Oberhausen. 40 Tage vor der Landtagswahl treffen sich Oberhausener Christdemokraten zum Parteitag – kein guter Zeitpunkt, die NRW-Regierung zu kritisieren.
Die Oberhausener Christdemokraten, allen voran Oberbürgermeister Daniel Schranz, haben eigentlich einige Gründe, auf die schwarz-gelbe Landesregierung mit Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) nicht mehr ganz so gut zu sprechen zu sein.
Wenige Monate vor der Landtagswahl am 15. Mai 2022 entscheidet Düsseldorf, das landeseigene Niederrhein-Kolleg (NRK) in Oberhausen mit der Chance aufs Erwachsenen-Abitur aufzugeben, die Polizei nicht mehr ins stadthistorische einmalige Polizeipräsidium zurückkehren zu lassen – und dann auch noch die kreisfreien Großstädte beim überlebenswichtigen Gemeindefinanzausgleich, also bei den Steuerzuschüssen, ab 2022 zugunsten kleinerer Kommunen deutlich schlechter auszustatten. Oberhausen hält es deshalb sogar für nötig, mit anderen Großstädten in NRW Verfassungsklage gegen das neue Gemeindefinanzierungsgesetz für 2022 und 2023 einzureichen.
Doch was will man 40 Tage vor der NRW-Landtagswahl bei einem in den Umfragen vorhergesagten Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen CDU und SPD schon anderes öffentlich machen, als die Erfolge der CDU-geführten Landesregierung zu feiern – und den Ärger auf dem diesjährigen CDU-Kreisparteitag im großen Saal Berlin der Luise-Albertz-Halle lieber einmal herunterzuschlucken.
NRW-CDU-Fraktionsvorsitzender Bodo Löttgen mit Superlativen
Zumal Gastredner Bodo Löttgen, mächtiger Fraktionsvorsitzender der CDU im Landtag, gerade die christdemokratischen Ikonen Adenauer und Kohl zitiert sowie an das christliche Menschenbild und an das Wertefundament der Partei inklusive Bewahrung der Schöpfung und Liebe zum Vaterland erinnert.
Der ehemalige Polizist lässt die aus seiner Sicht so erfolgreiche Zeit von Schwarz-Gelb Revue passieren: Mehr Sicherheit (Kriminalitätsfälle seit 2017 um 17 Prozent gesunken, Null-Toleranz-Politik gegen 111 Clans in NRW), mehr Klimaschutz („Kein Land hat mehr CO2 eingespart als NRW“), mehr Bildung durch mehr Lehrer und stabile Finanzen („Keine Aufnahme von neuen Schulden“). Einmal im Wahlkampfmodus greift der Mann aus dem Oberbergischen Kreis zu Superlativen: „Diese Landesregierung ist die kommunalfreundlichste Regierung der letzten Jahrzehnte.“ Welche Kommunen er damit meint, sagt er nicht, von einer Altschulden-Lösung für Großstädte im Ruhrgebiet spricht er auch nicht.
Tagungspräsident Daniel Schranz jedenfalls blieb nach der Rede so diplomatisch behutsam, wie es seine Art ist: „Ich habe hier eigentlich eine lange Liste mit Wünschen ans Land, da stehen auch die kommunalen Finanzen, doch ich verzichte lieber darauf.“ Trost für die Oberhausener gibt es schließlich auch von der NRW-Regierung – nach den „längst überfälligen Entscheidungen des Landes zum Niederrhein-Kolleg und Polizeipräsidium“ (CDU-Kreisvorsitzender Wilhelm Hausmann). „Das waren für uns Herausforderungen, aber wir haben Lösungen erreicht.“ Schließlich bleibe das Polizeipräsidium eigenständig und erhalte einen größeren Neubau in Alt-Oberhausen; ins alte Gebäude am Friedensplatz ziehe ein Teil der landeseigenen Immobiliengesellschaft BLB mit 260 sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen, lobt Hausmann. Und beim Kolleg werde nun doch viel versucht, um die Bildungseinrichtung mit einem anderen Konzept zu erhalten.
Niemand kommt in diesen Tagen an den schlimmen Bildern aus der Ukraine vorbei – auch der CDU-Parteitag nicht. CDU-Fraktionschef Löttgen verlangt angesichts der Gräueltaten von Butscha, die Sanktionen gegen Russland drastisch zu verschärfen – bis hin zur Einstellung jeglicher Energie-Käufe: „Wann, wenn nicht jetzt? Nun ist schonungsloses Handeln gegen Putin erforderlich. Das endlose Prüfen muss ein Ende haben, Herr Bundeskanzler!“
Eine Neubewertung der Bundeswehr
Und Wilhelm Hausmann sieht eine Neubewertung der Bundeswehr von linker Seite. „Wir stehen hinter unseren Soldatinnen und Soldaten, die den Kopf für uns hinhalten. Wir haben es immer für einen Skandal gehalten, wenn Oberhausener Schulen Bundeswehrsoldaten ausgeladen haben. Und wir hatten recht.“
Doch auch solche klaren Worte bewegten nicht alle 69 stimmberechtigten Delegierte, dem seit 2003 den CDU-Kreisverband führenden Hausmann bei der turnusgemäßen Wahl des Vorstandes ihre Stimme zu geben. Der Oberhausener Langzeit-Vorsitzende erhielt von 69 Stimmen nur 49 Ja-Stimmen: 14 Delegierte stimmten mit Nein, fünf enthielten sich und einer machte den Stimmzettel ungültig – und das ohne Gegenkandidat. 71,0 Prozent, oder wie die CDU rechnet 77,8 Prozent – ein enttäuschendes Ergebnis in Landtags-Wahlkampfzeiten, in denen Hausmann als Direktkandidat in Alt-Oberhausen/Osterfeld antritt.
Zwei neue Stellvertreter der Oberhausener CDU
Nach fast 20 Jahren im Amt bleibt Architekt und Landtagsabgeordneter Wilhelm Hausmann mit offiziell 77,8 Prozent der Delegierten auf dem Parteitag in der Luise-Albertz-Halle Vorsitzender des Kreisverbandes Oberhausen. 14 Delegierte stimmten mit Nein, 49 mit Ja.Bessere Ergebnisse erzielten seine beiden neuen Stellvertreter: Simone-Tatjana Stehr, Fraktionsvorsitzende der CDU im Stadtrat und Direktkandidatin im Wahlkreis Sterkrade/Dinslaken, bekam 94,1 Prozent der Stimmen (64 von 68 Delegierte stimmten mit Ja). Johannes Thielen, Jurist und früherer Junge-Union-Vorsitzender in Oberhausen, erhielt 83,8 Prozent – 57 von 68 Delegierten kreuzten seinen Namen an. Die bisherigen langjährigen Stellvertreter, Marie-Luise Dött und Hans Tscharke (beide seit 2009) traten nicht mehr an – sie wurden vom Parteitag mit viel Dank und Applaus verabschiedet.
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