Rom. . Artemisia Gentileschi war eine bedeutende Barockmalerin. Eine neue Schau in ihrer Geburtsstadt Rom widmet sich jetzt ihrem Schaffen.
Kinder, Küche, Kirche – ausschließlich darum kümmerten sich die meisten Italienerinnen noch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein. Malen war für sie allenfalls eine Freizeitbeschäftigung und dabei ging es um Früchtestillleben, Blumenmotive, vielleicht noch um Porträts. Eine Ausnahme ist da Artemisia Gentileschi, die 1593 in Rom geboren wurde und 1653 in Neapel starb. Sie war die bedeutendste Barockmalerin ihrer Zeit. Schon zu Lebzeiten war sie bis hin nach London berühmt, geriet dann aber in Vergessenheit. Die Kunstgeschichtsschreibung war schließlich auch eine Männer-Domäne. Im 20. Jahrhundert wurde die Malerin wiederentdeckt, vor allem im Zuge feministischer Bewegungen. „Artemisia Gentileschi und ihre Zeit“ heißt eine Ausstellung, die bis zum 7. Mai noch im Palazzo Braschi an der Piazza Navona in Rom zu sehen ist.
In einer eindrucksvollen Gegenüberstellung mit Malern ihrer Zeit zeigt die Schau rund 100 Werke. Ein guter Querschnitt aus Artemisia Gentilischis umfangreichem Wirken und Schaffen in Städten wie Rom, Florenz, Neapel, London und kurzzeitig auch in Venedig. Die Tochter des Malers Orazio Gentileschi, der als Auswanderer in London am Hof Karls I. vergebens versucht hatte, den italienischen Stil in England einzuführen, wagte sich damals schon gekonnt in Großformaten an Historienbilder, an mythologische und biblische Themen. Und sie war, wie ihre männlichen Kollegen, gefragt bei Hofe, etwa bei de’Medici-Großherzog Cosimo II. in Florenz und bei den Royals in London, die schon auf die Dienste ihres Vaters zurückgegriffen hatten. In der Toskana studierte sie als erste Frau an der Akademie für Zeichenkunst. Zeitweise hatte sie auch eine eigene Werkstatt mit männlichen Angestellten. Revolutionär also für die damalige Zeit.
Das dunkelste Kapitel in ihrem Leben
„Artesimia Gentileschi hat im 17. Jahrhundert große Meisterwerke geschaffen. Sie wandelte sich stetig und malte in unterschiedlichen Stilen“, sagt Kuratorin Francesca Baldassari. Das dunkelste Kapitel ihres Lebens habe auch zu ihrer künstlerischen Reifung beigetragen. Artemisia war knapp 18, als sie von dem Malerfreund ihres Vaters, Agostino Tassi, vergewaltigt wurde. Er missbrauchte sie monatelang und erkaufte sich dazu ihr Schweigen mit einem Heiratsversprechen. Doch solche „Wiedergutmachung“, damals üblich, wurde nie wahr. Daraufhin strengte ihr Vater 1612 einen Prozess gegen Tassi beim Hl. Offizium an. Der Maler wurde verurteilt, aber auch Artemisia als Opfer stark gedemütigt. Sie musste sich während des Prozesses zum Nachweis, dass sie keine Hure war, einer entwürdigenden gynäkologischen Untersuchung und auch Folterungen unterziehen.
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Ihr Ruf in Rom war danach so lädiert, dass sie die Stadt verlassen musste und mit einem Florentiner Maler verheiratet wurde, dem sie mehrere Kinder gebar. Und mit mehr Selbstbewusstsein – das zeigen ihre Werke – als vorher malte sie danach häufig mutige und tatkräftige Frauengestalten, oft auch fast nackt, in Situationen voller innerlicher Dramatik. „Susanna und die Alten“ ist ein treffliches Beispiel. Wiederholt malte sie Frauengestalten auch mit ihren eigenen Gesichtszügen.
Eine mordende Judith mit starken Armen
„Judith enthauptet Holofernes“, das war ein von Artemisia immer wieder aufgegriffenes Thema. Die schöne Frau aus dem Buch Judith, die den Feldherrn Holofernes gemeinsam mit ihrer Magd zur Rettung ihrer Stadt tötete, wurde im 17. Jahrhundert häufig dargestellt. In Gentileschis Enthauptungsszene aus dem Jahr 1620-21, aus den Uffizien in Florenz herbeigeholt, hat ihre Judith überdimensional starke Arme und zeigt beim Morden eine kalte und entschlossene Gesichtsmiene, kontrastreich im Caravaggio-Stil gemalt.
In Rom dabei ist auch Artemisia Gentileschis berühmtes Ölgemälde „Esther vor Ashaver“ aus dem New Yorker Metropolitan Museum, ihr bedeutendstes Werk aus ihrer Zeit in Venedig. Es zeigt in theatralischer Manier und leuchtenden Farben aus dem Alten Testament jene Szene, in der Esther nach drei Tagen des Hungerstreiks ohnmächtig vor dem persischen König Ashaver zusammenbricht.