Oberhausen. Mit barocken Posen frönt der Allround-Künstler in der Galerie KiR im Europahaus altmeisterlichen Vorbildern: ein Bilderfest für Bibelfeste.
Das Barock rockt bei Frank Gebauer: Was die alten Meister an exaltierten Posen und Fleischeslust in nachdunkelndem Öl malten, setzt der künstlerische Allrounder mit der Kamera in schummrig beleuchtete Szene. Jetzt hat sich der 59-Jährige neben dem matten Glanz aber auch die biblischen Themen eines Rubens oder Caravaggio oder einer Artemisia Gentileschi vorgenommen. Folgerichtig heißt seine neue Einzelausstellung in der Galerie KiR im Europahaus „In Spiritus Sanctus“.
Bevor Theologen und Altphilologen in Schnappatmung verfallen: Auch der Künstler weiß, dass sein Titel falsches Latein ist – aber so hat es nun mal die Oma überliefert. In der für Gebauers genialische Verhältnisse ungewöhnlich aufgeräumten Ausstellung drängt sich das Klerikale allerdings nicht auf, verrät bisweilen erst der zweite Blick den Mythomanen. Schließlich hat sich eine Suzi Quatro während ihrer langen Glam-Rock-Karriere nie offensiv mit Glaubensfragen befasst: Die vier quadratischen Porträts, entstanden während eines Auftritts im Schloss Broich, sind einfach gekonnte Fotos. Als Reverenz für einen großen Bildhauer aus den KiR-Reihen steht daneben Roger Löcherbachs Holzskulptur von „Suzi Q.“.
Schließlich hat Frank Gebauer, der hilfreich fast alle Ausstellungen der Künstlergalerie in der Elsässer Straße 21 einrichtet, auch großen Spaß am gewitzten Zitat. Wer nicht zum ersten Mal bei der Kunstinitiative Ruhr vorbeischaut, erlebt mit „In Spiritus Sanctus“ einige Aha-Momente – angefangen bei einem formvollendeten Porträt des stilvoll gealterten „Jungen Wilden“ Markus Lüpertz (81), das schlicht deshalb in diesen biblischen Kontext passt, weil der Künstler den Professor im Titel zum „Godfather“ erhebt.
Der Ruhrbischof auf dem „Beichtstuhl“
Mit seinem eigenen Prophetenbart ist Gebauer selbst eigentlich das bessere Motiv – und lässt sich in einer hinreißend manieristischen Collage als Moses mit den Gesetzestafeln auftreten: „Das erste meiner zehn Gebote: Du sollst schöne Sachen kaufen.“ Nein, das ist weder Monty Python noch Mel Brooks, sondern führt zurück zu barocker Bildgestaltung.
Auch dass der Künstler Franz-Josef Overbeck auf einen „Beichtstuhl“ setzt, wirkt keineswegs gehässig. Schließlich ist das Konterfei des Ruhrbischofs mit Akribie auf die gepolsterte Stuhllehne gestickt. Daneben im konventionellen Bildformat die andere Hälfte der ursprünglichen Aufnahme von der Karfreitagsprozession zur Halde Haniel: ein Paar, über deren junge Gesichter die Schriftschnörkel und Marke eines Briefes gelegt sind.
Viel heftiger hantiert Frank Gebauer mit seinem Bildnis der kritischen Theologin Uta Ranke-Heinemann, die den Betrachter in grellen Warhol-Farben wie eine hinduistische Rachegöttin anfunkelt. Das aparteste Bild ist sogar regelrecht versteckt hinter dem Raumteiler, dessen Vorderseite immerhin mit Nichelle Nichols als würdevoller alter Dame glänzt („Star Trek“-Fans verehren sie als Lieutenant Uhura). Die Rückseite zeigt zwei Bräute, ganz in Weiß, die sich genussvoll über ihre Frittenschalen beugen – eine brillante Momentaufnahme vom Christopher Street Day.
Manchmal genügt schon der passende Titel, dazu ein prächtiges Bildformat – und ein Alltagsmotiv gewinnt alttestamentarische Züge: „Armageddon“ nennt Frank Gebauer keck sein Foto von den etwas seekranken Frank Gehry-Bauten am Düsseldorfer Medienhafen. Man muss deshalb nicht gleich „Sodom und Gomorrha“ schreien – auch dafür ist in dieser Ausstellung für Bibelfeste gesorgt.
Reiche Anregungen für weltoffene Seelsorger
„Geistlichen Beistand habe ich leider nicht“, das muss man mit Frank Gebauer bedauern. Denn weltoffene Seelsorger dürften hier (falsches Latein hin oder her) reiche Anregungen finden.
Zur Halbzeit wechselt der Ausstellungstitel
Anders als üblich eröffnet die Ausstellung „In Spiritus Sanctus“ anlässlich des Stadtfestes ringsum bereits am Samstag, 22. Oktober, um 13 Uhr. Diese Pre-Vernissage gestalten mehrere Autorinnen und Autoren als Lesung. Musik von und mit Martina Lichter und Hartmut Kehr begleitet die eigentliche Ausstellungseröffnung an der Elsässer Straße 21 am Sonntag, 23. Oktober, um 17 Uhr.
Zu sehen bleiben die Gebauer-Werke bis zum 20. November – allerdings wechselt zur Halbzeit der Ausstellungstitel zum Heinrich Heine-Zitat „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten: Loreley und Konsorten“. Schließlich will der Künstler auch sein nicht-biblisches Oeuvre würdigen.