Oberhausen. 3000 Fans bejubelten Rapper Sido beim Konzert in Oberhausen. So viele wie seit anderthalb Jahren nicht mehr. Das wirkt vertraut - und ungewohnt.

„Ich und keine Maske“ nannte Sido sein Ende 2019 kurz vor der Pandemie erschienenes achtes Soloalbum. Damals ahnte er wohl nicht, wie meilenweit er damit künftig daneben liegen wird. Daher durfte der Rapper am Freitagabend seine Konzert-Rückkehr nach langer Corona-Zwangspause auf dem Freigelände neben der König-Pilsener-Arena sehr persönlich nehmen.

3000 Fans. Eine zweistündige Rap-Rundreise aus knapp 20 Jahren Wort-Wumms. Aufkeimende Rufe nach Zugaben. Süßlicher Geruch in der Luft. Und ein Hauptdarsteller in Wiedergeburtsstimmung. Nach langer Zeit auf Eis taut Sido Oberhausen auf: „Das fühlt sich an wie das erste Konzert meines Lebens!“

Sido: Konzert-Wiedergeburt neben dem Centro Oberhausen

Nun. Ganz so arg hat er auf dem abgesperrten Gelände neben dem Einkaufszentrum Centro Oberhausen mit dieser Emotionsexplosion nicht einmal übertrieben.

Knapp anderthalb Jahre hat die Arena Oberhausen kein Normalo-Konzert gesehen. Und dass DSDS-Pensionär Dieter Bohlen im März 2020 einer der letzten Musikanten gewesen sein soll, der in Oberhausen ein großes Publikum zum Klatschen gebracht hat, konnte die Stadt wirklich nicht auf sich sitzen lassen. Die wenigen Autokino-Konzerte im vergangenen Sommer, unter anderem mit Sondaschule, einmal nicht mitgerechnet.

Nun also der Sido-Boomerang. Auch wenn es für ein Dach über den Kopf beim Berliner Deutschrapper noch nicht reicht. Der 40-Jährige - und ja, mittlerweile darf man Hip-Hop-Veteran schreiben, ohne zu sehr auf der Kurzwelle zu reiten - kehrt an der frischen Luft zurück. Auf dem Schotter neben dem Centro-Parkhaus 8, der sonst Schlagersängern bei Open-Air-Feten wie Oberhausen Olé als Retrospektive zum beschwipsten Mallorca-Urlaub dient.

Sido: Bass von "Mein Block" durchdringt wieder den Körper

Wer Sido tatsächlich nur aus schmusigen Jury-Gastspielen in TV-Shows wie „The Voice of Germany“ kennt, dem sei erklärt, dass der Rapper zu Beginn der Karriere sein Gesicht mit einer Totenkopf-Maske bedeckte und sich mit Liedern über den Drogenkonsum („Endlich Wochenende“) ernsthafte Probleme mit der Prüfstelle für jugendgefährdende Schriften einhandelte.

Ganz ohne Eskapaden kam er auch zuletzt nicht aus. Seine Deko-Maske hat Sido aber längst abgelegt. Und die getesteten, geimpften oder genesenen Fans konnten es ihm in Oberhausen mit den Mund-Nasen-Bedeckungen zumindest am eigenen Sitzplatz gleich tun. Auf allen Gehwegen, auch am Bierstand, musste sie dagegen weiter getragen werden. Ganz ohne Maske geht es bei Sido also doch nicht.

Die Sitzplätze, da wird keiner widersprechen, sind bei einem Rap-Reigen ungewohnt. Aber fast alle nehmen es in Kauf, um wieder Musik zu spüren. Diese durchdringt einen wirklich, wenn die Boxentürme Sidos Frühwerk „Mein Block“ durch den Körper jagen. Die Corona-Pandemie hat selbst die heißblütigsten Konzert-Fans entwöhnt. Das sieht auch der Rapper so: „Wir müssen das alles hier erst wieder lernen!“

Sido: Comeback mit Sitzplatz-Ticket und Corona-Schnelltest

Die Song-Texte beherrscht er natürlich noch, auch wenn er um Nachsicht bittet - und kräftig kokettiert. Authentischer bleibt es, wenn er angesichts zerbrechlicher Corona-Lockerungen wirbt, jeden Augenblick im Leben zu genießen und dies mit „Lass uns leben, Digger“ in Rap-Zeilen fasst.

Die steigenden Corona-Zahlen der Delta-Variante werden nicht überall Lust auf Leichtigkeit verbreiten. Stehplätze werden auf dem Open-Air-Gelände noch nicht angeboten. Auch Presswurst-Abstände zwischen den Sitzreihen bleiben aus. Zehn Stühle bilden eine Reihe. Zwischen jeder Reihe entstehen Puffer von einer Körperlänge nach vorne und hinten.

Es jubeln Kinder mit ihren Eltern, harte Typen mit dunklen Sonnenbrillen, Girlies, die Arme taktvoll nach vorne wippen. Der Straßenkampf von damals ist bei Sido weniger geworden. Bei seinem Werben, die „Bilder im Kopf“ statt mit dem Handy festzuhalten, kann man zustimmend nicken.

Bei den langen Warteschlangen vor den Getränkeständen neben der Bühne sollten die Konzert-Macher dagegen nachbessern.

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Die Freiluft-Konzert-Reihe „Vor deiner Tür“ neben der Arena Oberhausen wird fortgesetzt - mit Max Giesinger (17. Juli), Saltatio Mortis (23. Juli) und Johannes Oerding (31. Juli). Tickets kosten zwischen 39 und 64 Euro.

Konzert-Besucher müssen einen negativen Corona-Schnelltest vorweisen, der nicht älter als 24 Stunden ist. Vollständig geimpft und genesen zählt ebenfalls. Das Gelände ist in drei Sektoren unterteilt, die eigene Gastronomie und WC-Anlagen besitzen. Die Maske darf erst am eigenen Sitzplatz abgenommen werden.