Oberhausen. .

Das Klingeln hört man schon von Weitem. Schnell kommen einige Kinder angelaufen, bilden eine Schlange und harren der süßen Dinge, die da kommen mögen: „Genau so soll es sein“, freut sich Enrico Gurrera.

An sieben Tagen in der Woche steuert der 20-Jährige mit seinem Eiswagen Firmen an, macht an Schulen, Spielplätzen, Seniorenheimen und direkt vor der Haustür der Kunden Halt.

Denen bietet er täglich ein buntes Sortiment: Genau 23 verschiedene Sorten stellt die Familie her, 18 davon bietet Enrico Gurrera täglich an. Darunter sind Klassiker wie Vanille, Schokolade und Stracciatella, aber auch der „Schwarze Knaller“ oder „Donkey Kong“ – Bananeneis mit kleinen Äffchen aus Schokolade.

Schon mit den Eltern auf Tour

„Ich mache das sehr gerne“, erzählt Gurrera, der seit zwei Jahren mit dem Eiswagen durch die Straßen der Stadt fährt. Bereits seit 1993 seien seine Eltern mit der rollenden Eisdiele in Oberhausen unterwegs. „Ich wollte schon als kleiner Piccolo immer mitfahren und meinen Eltern helfen“, erzählt er. Nachdem er mehrere Jahre mangels Führerschein seine Mutter begleitet hat, sitzt er nun selber am Steuer.

Seine Tour führt Enrico Gurrera an diesem Tag wie immer durch Sterkrade und Osterfeld, ein Mitarbeiter bedient die anderen Stadtteile. „Wir fahren jeden Tag die gleiche Strecke.“ Viele Stammkunden wüssten schon, wann sie mit seiner Ankunft rechnen können, könnten das Klingeln manchmal kaum erwarten. „Die Frau, die jetzt auf den Wagen zukommt, wird gleich einen Erdbeerbecher bestellen“, prophezeit er – und soll Recht behalten. Wenig später taucht die ältere Dame, die bereits Kundin seines Vaters war, den Löffel in die süße Masse und lässt das Eis auf der Zunge zergehen: „Einfach lecker – und das von Anfang an“, schwärmt sie und bestellt gleich noch ein Eis für ihren Mann.

Nur zwei bis drei Minuten pro Station

Um „zwei Kugeln Joghurt für Oma“ bittet Anna Lena, die ihrer Großmutter mit dem Eis eine Freude machen möchte. Während sich die Elfjährige einen „Kindertraum“ aus Vanilleeis und Sahne wünscht, entscheidet sich Mutter Kathleen Schulten für ein großes Erdbeereis: „Ich gönne mir das als Belohnung für eine bestandene Prüfung.“ Auch Ralf Schulten greift zum Hörnchen: „Wir waren bis gestern im Urlaub, da haben wir das Eis regelrecht vermisst. Hier schmeckt’s einfach am besten.“

Den Schrei „Warten!“ hört Enrico Gurrera bereits, bevor er den Stammkunden überhaupt zu Gesicht bekommt. „Hier muss ich immer ein paar Minuten länger stehen“, erzählt er schmunzelnd. Ein kleiner Plausch, dann geht’s weiter. Getrödelt wird nicht: Zeit ist Geld. Normalerweise bleibe er an jeder Station lediglich zwei bis drei Minuten stehen: „Ich möchte immer schnell machen, damit an der nächsten Haltestelle niemand warten muss.“

Vor allem von kleinen Schleckermäulern wird der Eisverkäufer nicht nur sehnlichst erwartet, sondern häufig beneidet. „Viele Kinder sagen mir, dass sie später auch mal Eismann werden wollen“, verrät Gurrera: „Sie meinen, ich hätte den besten Job, weil ich täglich Eis essen kann.“ Tatsächlich greife er immer noch gerne zum Portionierer: „Am liebsten mag ich Schokolade und Nuss. Und ich verkaufe sowieso nichts, was ich nicht auch selber essen würde.“

Warum aber zieht es die Menschen noch zum Eiswagen, wo es doch inzwischen in jedem Supermarkt etliche Sorten in großen Mengen und zu günstigen Preisen zu kaufen gibt? „Die Qualität unseres Eises ist deutlich besser, da es frisch gemacht ist“, wirbt Gurrera. „Der Geschmack im Mund ist ein völlig anderer“ – das wüssten auch seine Kunden zu schätzen. Viele von ihnen hielten ihm übrigens auch die Treue, wenn die Sonne mal nicht scheint – weshalb Gurrera auch bei schlechtem Wetter unterwegs ist.

„Nehmen Sie doch ein Megaphon mit!“

„Ich habe im Garten gesessen und das Bimmeln gehört“, sagt eine ältere Dame, während sie wartet, bis einige Kinder ihre Bestellungen geäußert haben. „Und weil ich genau in dem Moment Hunger auf ein Eis hatte, bin ich eben zur Straße gekommen.“ Es sei, da sind sich die Kunden einig, ein Luxus, das Eis direkt vor die Haustüre gebracht zu bekommen. „Ich höre nie, wenn sie kommen“, beklagt sich eine Seniorin, der das Klingeln noch zu leise ist: „Nehmen sie doch ein Megaphon mit und rufen laut ‚Der Eismann kommt‘! Dann käme ich noch viel öfter.“

„Einmal Nuss“ wünscht sich ein junger Mann, der seit vielen Jahren Stammkunde ist. „Auf einem Bein steht man schlecht“, meint Gurrera und drückt ihm ausnahmsweise zwei Kugeln ins Hörnchen. „Immer geht so etwas natürlich nicht“, betont er: „Ich lasse aber zum Beispiel ungern ein Kind mit leeren Händen stehen, wenn sich fünf seiner Freunde ein Eis leisten können.“