt werden, der Überblick über die eigenen Finanzen ist längst verloren gegangen. Hier kommt dann die Beratungsstelle ins Spiel. 1103 Ratsuchende tauchen in der Beratungsstatistik für 2009 auf, knapp 700 waren zum Zeitpunkt der Beratung arbeitslos.

Gründe von Fall zu Fall unterschiedlich

Die Gründe für das Abdriften in die Schuldenmisere sind dabei von Fall zu Fall unterschiedlich. Arbeitslosigkeit, Krankheit mit anschließendem Verlust des Arbeitsplatzes, Trennung oder Scheidung vom bisherigen Lebenspartner und vor allem falsche oder unzureichende Finanzplanung lassen sich als Hauptursachen festmachen. „Es liegt aber nicht immer nur an einer Ursache allein“.

Das Aufkommen ratsuchender Personen ist unterdessen in Oberhausen seit 20 Jahren ungefähr auf dem selben Niveau geblieben. „Wir beraten pro Jahr rund 1100 Personen, mal sind es mehr, in anderen Jahren wieder weniger“, so Hörnschemeyer. Dabei scheint die konjunkturelle Entwicklung zwar einen Einfluss auf die Zahl der Ratsuchenden zu haben, dennoch könne man auch in wirtschaftlich gut laufenden Zeiten eine beinahe gleichbleibend große Schuldenproblematik beobachten.

Keine typische Risikogruppe

„In den unteren Einkommensschichten, dürfte die Verschuldungsproblematik stärker ausgeprägt sein als in den höheren Einkommensgruppen, aber die eine Risikogruppe gibt es nicht“, so Hörnschemeyer. Die wenigsten bauen Schulden ab, es kommen eher noch viel mehr Schulden hinzu. Das meint Hörnschemeyer damit, wenn er von „Schuldnerbiografien“ redet.

Ein typischer Fall sieht folgendermaßen aus: Zuerst hat der Betroffene sein Konto in der Ausbildungszeit überzogen. Nach der abgeschlossenen Ausbildung wurde ein Kredit für das erste eigene Auto aufgenommen. Dann kamen mit der eigenen Wohnung samt neuer Möbel weitere Schulden hinzu. Zuletzt folgte, mit Anfang 30, eine schwere Krankheit mit anschließendem Verlust des Arbeitsplatzes. Die Schulden können nicht mehr bedient werden.

Hemmschwelle überwinden

Wie wird nun geholfen? „Das Wichtigste ist erst einmal die Betrachtung der Ist-Situation“, so Hörnschemeyer. Einkommen und Ausgaben müssen aufgeführt, die Ursachen reflektiert werden. Dazu gehört es auch, eine Hemmschwelle zu überwinden, da das Ausbreiten der eigenen finanziellen Situation einen starken Eingriff in die persönliche Sphäre eines Menschen bedeutet. Wichtig sei es nun, „die Klienten zu beruhigen, indem man sie über die rechtlichen Gegebenheiten aufklärt. Viele haben Angst, dass ihnen alles genommen wird.“

Sollte Karl Hörnschemeyer nicht weiterhelfen können, so wird seine Kollegin Petra Rambow einbezogen. Sie begleitet die Klienten auf ihrem Weg in die Verbraucherinsolvenz, die den letzten Ausweg aus der Überschuldung darstellt. Bei 552 Personen war dies 2009 der Fall. Damit es erst gar nicht so weit kommt, ist die Vorbeugung ein wichtiges Anliegen von Karl Hörnschemeyer.

„Der Umgang mit Geld muss schon früh angesprochen werden.“ Dafür sei es am Besten, rechtzeitig an die Kinder heranzutreten, um schon Schülern Finanzkompetenz zu vermitteln. Dies geschieht beispielsweise durch Informationsveranstaltungen, die von der Beratungsstelle an Schulen durchgeführt werden. „Denn der beste Schutz ist es, erst gar keine Schulden zu machen.“