Mülheim.

Wie ein hübsch beleuchteter Picknickplatz präsentierte sich die Mülheimer Freilichtbühne am lauen Samstagabend. Ein VW-Bully parkte vor der Felswand, ein Lagerfeuer loderte, zwischen Grasbüscheln steckten Fackeln, auf zwei Tischen standen diverse Flaschen griffbereit, am Rand wartete ein Grill.

Gegen 20.30 Uhr eröffnete ein heftiger Knall die Experimentalvorlesung von Chemie-Professor Ferdi Schüth, dem Dr. Wolfgang Schmidt und Andre Pommerin assistierten. Drei Max-Planck-Wissenschaftler machten ihren Beruf zum Hobby, die tausendfache Menge an Menschen jeder Altersgruppe verfolgte dies von überfüllten Rängen.

Chemie-Show folgte rotem Faden

Prof. Ferdi Schüth in seiner Rolle als Entertainer kann augenscheinlich auf einen größeren Fankreis bauen. Einige Zuschauer haben schon frühere seiner Chemie-Shows erlebt, versichern aber, diese hier sei kein Aufguss, sondern habe durchaus Neuigkeitswert. Sie folgt einem roten Faden: der hundertjährigen Historie des Mülheimer Max-Planck-Institutes, und gehörte mit zum Jubiläumsprogramm, als populärster Bestandteil.

Im Laufe des langen Abends, bei dem das geräusch- und lustvolle Abfackeln unter Einsatz von flüssigem Sauerstoff eine zentrale Rolle spielte, kamen zunächst Kohle und Kaffee zum Einsatz, später u.a. mit Wasserstoff prall gefüllte Partyballons, Schießbaumwolle, explosionsstarke Honigsmacks oder Spülschwämme. Wunderkerzen flogen in eine Wanne voller Knallgasblasen. Am Ende flutete gar flüssiges Eisen spektakulär Teile der Bühne, als hätten sie hier einen Hochofen.

Viel Applaus für die Wissenschafts-Show

Ferdi Schüth, der sich erneut auch als Feuerschlucker in Szene setzte, vermittelte nebenbei einige Basics der Chemie und zelebrierte mit seinen Kollegen und professionellem Material eine kindliche Freude am Knalleffekt, die vor allem einem Motto folgt: „Mehr!“ So wurde es eine ausgedehnte Show, deren Publikum in der Pause um einige Eltern mit jüngeren Kindern sowie Hundebesitzer schrumpfte, aber letztlich bis 23.10 Uhr noch manche Highlights setzte.

Lampenfieber hätten sie vor jeder Show, gesteht der renommierte Forscher, richtig ins Schwitzen kam er nur einmal: als beim extrem angefachten Würstenchengrillen einige glühende Brocken in die mittleren Zuschauerränge flogen. Es waren aber keine Klagen zu hören, ganz im Gegenteil: Am Ende ernteten die drei Weißkittel ordentlichen Applaus für eine Wissenschafts-Show, die ihresgleichen sucht.

Max-Planck-Institut finanziert die Show

Die Regler Produktion e.V. ist als Pächterin der Freilichtbühne zwar Mitveranstalterin des Experimental-Events. Dieses wurde jedoch, wie in früheren Jahren, bei freiem Eintritt vom Max-Planck-Institut für Kohlenforschung konzipiert, umgesetzt und finanziert.

Dass manche Chemikalien effektvoll, aber auch sehr teuer sind, streute Prof. Ferdi Schüth während der Vorführung ein. Die Kosten der verwendeten Materialien lägen „irgendwo zwischen 500 und 1000 Euro“, erklärte er später auf Anfrage. Dies würde nicht eigens aufaddiert, denn viele Chemikalien seien im Institut ohnehin vorrätig, und „manches bestellen wir extra für die Show“.

Die Finanzierung lief jetzt über den Etat für Öffentlichkeitsarbeit im Zusammenhang mit der 100-Jahr-Feier des Mülheimer MPI. Früher, so Schüth, seien zum Teil auch wissenschaftliche Preisgelder für die populäre Vorlesung eingesetzt worden. Als tatkräftige Helfer waren dieses Mal in der Arena angehende Veranstaltungstechniker des Berufskollegs Stadtmitte vor Ort: In ihren Händen lagen Licht und Ton auf der großen Bühne.

Neuauflage im Jahr 2016 ist wahrscheinlich

Seit 2008 traten die Weißkittel verlässlich im Zweijahres-Rhythmus auf. Ob man 2016 mit einer Neuauflage ihres Chemie-Spektakels rechnen darf, liegt natürlich nicht allein in der Macht der Mitwirkenden. Eine Garantie mag Prof. Ferdi Schüth auch nicht abgeben, versichert aber: „Uns Dreien macht die Show in der Freilichtbühne selbst so viel Spaß, dass die Wahrscheinlichkeit sicher hoch ist...“

Schon ab Donnerstag wird das Gelände des alten Steinbruchs erneut illuminiert, sehenswert, aber weniger knallig: beim Lichtkunstfestival an vier Abenden.