Mülheim. .

Und noch ein neues Friseurgeschäft, noch ein Massagestudio... Man kommt kaum hinterher, so schnell wächst das Dienstleistungs-Angebot in der Innenstadt.

Manchmal wechseln die Inhaber nur das Ladenlokal – die Namen bleiben gleich, womöglich, um Mietkosten zu sparen. „Gefühlt“ wird die Dienstleitungssparte dominiert von Friseurgeschäften, Nagelstudios und Anbietern von Thai-Massage. Aber auch das gastronomische Angebot nimmt stetig zu, die Auslastung scheint tagsüber nicht schlecht zu sein.

Ausgewogenes Einzelhandelssortiment erwünscht

Am Löhberg wird nun Fußreflexzonenmassage angeboten, gegenüber hat kürzlich das Nagelstudio „Nails for you“ eröffnet. Ein Friseur und ein Schneider liegen in direkter Nachbarschaft, ein Sushi-Restaurant, eine Kneipe und ein Restaurant ergänzen das Angebot. Michael Fehst von der Buchhandlung am Löhberg beurteilt die Entwicklung kritisch. Einerseits wünscht er sich ein ausgewogenes Einzelhandelssortiment. Andererseits sei aber alles besser als leere Schaufenster. „Wichtig ist in jedem Fall, dass Kundschaft in die Stadt kommt“, findet der Buchhändler.

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Auch Hermann-Josef Pogge, Vorsitzender der WGI, Werbegemeinschaft Innenstadt, sagt: „In Richtung Branchenmix ist das keine gute Sache, aber das ist halt freie Marktwirtschaft.“ Britta vom Felde, Geschäftsführerin von „Body und Beach Hertha Oehler“, wünscht sich für die City einen „Unique Selling Point (USP)“, ein Alleinstellungsmerkmal, das neue Kunden in die Stadt lockt. Sie habe zum Beispiel während der Zeit der Macke-Ausstellung im Kunstmuseum neue Kunden gewonnen.

Für Marc André Heistermann vom Einzelhandelsverband Ruhr liegt der Schlüssel zur Lösung des Problems an der innerstädtischen Verweilqualität und an der Lösung des Kaufhof-Problems.

Massive Leerstände bezeugen die schwierige Situation

Auf der Bachstraße ist das Dienstleistungsangebot besonders breit gefächert, mit einem Pflegedienstanbieter, einem Zeitarbeitsunternehmen, zwei Kosmetikstudios, einer Tanz- und einer Fahrschule, einem Friseur, mehreren Gastronomiebetrieben, einer Spielhalle, einer Schneiderei und einem Sportstudio. An der Wallstraße und am Löhberg stehen mehrere Massagestudios zur Auswahl. Auch ein großes Tattoostudio ist dort schon seit langem angesiedelt.

Massive Leerstände bezeugen die schwierige Situation. Mit Ausnahme einiger alteingesessener, inhabergeführter Einzelhandelsgeschäfte, Apotheken und städtischer Anlaufstellen (Familienhebammen, Wertstadt) und Vereine (CBE) dominiert Dienstleistungsgewerbe.

Auch auf der Schloßstraße besuchen viele Passanten (Eis-)Cafés und Bäckereien. Dort, wie auf der Leineweberstraße, ist der Branchenmix ausgewogener. Aber auch hier gibt es etliche Telefonanbieter und „Ein-Euro-Shops“ – laut Marc André Heistermann ein wesentlicher Indikator für den Rückzug des klassischen Einzelhandels.

Marc André Heistermann vom Einzelhandelsverband Ruhr äußert sich im WAZ-Gespräch kritisch.

1 Wie bewerten Sie die Zunahme des Dienstleistungsangebotes in der Innenstadt?

Marc André Heistermann: Ich kann nicht begrüßen, wenn der Einzelhandel auf dem Rückzug ist. Ein Großteil der Einzelhandelsgeschäfte braucht die Kundenfrequenz. Das scheint in Mülheim ein zunehmend großes Problem zu sein, vor allem im unteren Innenstadtbereich, nahe des Kaufhofs.

2 Aber auch Dienstleister müssen ja Mieten zahlen, und das Geschäft muss sich für sie rechnen. Ändert sich das Mietniveau?

Heistermann: Da kann ich nur spekulieren. Ich gehe davon aus, dass die Vermieter wirtschaftlich denken und froh sind, ihre Lokale vermieten zu können. Möglicherweise senken sie daher die Mieten.

3 Haben Sie Lösungsvorschläge?

Heistermann: Verweilqualität ist absolut notwendig. Solange wir die Kaufhof-Frage nicht geklärt haben, wird sich daran nicht viel ändern. Für die Mülheimer Innenstadt ist meines Erachtens der Kaufhof systemrelevant