Oberhausen. Das Literaturhaus sucht bis 31. Juli nächsten Jahres junge Poeten – oder Rapper. Mit dem Theater-Ensemble startet eine Vorlesereihe im Advent.

Ein bisschen Lehrgeld war zu berappen, als sich das Literaturhaus vor drei Jahren frohgemut daran machte, einen Literaturpreis „Junges Oberhausen“ auszuschreiben. Denn so spontan wie unter den rührigen Aktiven des Vereins geht’s im Schulalltag längst nicht zu. „Wenn ein Schuljahr dicht geplant ist“, musste Hartmut Kowsky-Kawelke erkennen, „kommt man nicht mehr dazwischen“. So fanden die Literaturliebhaber zwar 2019 zwei würdige junge Preisträger – hätten sich aber viel mehr eingereichte Texte erhofft.

Das soll 2023 ganz anders werden. Jetzt bereitet gleich eine ganze Reihe von Workshops das Glacis für einen hoffentlich reichen Ertrag des im nächsten Jahr anstehenden Lyrik-Wettbewerbs „Junges Oberhausen“. Finanziert mit Mitteln aus dem „Brückenschlag“-Verfügungsfonds eröffnen kleine Schreib-Werkstätten am Elsa- und am Bertha-Gymnasium sowie an der Fasia-Jansen-Gesamtschule mit insgesamt 50 Schülerinnen und Schülern. Nicht nur deren Engagement kann sich sehen lassen – auch die Dozenten dürften Schreibfreude garantieren: Da ist zum einen Till Beckmann, der erst vor wenigen Wochen für zahlreiche Fans des Literaten vom Tackenberg den Ralf-Rothmann-Audiowalk „Overhausen“ eröffnete. Sein Workshop-Mitstreiter ist Yannick Steinkellner, ein österreichischer Slam-Poet im Revier-Exil.

Stimmungsvolles Entree: Der Hofeingang des „Gdanska Teatr“, zu erreichen von der Gutenbergstraße 8.
Stimmungsvolles Entree: Der Hofeingang des „Gdanska Teatr“, zu erreichen von der Gutenbergstraße 8. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Auch die Autorinnen und Autoren im Wettstreit um den Literaturpreis dürfen Lyrik weitgespannt auffassen, versichert Harald Obendiek, „von Liebesgedichten bis Rap“. Die drei Juroren jedenfalls repräsentieren ein breites Spektrum von Auffassungen zur Schreibkunst: mit der Essener Schriftstellerin Sarah Jäger, ihrem Wuppertaler Kollegen Michael Zeller und dem Sterkrader Buchhändler Arndt Wiebus, Autor unserer „Schmökerecke“-Kolumne.

Ensemble liest im lauschigen Gdanska-Theater

Bis zum 31. Juli 2023 haben junge Poeten Zeit zu reimen, zu rappen oder zu slammen. Am 17. November nächsten Jahres steht dann die Preisvergabe an: Jury- und Publikumspreis sind mit jeweils 500 Euro dotiert. Zudem erscheinen die Texte gedruckt in der Anthologie „Junges Oberhausen“.

Zu gemeinsamen Großtaten haben sich die Literaturhaus-Aktiven auch mit dem Theater Oberhausen verbündet: Literarische Prominenz, die gut und gerne auch 400 Plätze am Will-Quadflieg-Platz füllen dürften, will man im nächsten Jahr gemeinsam einladen. Da sind die baldigen Auftritte des Ensembles im lauschigen Gdanska-Theater, Eingang Gutenbergstraße 8, mit seinen 50 Plätzen ein kleiner, stimmungsvoller Prolog. Als „kurze Unterbrechungen zwischen vielen Terminen“, so beschreibt Anne Verena Freybott die halben Vorlesestunden, jeweils um 15 Uhr an den vier Adventssamstagen. Die 48-jährige Dramaturgin und Theaterpädagogin leitet die Sparten „Open Haus“ (die bisherige Theaterfaktorei) und Junges Theater.

Apfel, Zimt und Mandelstern – zuverlässig ausverkauft: Anna Polkes überaus beliebte „Bratapfelabende“ in der Theater-Bar.
Apfel, Zimt und Mandelstern – zuverlässig ausverkauft: Anna Polkes überaus beliebte „Bratapfelabende“ in der Theater-Bar. © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

Die in Memmingen höchst erfolgreiche Idee hat die enge Mitarbeiterin von Intendantin Kathrin Mädler „aus Schwaben mitgebracht“, erzählt Freybott: „Wir haben schon gemeinsam Texte ausgesucht“ – eine adventliche Backmischung familiengerechter Zutaten aus Märchen, Sagen und Kinderbuch-Szenen.

Warteliste für die „Bratapfelabende“

Ein ganz anderes Gepräge erhält dann die erste prominent besetzte Lesung im Januar 2023 – passend zur Premiere der „Wahrheit über Leni Riefenstahl“, inszeniert von Kathrin Mädler. Denn dann gastiert auch John von Düffel, der Autor dieses speziellen Historiendramas, für eine Lesung. Der preisgekrönte Dramatiker liefert eine Neubewertung der mörderischen „Mitläuferin“ des NS-Regimes und zeigt Riefenstahl als so perfide wie geschickte Konstrukteurin des Bildes ihrer selbst.

Doch zurück zum freundlicheren Weihnachts-Programm des Theaters: Anna Polkes seit mehreren Intendanzen beliebte „Bratapfelabende“ stehen zwar auch am 6. und 22. Dezember wieder auf dem Programm. Doch Anne Verena Freybott muss Spätentschlossene enttäuschen: „Wir führen bereits eine Warteliste.“

Prominenter Gast zum Jahresauftakt: John von Düffel begleitet lesend die Inszenierung seiner „Wahrheit über Leni Riefenstahl“.
Prominenter Gast zum Jahresauftakt: John von Düffel begleitet lesend die Inszenierung seiner „Wahrheit über Leni Riefenstahl“. © FUNKE Foto Services | Barbara Zabka

Der literarische Nachwuchs übrigens hat bereits im ausklingenden Jahr einen großen Auftritt – wenngleich der Titel mit herbem Understatement verkündet: „Am Anfang schreibt man für den Papierkorb“. So heißt eine im Oberhausener Laufen-Verlag publizierte Buchreihe aus der „Kreatives Schreiben“-Werkstatt des Elsa-Brändström-Gymnasiums. Am Dienstag, 20. Dezember, um 19 Uhr stellt der aktuelle Kurs seine Gedichte, Aphorismen und Kurzgeschichten vor – und die sind keineswegs für den „Rundordner“. Harald Obendiek weiß vielmehr: Der Abend wird mehr als ein konventioneller Vortrag am Pult, denn die jungen Elsa-Literaten kündigen eine schwungvoll-szenische Lesung an.

Für junge Lyriker von 16 bis 24 Jahren

Für die adventlichen Lesungen mit dem Theater-Ensemble im 50 Plätze bietenden „Gdanska Teatr“ gilt: Eintritt frei. Allerdings bitten die Gastgeber um Anmeldung bei der Theaterkasse, service@theater-oberhausen.de oder unter literaturhaus-oberhausen.de. Einlass ist an den vier Adventssamstagen jeweils von 14.45 Uhr an. Die halbstündigen Lesungen beginnen um 15 Uhr.

Der Internet-Auftritt der Literaturhäusler bietet auch alle Informationen zur 2023er Ausschreibung des Literaturpreises „Junges Oberhausen“. Sie ist offen für alle jungen Menschen von 16 bis 24 Jahren, die hier leben oder eine Schule besuchen. Die Teilnahme der jungen Lyrikerinnen und Lyriker an einem Literaturhaus-Workshop ist keine Bedingung.