Oberhausen. .

Oberhausen hat im vergangenen Jahr die Zahl der erlaubten 35 Tage mit zu hohem Feinstaub an der Mülheimer Straße deutlich überschritten: 48 Mal lag die gemessene gesundheitlich bedenkliche Dreckmenge höher als von der EU erlaubt. In diesem Jahr zählt das Landesumweltamt sogar schon 17 Überschreitungstage - was auch Oberhausens Umweltamtsleiter Helmut Czichy erstaunt: „Das ist schon eine ganze Menge in so kurzer Zeit.“

Doch stimmen die Messwerte der vom Landesumweltamt zwischen der Falkenstein- und Schwartzstraße platzierten Mess-Sonde überhaupt? Steht der Mess-Container an der Mülheimer Straße nicht viel zu nahe an den Auspuffrohren der vorbeifahrenden Autos - und misst dadurch viel zu hohe Feinstaub-Mengen?

Mit dem Ergebnis, dass erstens irgendwann einmal Deutschland hohe Strafzahlungen an die EU leisten muss, weil die vereinbarten Feinstaubwerte nicht eingehalten worden sind. Und zweitens die Politik auf dieser womöglich falschen Grundlage immer striktere Umweltzonen mit Fahrverboten für immer mehr alte Fahrzeuge - quasi eine staatliche Enteignung - einrichtet und erweitert.

Streit mit der Landesregierung

Es gibt Fachleute, die überzeugt davon sind, dass die Mess-Container im gesamten Ruhrgebiet völlig falsch und EU-rechtswidrig aufgestellt worden sind und die in Richtlinien festgelegten Abstandsgebote von der Fahrbahn nicht eingehalten werden.

Einer von den Kritikern im Streit um die Aufstellung der Feinstaub-Messgeräte ist der Liricher Staublungen-Fachmann und Allgemeinmediziner Dr. Karl-Heinz Bonmann. Er lässt seit Jahren nicht mehr locker, lieferte sich einen anhaltenden Streit mit der Landesregierung. Dabei verweist er auf die gültige EU-Richtlinie 2008/50/EG über Luftqualität und die deutsche Richtlinie 39. BlmSchV.

Vor Ort genau nachgemessen

In der Anlage 16 heiße es: „Die Probenahmestellen für die Luftqualität an der Baufluchtlinie müssen mindestens 0,5 Meter vom nächsten Gebäude entfernt sein“. Und: „Probeentnahmestellen an verkehrsnahen Messorten sollten mindestens 25 Meter vom Rand verkehrsreicher Kreuzungen und mindestens vier Meter von der Mitte der nächstgelegenen Fahrspur entfernt sein.“ Und: „Der Messeinlass sollte sich in einer Höhe zwischen 1,5 Meter und vier Meter über dem Boden befinden.“

Die WAZ hat vor Ort genau nachgemessen: Die Mess-Station ist pragmatisch in einer Parkbucht platziert worden - und erfüllt tatsächlich ein entscheidendes Kriterium nicht.

Die Mess-Sonde befindet sich zwar regelgemäß zwischen 1,5 und 4 Metern in der Höhe über dem Boden, doch sie ist von der Mitte der nächsten Fahrbahn nur 3,10 Meter entfernt - das sind 90 Zentimeter unterhalb des angegebenen Mindestabstands in der deutschen Richtlinie. Das stellt eine Abweichung von über 20 Prozent dar.

Praktikablere Aufstellungsregeln

In einem Brief an die FDP-Fraktion im Landtag aufgrund der Kritik des Mediziners Bonmann weist NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) den Vorwurf einer zu nahen Fahrbahn-Aufstellung zwar nicht strikt zurück. Der Minister gibt aber an, dass die Vier-Meter-Regelung aus einer alten EU-Richtlinie RL 1999/30 stamme, die durch neue praktikablere Aufstellungsregeln in der 39. BlmSchV ersetzt worden sei und daher nicht mehr gelte.

Bonmann schrieb den Minister zurück, er irre sich dabei. „Keineswegs handelt es sich bei der neuen Richtlinie 2008/50/EG über Luftqualität um eine grundsätzlich inhaltlich geänderte Richtlinie“, sondern nur um eine Zusammenfassung von fünf Rechtsakten. Der Vier-Meter-Abstand tauche in der BlmSchV in der Anlage 16 weiterhin auf.