Oberhausen. .
Oberhausen. Wie wirksam Umweltzonen mit Fahrverboten für Alt-Autos wirklich im Kampf gegen zu hohe Feinstaubbelastung sind, ist unter Fachleuten umstritten. Jetzt greift ein Oberhausener Fachmediziner die Art und Weise an, wie Feinstaub gemessen wird.
Dennoch ist sich die Mehrheit der Politiker im Land und in dieser Stadt einig: Die seit 2008 existierenden kleinräumigen Umweltzonen werden ab 2012 großflächig verbreitert - und fast das gesamte Oberhausener Stadtgebiet wird zur Umweltzone.
Einige Experten halten hartnäckig gegen diesen zeitgeistigen Trend, möglichst viele Gebiete zur Umweltzone und damit funktionstüchtige Alt-Autos zu Schrott zu erklären. Darunter auch ein Oberhausener Facharzt für Allgemeinmedizin, der sich seit Jahrzehnten für die gesetzlichen Rentenrechte Staublungen-geschädigter Bergleute auf Bundes- und Landesebene einsetzt - und nun NRW-weit als Fachmann für lungenschädliche Stäube geschätzt wird: Karl-Heinz Bonmann aus Lirich. Er ist ein eisener Kritiker der Umweltzone und vor allem ein Kritiker der bisher angewendeten Varianten der Feinstaubmessungen.
Offizielle Stellungnahme an die Landesregierung
In einer offiziellen Stellungnahme an die Landesregierung zu ihrem Entwurf des Luftreinhalteplanes Ruhrgebiet, der die Umweltzonen-Verschärfung beinhaltet, wirft Bonmann den staatlichen Behörden vor, bei der Einrichtung der Messgeräte gegen EU-Richtlinien zu verstoßen und falsch zu messen. Damit sei die Basis für die Entscheidung zugunsten größerer Umweltzonen bereits fehlerhaft.
Bonmann schreibt: „Messstationen zur Messung von Partikeln und Blei sollen laut EU so gelegen sein, dass sie für die Luftqualität nahe der Baufluchtlinie repräsentativ sind.
"Bedingungen nicht beachtet"
Mess-Stationen sollen in Bezug auf alle Schadstoffe, Feinstaub PM10 als auch NO2, mindestens 4,00 Meter von der Mitte der nächstgelegenen Fahrspur entfernt sein.“ Bei einer üblichen Fahrspurbreite von drei Metern müsse demnach die Öffnung des Einlass-Stutzens des Messgerätes in einer Höhe von 1,50 bis vier Meter einen Mindestabstand von 2,50 Metern vom Fahrbahnrand aufweisen.
„Alle mir bekannt gewordenen Stationen im Ruhrgebiet haben diese Bedingungen nicht beachtet“, berichtet Bonmann ans Land. „Sie waren durch unmittelbare Fahrbahnnähe und auf Parkstreifen neben den Messgeräten stehende Kfz nicht, wie gefordert, frei von unvermischten Staub- oder Abgaswolken sowie Aufwirbelungen von Straßenstäuben, wie etwa Streugut.“
Es werde zu nah am Autoverkehr gemessen
Mit anderen Worten: Die heute so viel diskutierten zu hohen Feinstaubmess-Werte sind deshalb so hoch, weil laut Bonmann zu nah am Autoverkehr selbst gemessen wird.
Noch schlimmer: Der Fachmediziner sagt, medizinisch relevant und beeinträchtigend für Menschen seien nach internationalen Studien eigentlich nur Partikel, die kleiner als 0,1 Mikrometer sind. Gemessen werden an Ruhrgebietsanlagen, wie etwa bei derjenigen an der Mülheimer Straße in Oberhausen, aber alle Schwebstaubpartikel in der Luft zwischen 100 Mikrometer und 0,001 Mikrometer. Bonmanns Urteil: „Die gemessenen Mengen von Partikeln sind daher als Gradmesser für die Gefährdung menschlicher Gesundheit nicht geeignet.“
Einwände seit 2005 bekannt
Nach Angaben des Arztes sind die Einwände der Experten gegen die Standortwahl für Messcontainer dem Landesumweltamt seit Beginn umfangreicher Messungen (seit 2005) bekannt. „Deshalb kann die Messpraxis als fahrlässig oder absichtlich fehlerhaft zur Irreführung der Entscheidungsträger angesehen werden“, meint Bonmann.
Info: Dass eine höhere Feinstaub-Belastung für Menschen an verkehrsreichen Straßen tatsächlich die Lebensdauer verkürzen kann, belegen Studien des Landesumweltamtes. Doch diese Resultate bezweifelt der Mediziner Karl-Heinz Bonmann. Man habe Äpfel mit Birnen verglichen, nämlich Großstadtfrauen der Jahrgänge 1929 bis 1935 mit Frauen in ländlichen Gemeinden.
Keine normale Kohorte
Doch die Großstadt-Frauen dieser Altersstufe seien keine normale Kohorte, sondern die durch Krieg und Hygiene-bedingte Krankheiten „am meisten geschundene Personengruppe“. Zudem „waren unter den angeblich wegen Feinstaubbelastung vorzeitig Verstorbenen gehäuft starke Raucherinnen vertreten“, meint Bonmann.