Mülheim. . „Ich liebe Sprachen“, sagt Dr. Maria Castro. Mit ihrem Gegenüber parliert sie gern in der Muttersprache Spanisch; aber auch in Englisch, Deutsch oder Französisch klappt das wunderbar. Castro liebt auch die Dichtung, verfasst selbst Poesie. Und dann hat sie noch eine Leidenschaft: die Chemie.

Die Kreativität ist die Kraft, die Dr. Maria Castro antreibt. Egal, ob sie einen Stift ergreift, um ein Gedicht zu verfassen – oder ob sie den Kittel überzieht, um im Labor nach neusten Erkenntnissen zu streben. „Alles ist zurückzuführen auf diese eine Wurzel“, sagt sie. Und bei allem gelte: „Ich möchte die tieferen Zusammenhänge der Dinge verstehen.“

Begonnen hat die Karriere der Spanierin anders als die der meisten ihrer Kollegen am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung. Auch im Laufe der Jahre verlief längst nicht alles gradlinig in Richtung Wissenschaft. Immer wieder kam ihr die Liebe zur Poesie dazwischen – und auch die Liebe zum Menschen und zum sozialen Tun.

Die erste Leidenschaft Maria Castros war die Sprache

Die erste Leidenschaft Maria Castros war die Sprache. Mit einem Buch, das für spanische Gastarbeiter gedacht war, brachte sie sich als 14-Jährige die ersten Brocken Deutsch bei. Der Unterricht am Gymnasium tat sein Übriges. Dass die Welt mehr zu bieten hat, als das Leben einer braven Schülerin in Madrid, fühlte sie bereits. Internationalität lag ihr im Blut: Die Mutter ist Kolumbianerin, der Vater Spanier. Nach der Schule blieb sie trotzdem zunächst zum Chemie-Studium in der spanischen Hauptstadt – doch schon beim Stipendium in Graz ging es vor allem um eines: um Sprache. Castro absolvierte einen Dolmetscherkurs, „dabei dachte ich in Österreich anfangs: ,Oh Gott, hier verstehst du ja nichts’.“ Das legte sich, und auch in der Freizeit der Studentin drehte sich alles um Worte und Wörter: „Ich habe damals viel geschrieben“; zu den Gedichten gesellten sich Kurzgeschichten.

Sie solle doch Journalistin werden, hatte ihr einst eine befreundete Schriftstellerin geraten. „Doch ich war scheu und habe mich nie gesehen als jemanden, der anderen offensiv Fragen stellt.“ Sie habe eher im Stillen arbeiten wollen, und vor allem mit der Natur. Auch wenn Worte viel bedeuten, sie stark und gewichtig seien – „die Wahrheit findet man eher in der Natur“. Mit jeder Wahrheit aber, mit jeder Antwort also, stellten sich sofort wieder neue Fragen. Diese zu lösen, reize sie sehr, sagt Castro – und mit einem Mal spricht die Forscherin aus ihr. Die Person also, die in Edinburgh und Saint Andrews letztlich zurückfand zur Chemie.

In einem Dorf auf Fuerteventura baute Castro eine Theatergruppe auf

Vorab aber – nach der Zeit in Graz – war sie drei Jahre ausgestiegen und hatte sich sozialer Arbeit gewidmet: In einem Dorf auf Fuerteventura baute Castro eine Theatergruppe auf. Und zwischendurch flog sie regelmäßig nach Chicago, um Deutsch zu lehren. Nebenbei wuchs das literarische Werk – immer auf Spanisch übrigens – und sie begann, intensiv zu malen.

Dann kam der nächste radikale Wechsel im Leben der Spanierin, die ihr Alter übrigens ungern verrät, lediglich von „Mitte 30“ spricht: Nach und nach sei ihr klar geworden, sagt Castro, „dass ich beides brauche“. Die Sprache also, und die Wissenschaft. Wie erwähnt, kehrte sie zurück zur Chemie, arbeitete in Schottland – und Frankreich – und war offenbar auch dort erfolgreich. Anders wäre es kaum gelungen, einen der Plätze in Mülheim zu erhaschen: Seit Oktober 2012 forscht sie in der Abteilung „Heterogene Katalyse“ von Prof. Dr. Ferdi Schüth und erkundet so genannte Zeolithe.

Die Poesie begleitet sie weiterhin. „Häufig ist es ein hübsches Wort, mit dem ich spiele“; und manchmal finde sie ihre Inspiration auch in der täglichen Arbeit. So flossen schon Beobachtungen zum Wasser in ihre Dichtung ein. Kürzlich wurde sie Dritte in einem argentinischen Poesie-Wettbewerb. Das Thema waren Stromatolithen, uraltes Gestein. Wissenschaft und Poesie also kamen sich dabei sehr nah: ganz so, wie in der Person von Maria Castro.