Oberhausen. Lässt Ameos das Oberhausener Traditionskrankenhaus Marienhospital ausbluten? Wichtige medizinische Angebote sind erst einmal in Osterfeld weg.
Nicht nur die Osterfelder sorgen sich um die Zukunft ihrer zentralen Gesundheitsversorgung im Stadtgebiet: Lässt der Schweizer Besitzer, die Ameos-Gruppe mit Sitz in Zürich, das Traditionskrankenhaus Marienhospital an der Nürnberger Straße 10 langsam aber sicher ausbluten? Verdient das Marienhospital überhaupt noch die Bezeichnung „Krankenhaus“?
Die Chirurgie ist schon seit dem Frühjahr 2019 weg, die Orthopädie existiert genauso nicht mehr wie das Darmzentrum, das geplante Reha-Zentrum wurde nie gebaut – diese Entscheidungen des alten Betreibers des Marienhospitals in Oberhausen-Osterfeld, des Katholischen Klinikums Oberhausen (KKO), setzt der neue Schweizer Eigentümer Ameos auf den ersten Blick nahtlos fort.
Die Innere Medizin hat in diesem Jahr die Umzugskartons gepackt, die gerade erst im Herbst 2021 eröffnete Palliativstation wird im Marienhospital aufgelöst und taucht im Sterkrader St. Clemens-Hospital von Ameos wieder auf, das Schlaflabor in Osterfeld nimmt keine neuen Patienten an, schon seit Anfang des Jahres gibt es die ohnehin bereits stark verkleinerte Notaufnahme in Osterfeld auch nicht mehr – und erst in dieser Woche wechselte die gesamte Geriatrie-Abteilung mit allen Patienten und Beschäftigten nach Sterkrade.
All diese einschneidenden Maßnahmen für die Oberhausener Bevölkerung hat die Ameos-Gruppe trotz reger allgemeiner Öffentlichkeitsarbeit nicht zuvor bekannt gegeben und ausführlich erläutert – sondern schamvoll verschwiegen. Erst Gerüchte im Stadtteil machten Politik und Medien auf die akute Misere des Marienhospitals aufmerksam.
Ist das Arbeitsklima in den Krankenhäusern schlecht?
Die neue Oberhausener Ameos-Klinikdirektorin Cornelia Koch muss in diesen Wochen einschneidende Maßnahmen für das Osterfelder Marienhospital verordnen, weil überall Ärzte und Pflegepersonal fehlen. Einige haben gekündigt, andere leiden unter einer Corona-Erkrankung, weitere sitzen in Quarantäne. Deshalb konzentriert man viele Kräfte im Vollversorger-Krankenhaus St. Clemens in Sterkrade.
Gerüchten im Stadtgebiet, das Arbeitsklima in den Krankenhäusern von Ameos sei so mies, dass mehr und mehr Fachkräfte kündigen, begegnet die Krankenhaus-Chefin mit folgenden Argumenten: „Wir betrachten zufriedene und motivierte Mitarbeitende als wichtigsten Grundstein für den Unternehmenserfolg und handeln danach: mit marktgerechten Gehältern, flexiblen Arbeitsmodellen sowie vielfältigen Karrieremöglichkeiten.“ Insgesamt würden jährlich über sieben Millionen Euro in die Aus-, Fort- und Weiterbildung der Beschäftigten fließen.
Ende 2019 hatte der große Klinik- und Pflegeheimbetreiber Ameos drei wichtige Oberhausener Krankenhäuser vom KKO gekauft – und überraschend versprochen, alle drei zu erhalten. So sollte nach Analyse der KKO-Insolvenzverwalter eigentlich das St. Josef-Hospital an der Mülheimer Straße komplett schließen, doch Ameos hält den Weiterbetrieb trotz der alten Bausubstanz aufrecht.
Nach dem Ameos-Konzept von Anfang 2020 sollten alle Kliniken im harten Wettbewerb der dichten Krankenhaus-Szene im Ruhrgebiet ein scharfes Profil erhalten: St. Marien in Osterfeld sollte mit Geriatrie, Schmerztherapie und Palliativmedizin der Spezialist für Senioren sein, St. Josef in Alt-Oberhausen soll die Psychiatrie weiter ausbauen, St. Clemens soll mit einer starken Gynäkologie und Geburtenstation der Rund-um-Regelversorger mit direktem großen Reha-Zentrum bleiben.
Gilt das Versprechen, alle drei Ameos-Krankenhäuser zu retten, nicht mehr? Doch, versichert jetzt auf Nachfrage der Redaktion die Ameos-Geschäftsführung in Oberhausen. Sie räumt allerdings ein, dass Ameos noch am Zukunftskonzept für das Marienhospital bastelt. „Wir sind wegen des zukünftigen Leistungsangebotes des Klinikums St. Marien Oberhausen im engen Austausch mit den landespolitischen Gremien. Die finalen Entscheidungen zum künftigen Angebotsportfolio werden wir erst dann kommunizieren, wenn es belastbare Entscheidungen gibt“, äußert sich Cornelia Koch, die neue Direktorin aller drei Oberhausener Ameos-Kliniken, auf Fragen der Redaktion vorsichtshalber so unkonkret wie möglich. Was sie aber schon weiß, ist: „Unsere Zukunftsvision, das Ameos Klinikum St. Marien Oberhausen zu einem Zentrum für Medizin im Alter auszubauen, wird weiter verfolgt.“
Die Schließungen der Abteilung Innere Medizin und der Notaufnahme in Osterfeld verteidigt Koch. Man wolle St. Clemens als „zentrale somatische Schwerpunktklinik“ betreiben. Durch die Zentralisierung der Notaufnahme in Sterkrade könne man Patienten besser behandeln. Zu den Gründen, warum die erst im September 2021 eröffnete Palliativstation in Osterfeld nun ebenfalls dort schließt und in Sterkrade aufgebaut wird, äußert sich die Krankenhaus-Leiterin trotz klarer Fragen der Redaktion lieber nicht.
Einen Hoffnungsschimmer gibt es für das Marienhospital allerdings: Auch nach dem jetzt vollzogenen Umzug der Geriatrie-Station bleibt die Oberhausener Ameos-Chefin dabei, dass die Verlagerung der Klinik für Geriatrie (Altersmedizin) nach Sterkrade nur vorübergehend notwendig ist – „aufgrund knapper personeller Ressourcen“. Aktuell stünden aber die Sicherung der Patientenversorgung und die Integration der Akut-Geriatrie ins Klinikum St. Clemens im Mittelpunkt. Vor Ort in Osterfeld sind jetzt nur noch: die Schmerzklinik, die Geriatrische Tagesklinik, Therapie- und Reha-Maßnahmen – ein Mini-Angebot.