Oberhausen. Die Nachricht schockt viele: Die Oberhausener Polizei trennt sich vom Präsidium im Zentrum. Verantwortliche schweigen, die Stadt macht Druck.
Fassungslosigkeit herrscht in Oberhausen nach der Nachricht, dass die Polizei nach fast 100 Jahren ihr Präsidium am Friedensplatz aufgibt. Seit zehn Jahren wird das Gebäude in der Oberhausener Innenstadt aufwendig renoviert – und nun soll alles für die Katz sein? Viele Bürger reagieren empört, sehen Steuerverschwendung: „Erst renovieren und jetzt Steuergelder durch den Kamin jagen“, schreibt eine Leserin. Andere sorgen sich darum, dass die Innenstadt nach dem Wegzug der Polizei unsicherer wird.
Während sich die Verantwortlichen bei der Polizei und im Innenministerium trotz ihrer brisanten Entscheidung weiter in Schweigen hüllen, macht Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU) Druck auf die schwarz-gelbe Landesregierung – und bringt bereits mögliche Alternativ-Standorte für ein neues Präsidium ins Spiel.
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Wie berichtet gibt die Oberhausener Polizei das Präsidium am Friedensplatz komplett auf. Über eine europaweite Ausschreibung sucht die Behörde bereits nach Projektentwicklern für einen neuen Standort. Zu den Gründen schweigt sich die Behörde bislang aus, auf eine Anfrage der Redaktion vom Montag hat sie auch bis Redaktionsschluss am Mittwoch nicht geantwortet. Auf Nachfrage beim zuständigen Innenministerium in Düsseldorf verweist ein Sprecher zurück an die Polizei in Oberhausen. Nicht einmal der Eigentümer der Immobilie, der Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) des Landes, hat sich geäußert; eine schriftliche Anfrage blieb am Mittwoch unbeantwortet.
NRW-Landesbetrieb steht in der Kritik
Dabei steht genau dieser Landesbetrieb BLB massiv in der Kritik. Seit Jahren soll das Verhältnis zur Polizei vor Ort schlecht, die Kommunikation schwierig sein. Als eindeutigen Verursacher des jetzigen Problems sieht etwa SPD-Ratsherr Manfred Flore den BLB. Der Vize-Vorsitzende des Polizeibeirates spricht von „Verwaltungsversagen“ und einer „Story von Pleiten, Pech und Pannen“. Die Sanierung habe immense Kosten verursacht, sollte aber gewährleisten, dass die Polizei das Gebäude trotz strengerer Anforderungen weiter nutzen kann. Und jetzt? „Sind Gebäudeteile abgesperrt, weil der Schimmel dort wächst“, beschwert sich Flore über die in seinen Augen mangelhafte Ausführung der Bauarbeiten. „Es ist dramatisch, was uns das Land da auftischt.“
Zu diesen Vorwürfen äußert sich der Landesbetrieb bislang nicht. Unbeantwortet bleibt auch die Frage nach den bisherigen Kosten der Sanierung. Unklar ist ebenfalls, ob und wie es mit den Arbeiten am Präsidium nun weitergeht. Denn immerhin waren die Umbauten zu einem großen Teil auf die Bedürfnisse des Noch-Mieters, der Oberhausener Polizei, abgestimmt. „Waren die Arbeiten also unnütz oder werten sie das Gebäude auch für eine mögliche Nachnutzung auf?“, fragt sich unter anderem Yusuf Karacelik, Fraktionsvorsitzender der Oberhausener Linken.
OB Schranz: Aus für Präsidium ist „Schlag für die City“
Das Aus für das Präsidium am Friedensplatz ist „für die City zunächst ein Schlag, das kann man nicht schönreden“, sagt Oberhausens Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU). Er sieht nun die schwarz-gelbe Landesregierung in der Pflicht, erstens einen neuen Standort an zentraler Stelle zu entwickeln und zweitens die Stadt bei der Suche nach einer möglichen Nachfolgenutzung für den historischen Backstein-Bau am Friedensplatz zu unterstützen. Gespräche dazu haben bereits stattgefunden, unter anderem mit dem Innenminister und dem Staatssekretär im Finanzministerium. In die Karten schauen lässt sich Schranz aber nicht: „Es gibt mehrere Ideen und Ansätze, allerdings ist selbstverständlich noch nichts spruchreif.“
SPD: Land verschwendet hier viele Millionen Euro
Wahlkämpferisch reagieren die SPD-Landtagsabgeordneten Sonja Bongers und Stefan Zimkeit auf die Nachricht über das Aus für das Polizeipräsidium. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) werfen sie vor, „Millionensummen an Steuergeldern verschwendet“ zu haben. „Jahrelang musste die Polizei auf einer Baustelle arbeiten, und nun droht ein riesiger Leerstand in der Innenstadt“, sagt Zimkeit.
„Ein Wegzug der Polizei aus der Innenstadt würde das Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger in erheblichem Maße beeinträchtigen“, kommentiert SPD-Ratsfraktionschefin Sonja Bongers. Sie fordert die Landesregierung auf, „eine innenstadtverträgliche Nutzung des Gebäudes sicherzustellen“.
Und wo soll das neue Präsidium entstehen? Schranz nennt zwei Möglichkeiten. Ein potenzieller Standort für einen Neubau sei das Eckgrundstück Mülheimer/Tannenbergstraße, gegenüber der Arbeitsagentur. Das Areal gehört dem Bundeseisenbahnvermögen, also dem Bund. Es besteht bereits Baurecht: Zulässig wäre ein Gebäude mit bis zu elf Geschossen, das in dieser Höhe mit dem Gebäude der Arbeitsagentur ein „Brücktor“ zwischen dem südlichen und dem nördlichen Teil Oberhausens bilden könnte.
Eine zweite Möglichkeit sei das Concordia-Gelände, das auf der anderen Seite des Hauptbahnhofs liegt. Das Grundstück gehört der Stadt. „Auch dort wäre nach Baurecht eine großzügige, mehrgeschossige Bebauung möglich.“ Beide Alternativen „würden die Polizei weiter zentral in der Stadt verankern und somit für Bürgerinnen und Bürger Erreichbarkeit demonstrieren. Gleichzeitig würden qualitativ hochwertige Bauten an beiden Stellen einen starken Beitrag zur Stadtentwicklung darstellen.“