Oberhausen. Im Zentrum Altenberg haben sich zum ersten Mal nach anderthalb Jahren wieder die Club-Türen geöffnet. Und plötzlich ist das Interesse gewaltig.

Am Abend zuvor haben die Veranstalter von „Adults Only“ auf ihrer Facebook-Seite ein Youtube-Video geteilt. Der launige Musik-Clip „Dance again“ (zu deutsch: "Tanze wieder") der schwedischen Synthpunk-Gruppe Kite wirkt im Internet wie eine Betriebsanleitung.

In der frühen Freitagnacht betreten die ersten Nachtschwärmer nach anderthalb Jahren wieder ihre abhanden gekommene Tanzfläche. Wie fühlt sich die Rückkehr im Zentrum Altenberg an?

Am Eingang stehen die treusten Stammgäste noch vor einem Holztisch. Der Wind weht lau, bunte Lichter illuminieren die alten Industriefenster. Aus der Eingangstür schallen abgeschnittene Klangfetzen nach draußen.

Zentrum Altenberg: Stammgäste vermissen soziale Kontakte

Die zwei Security-Mitarbeiter müssen keine Warteschlangen bändigen. Aber nach und nach stellen sich Gäste an, zücken ihre Impfnachweise und Personalausweise. „Alles klar. Viel Spaß!“ Bis zum frühen Morgen wird dieser Satz noch rund 300 Mal über ihre Lippen treten. Keine schlechte Besucherzahl.

„Ein bisschen komisch fühlt es schon an“, sagen einige Nachtschwärmer, die eintreten. „Aber das Leben muss ja irgendwie weitergehen.“ Bei „Adults only“ trifft sich die reifere Tanzklasse. 25 Jahre plus. Das Alter geht aber gerne bis in die 50er hoch.

Gerade hier gehen nicht nur Individualisten schwofen. Aus Tanzflächen-Bekanntschaften sind längst Freundschaften geworden. Man kennt sich. Schnackt. Tanzt. Und tauscht sich über die Alltagswoche aus. Die Diskothek als Sozialraum.

„Es hat viel gefehlt“, sagt Markus Rokitta. Während des Lockdowns war der 42-Jährige mit Club-Freunden über Whatsapp in Kontakt. Kurze Treffen im Freien gab es zwar. Aber das Menschliche fehlte. Vor den Disco-Türen ist er sich mit seinen Kollegen einig: „Während des Lockdowns hat man gemerkt, was echte Freundschaften sind.“

Zentrum Altenberg: So vertraut - und doch so ungewohnt

Sejla ist ein bisschen nervös. Doch dass sich die 39-Jährige am ersten Tag der Wiedereröffnung auf die Tanzfläche begibt, war für sie trotzdem schnell klar. „Ich bin einfach neugierig wie es wird. Wie viele bekannte Gesichter kommen. Ob es die Atmosphäre von früher überhaupt noch gibt.“

Den Respekt vor der Pandemie hört man in vielen Gesprächen heraus. Es klingt nicht nach Gleichgültigkeit. Die Corona-Inzidenz liegt in Oberhausen am Freitag bei knapp 156. Aber man spürt zugleich das Verlangen nach sozialen Kontakten. Einige Gäste haben Tränen in den Augen. Das Wiedersehen fällt herzlich aus. Geimpft oder Genesen sind bei "Adults only" alle - keiner zeigt am Freitag einen teuren PCR-Test vor.

Im Herzstück der Diskothek steigt indes die Stimmung. „Enjoy the Silence“ von Depeche Mode animiert wie eh und je. DJ Sascha kennt seine Pappenheimer. Es wird sofort getanzt - der Reflex hat den Lockdown überlebt. Es wird sich nicht geschoben, aber es ist ordentlich gefüllt. Der Blick in die grellen Scheinwerfer wirkt heute vertraut - und zugleich sehr ungewohnt.

Die Macher vom Zentrum Altenberg konnten die Besucherzahlen vorher kaum abschätzen. Nun stellen sie fest: Das Interesse ist sogar etwas größer als vor der Pandemie.

Zentrum Altenberg: Nette Geste fürs Personal erfreut das Herz

Lange musste auch Wilfred Gbadago pausieren. Woche für Woche kümmert sich den Mann aus Ghana im Zentrum Altenberg um saubere Sanitäranlagen. Er begrüßt fast jeden Gast persönlich. Sein bekannter Spruch „Respect Man“ besitzt hier zu Recht Kult-Status.

Auch ihm geht der Neustart nah. Erst recht als Jessica Müller, Britta Hansmeier und Sonja Sowada um die Ecke biegen. Die Mädels tanzen häufiger bei „Adults only“ und haben Wilfred Gbadago zum Wiedersehen eine Tüte mit Weingummi mitgebracht.

„Das ist eine schöne Überraschung“, sagt der Kult-Klomann sichtlich gerührt. „Das Wiedersehen nach einer so langen Zeit macht dadurch doppelt Freude.“

Es sind die kleinen Zwischentöne der ersten Tanznacht, die erst um 4.30 Uhr enden wird.

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Das Zentrum Altenberg durfte, wie andere Tanz-Clubs, während der Corona-Pandemie nicht öffnen. Zwischenzeitlich gab es hier nur wenige Sitzplatz-Treffen und Live-Streams im Internet. Derzeit dürfen nur Geimpfte, Genesene und PCR-Getestete tanzen.

Zum Neustart legte das soziokulturelle Zentrum seine drei Formate auf. Am Donnerstag „Düsterdisco“ (230 Besucher), Freitag „Adults Only“ (300 Besucher) und Samstag „Disconaut“ (600 Besucher) für Jüngere. Die eigene Besucher-Obergrenze liegt im Altenberg derzeit bei rund 600 zeitgleichen Tänzern. Der Gastrobereich Schmiede wird nach dem Umbau wieder genutzt.