Oberhausen. Awo-Vorsitzender Jochen Kamps möchte Oberbürgermeister von Oberhausen werden. Doch bevor er zur Wahl antreten kann, muss er die Basis überzeugen. Die muss nämlich erst noch darüber abstimmen, ob sie ihn oder doch den jetzigen Kämmerer Apostolos Tsalastras ins Rennen schicken wollen.
Herr Kamps, Oberhausen hat große finanzielle Probleme, viele Langzeitarbeitslose, zu wenige Unternehmen, die Bevölkerung schrumpft. Warum möchten Sie denn überhaupt Oberbürgermeister in dieser so schwierig zu regierenden Stadt werden?
Jochen Kamps: Ja, dass habe ich mich natürlich auch schon gefragt und meine Entscheidung reiflich überlegt. Aber ich möchte gerne Verantwortung für die ganze Stadt übernehmen, denn ich habe Ideen, wie man die Zukunft Oberhausens positiv und erfolgreich gestalten kann.
Wo hat denn nach Ihrer Meinung Oberhausen Nachholbedarf?
Kamps: Vor allem im Wirtschaftsbereich müssen wir mehr machen, da müssen wir unbedingt nachjustieren und mehr Geschwindigkeit aufnehmen. Denn Oberhausen benötigt mehr Arbeitsplätze und mehr Firmen, die sich in unserer Stadt ansiedeln. Außerdem müssen wir die hohe Langzeitarbeitslosigkeit in Oberhausen viel stärker bekämpfen – auch mit ungewöhnlichen Maßnahmen.
Woran liegt es, dass Oberhausen schon so lange so viele Langzeitarbeitslose hat?
Zur Person
Geboren am 3. November 1957 in Herford/Westfalen; Schulzeit: Hauptschule Alstaden Fachoberschulreife mit Qualifikation; Ausbildung/Studium an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung; Diplom-Verwaltungswirt
Beruf: 1973 bis 1989 Stadt Oberhausen (u.a. Amt für Umweltschutz/Stadtsanierung, Bauordnungsamt, Schulamt); 1989 Geschäftsführer des Zentrums für Arbeit und Qualifikation (ZAQ); 1993 zusätzlich Geschäftsführer der AWO, der Transfer-Personalservice GmbH, der Trivium gGmbH und zweier Stiftungen.
SPD: Seit 34 Jahren SPD-Mitglied, Bürgermitglied im Sozialausschuss, Mitglied der Arbeitskreise Soziales/Jugend/Schule der SPD-Fraktion im Rat der Stadt.
Privat: wohnhaft in Schmachtendorf, verheiratet mit Monika Henrichs, Grundschulrektorin i. R.,zusammen vier erwachsene Kinder, ein Enkelkind. Hobbys: Fußball, Musik, Kunst.
Kamps: Dafür gibt es natürlich sehr viele Gründe. Wir hatten eigentlich nicht zu wenige Förderangebote der Arbeitsagentur und anderer Institutionen. Nein, ich glaube entscheidend ist, dass wir hier mehr Arbeitsplätze schaffen müssen. Das können wir auch erreichen. Darüber hinaus benötigen wir aber auch staatlich finanzierte Arbeitsplätze für diejenigen, die den Anschluss an den ersten Arbeitsmarkt verloren haben.
Warum soll ein Unternehmen nach Oberhausen kommen?
Kamps: Wir haben ja eine tolle Infrastruktur, wir liegen sehr zentral, in der Nähe sind nicht nur Autobahnen, sondern ist auch der Duisburger Hafen. Das Angebot an Arbeitskräften ist in der Region insgesamt gut. Wir müssen leider hier hohe Gewerbesteuersätze berechnen, aber im Gegenzug sollten wir dafür sorgen, dass die Unternehmen dafür einen hohen Gegenwert erhalten: Einen schnellen Service der Stadt, eine intensive Betreuung der Wirtschaftsförderung für alle Betriebe, die die Bedarfe der Unternehmen ermittelt und zügig für Lösungen sorgt.
Mehr aus dem Schulsystem herausholen
Muss sich Oberhausen nicht auch mehr in der Bildung engagieren? Die Schüler unserer Stadt schneiden bei den Lernstandserhebungen im Lande vergleichsweise schlecht ab.
Kamps: Tatsächlich kann man mehr aus unserem Schulsystem herausholen. Man muss die vorhandenen Potenziale der Pädagogen durch stärkere Kooperation besser ausschöpfen und zudem muss die Stadt entscheidungsfreudiger bei der Gestaltung der Bildungslandschaft werden. Das heißt, wir müssen die Profile der einzelnen Schulen stärken und auch mutiger sein bei der Errichtung neuer Schulformen.
Was wollen Sie sonst in Oberhausen verbessern, wenn Sie Oberbürgermeister werden?
Kamps schätzt seinen Kontrahenten
Was halten Sie von Ihrem parteiinternen Konkurrenten um die OB-Kandidatur, Kämmerer und Kulturdezernent Apostolos Tsalastras?
Kamps: Ich kenne ihn schon aus seiner Zeit beim Awo-Bundesverband. Wir sind immer gut miteinander ausgekommen und ich schätze seine offene und kollegiale Art.
Sehen Sie die Gefahr, dass der Verlierer am Ende des parteiinternen Wettbewerbs beschädigt aus dem Konkurrenzkampf herausgeht?
Kamps: Nein, das glaube ich nicht. Würde ich nicht gewählt, gehen Apostolos Tsalastras, die gesamte Politik und Stadtverwaltung nicht anders mit mir um und ich nicht mit ihnen als vorher. Genauso wäre es im umgekehrten Fall.
Ist es für Sie ein Nachteil, dass Sie mit 57 Jahren älter sind als Ihr Mitkonkurrent, der 50-jährige Apostolos Tsalastras?
Kamps: Nein, das sehe ich nicht als Nachteil. Ich fühle mich jung und dynamisch genug, diese Aufgabe zu übernehmen. Im Fußball heißt es immer, es gibt gute oder schlechte Spieler, das Alter ist da nicht entscheidend.
Rechnen Sie mit einem klaren Ergebnis bei der internen SPD-Wahl oder einem sehr knappen Ausgang?
Kamps: Das kann man nur schwer einschätzen. Aber ich wünsche mir ein ganz klares Ergebnis, damit man weiß, in welche Richtung die Partei gehen will.
Kamps: Für mich ist ein zentraler Punkt, dass die Entscheidungen der Politik, des Rathauses und der Stadttöchter transparenter verlaufen als bisher. Den Bürgern müssen Sachverhalte und geplante Problemlösungen viel besser erklärt werden. Viele Dinge sind gut gedacht, aber sie werden nicht richtig kommuniziert – und deshalb gerät man in Schwierigkeiten. Als Beispiel nehme ich mal RWO. Die Lösung zur Rettung des Vereins ist richtig, aber die Art und Weise, wie dies öffentlich vermittelt wurde, hätte besser laufen können. Man muss die Gründe für eine Entscheidung deutlich machen, um möglichst viele Bürger mitzunehmen.
Sie betonen ja immer, dass Sie einen anderen politischen Stil pflegen als der bisher in dieser Stadt ausgeübt wurde. Was meinen Sie damit?
Kamps: Ich glaube, wir müssen mehr miteinander reden – und zwar mit allen Parteien. Es ist zwingend erforderlich, dass die Parteien im Rat gemeinsam um gemeinsame Lösungen ringen. Oft stehen leider eben nicht die Sachthemen im Vordergrund, sondern die jeweilige parteipolitische Profilierung. Die Opposition ist bei den letzten Wahlen ja nicht ohne Grund so stark geworden, offensichtlich gibt es Probleme der Bürger, die wir Sozialdemokraten so nicht erkannt haben. Darauf müssen wir mit Fachleuten stärker eingehen.
Die Mehrheitsverhältnisse im Rat sind für die rot-grün-gelbe Koalition knapp, auf die Stimme des Oberbürgermeisters kommt es an. Macht dies die Arbeit für den künftigen Oberbürgermeister nicht ungeheuer schwierig?
Kamps: Ja, das wird sehr schwierig. Diese politische Lage in Oberhausen setzte einen kooperativen Stil des künftigen Oberbürgermeisters voraus. Bei einer Stimme Mehrheit muss man stärker moderieren, stärker auf andere zugehen, um Gemeinsamkeiten über die Ampelkoalition hinaus zu finden.
Entscheidungsfreudig, kreativ und praktisch
Was sehen Sie eigentlich als Ihre persönlichen Stärken und Schwächen an?
Kamps: Ich bin entscheidungsfreudig, habe viele Ideen für kreative praktische Lösungen. Wenn ich von einer Änderung überzeugt bin, dann bin ich dabei positiv penetrant: Ich bin hartnäckig, bis die Lösung umgesetzt ist. Meine Schwäche ist vielleicht, dass ich im politischen Geschäft nicht so beheimatet bin wie andere.
Sie haben aber auch im Vergleich zu Ihrem Konkurrenten, Kämmerer und Kulturdezernent Apostolos Tsalastras, deutlich weniger Rathaus-Erfahrung, auch wenn Sie zu Beginn Ihrer Berufslaufbahn hier 16 Jahre lang tätig waren. Wissen Sie genug, wie man eine Stadtverwaltung zu führen hat?
Kamps: Ja, davon bin ich überzeugt. Ich bin regelmäßig im Rathaus, bin in vielen Ausschüssen und Gremien tätig. Ich kenne viele Leute in vielen Abteilungen, ihre Einschätzungen, ihre Aufgaben, ihre Probleme. Ich habe einen anderen, aber tiefen Einblick ins Rathaus und verfüge über umfangreiche Leitungserfahrung aus meiner Tätigkeit beim ZAQ und der AWO.
Muss der neue Oberbürgermeister im Rathaus erst einmal aufräumen?
Kamps: Aufräumen ist dabei der falsche Begriff, das verschreckt und verängstigt nur Leute. Nein, es gibt viele Menschen im Rathaus, die sehr viel arbeiten, aber auch andere, deren Potenzial man noch heben kann. Da arbeiten viele so vor sich hin, es fehlt eine Orientierung – auch um effizienter zu werden. Es ist wichtig, dass man gemeinsam mit den Kollegen dort versucht, Probleme zu analysieren und dann Lösungen findet.
Sie entstammen ja einer bekannten sozialdemokratischen Familie. Sie sind als Awo-Geschäftsführer Nachfolger der früheren stellvertretenden SPD-Fraktionsvorsitzenden Heide Kamps. Und Ihre Tochter arbeitet ja als Geschäftsführerin bei der SPD. Ist das ein Vorteil oder ein Nachteil für Sie?
Kamps: Also, erst einmal bin ich stolz darauf, aus einer Familie mit einer sozialdemokratischen Grundüberzeugung zu stammen. Aber ohne Leistung nützt auch der Name nichts. Dass wir diese Überzeugung an unsere Tochter weitergegeben haben, die ja freiwillig von sich aus Politikwissenschaft studiert hat, das freut mich auch. Wir sind ja kein Clan oder eine Dynastie, sondern eine engagierte SPD-Familie mit durchaus kritischem wohlwollendem Blick auf ihre Partei.