Mülheim. Vor kurzem hat Bill Morandi noch die Sonne Kaliforniens genossen und mit einem Nobelpreisträger zusammengearbeitet. Dieses Leben aber hat er bereitwillig aufgegeben, als ein Angebot aus Mülheim an der Ruhr kam. Er könne Gruppenleiter am MPI für Kohlenforschung werden, hieß es – und er griff zu.

Von Los Angeles nach Mülheim – vom „Hotspot“ gewissermaßen in die Provinz. Dr. Bill Morandi macht das wenig aus, er kann dem Umzug aus der hippen Megastadt ins eher ruhige Revier eine Menge Positives abgewinnen. Da ist zum einen seine heiß geliebte Arbeit: Als unabhängiger Forschungsgruppenleiter am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung findet er vor Ort genau die Bedingungen, die er braucht, um seinen Weg Richtung Professur zielstrebig weiterzugehen. Und da ist zum anderen das Plus an Lebensqualität, das der Schritt über den großen Teich gebracht habe, sagt er.

„Das Leben in den USA war zwar sehr schön, die Kultur hat mir gut gefallen, die offene Art und der Sonnenschein – aber die Sicherheit ist dort einfach nicht so gut wie hier.“ Mit seiner Familie, zu der auch die dreijährige Kayla gehört, fühle er sich in Europa viel wohler, sagt der gebürtige Schweizer. Das Sozialsystem sei besser, vor allem das Krankenversicherungssystem. Schon allein wegen der Kosten: „Dort habe ich 1200 Dollar monatlich bezahlt“, einen viel höheren Anteil des Gehaltes also als in Deutschland. „Und auch die Primarschulen sind nicht besonders gut. Und Privatschulen kosten schnell 50 000 Dollar im Jahr.“ Man verdiene als Forscher in den USA zwar besser – „aber hier hat man deutlich mehr vom Geld“.

Der Chemiker zählt das Institut „zu den Top fünf in der Welt“

Außerdem – und das ist das Wichtigste – gibt es in Mülheim Katalyseforschung vom Allerfeinsten. Der Chemiker zählt das Institut auf dem Kahlenberg „zu den Top fünf in der Welt“. Und er kommt ja nicht von Irgendwo her, sondern ebenfalls von Topleuten und Topbedingungen: Bis vor einigen Wochen hat er als Postdoktorand am renommierten California Institute of Technology – besser bekannt als Caltech – bei niemand Geringerem als Nobelpreisträger Robert Grubbs geforscht.

1983 in Fribourg im französischsprachigen Teil der Schweiz geboren, spürte Bill Morandi früh, dass die Naturwissenschaft seine Bestimmung ist. Er studierte Biologie an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich, schwenkte dann um auf Biochemie und beschäftigte sich während der Doktorarbeit mit klassischer, genau genommen organischer Chemie. Es war ganz klar diese und keine andere Disziplin, die ihn begeisterte.

"Klar die beste Stelle"

Als die Postdoktoranden-Zeit in Kalifornien nun ablief, schaute sich der Wissenschaftler weltweit nach Stellen um, führte intensive Gespräche in Chicago, Atlanta, Wien. . . „Ich saß die ganze Zeit im Flieger“, erzählt Morandi. Dann kam das Angebot aus Mülheim, „und es war klar die beste Stelle“. Nun baut der Neu-Mülheimer die Forschungsgruppe „Homogene Katalyse und Reaktionsdesign“ auf, zehn Leute werden letztlich mit ihm zusammenarbeiten. Für rund fünf Jahre wird er in der Stadt bleiben, schätzt der Forscher. Dann, so hofft er, erfüllt sich der Traum von der Professorenstelle – irgendwo auf dieser großen, weiten Welt. . .

„Eine Stelle, um sich Sporen zu verdienen“

Bill Morandi ist seit Juli 2014 in der Abteilung Homogene Katalyse von Prof. Dr. Benjamin List beschäftigt. Um die von der Max-Planck-Gesellschaft ausgeschriebene Gruppenleiter-Stelle zu erhaschen, musste er ein umfangreiches Bewerbungspaket einreichen, mit detaillierten Angaben zu Forschungsideen, Kosten und Personal. „Man will sehen, ob der Bewerber tatsächlich weiß, wie man Forschung betreibt.“ Das Konzept müsse in sich stimmig sein, „ob man es hinterher dann genau so umsetzt, ist nicht mehr entscheidend“.

Der Forscher sieht die Position als Möglichkeit, „sich Sporen zu verdienen“. Sie sei das Sprungbrett zur angestrebten Habilitation. Und drehe sich inhaltlich um die „Entwicklung neuer Methoden zur Herstellung gewisser Moleküle“, die beispielsweise interessant sein können für die Herstellung neuer Medikamente. „Eigentlich aber geht’s eher um Erkenntnisgewinn, als um eine konkrete Anwendung.“

Professor will Bill Morandi übrigens auch deshalb werden, weil die Lehre ihm Freude bereite. Ab 2015 unterrichtet er an der Uni Bochum, und auch in der Vergangenheit habe er schon oft Studenten betreut. „Ich finde es schön, ihre Entwicklung zu sehen“, sagt der Mann, der selbst erst gerade 31 Jahre alt ist.