Mülheim. Politische Pläne und Beschlüsse sind das eine, die Realität ist das andere: Knapp 28 Millionen Euro hatte der Stadtrat der Mülheimer Verkehrsgesellschaft noch im Dezember als Verlust zugebilligt. Aktuelle Zahlen für den Aufsichtsrat zeigen: es werden eher 34 Millionen Euro. Tendenz steigend.
Als kürzlich die Mülheimer Verkehrsgesellschaft der Politik die ersten Quartalszahlen für 2014 präsentierte, musste der Aufsichtsrat mit Verwunderung als Zielgröße für das Defizit in diesem Jahr 33,95 Millionen und für kommendes Jahr rund 35,5 Millionen Euro zur Kenntnis nehmen.
Was als gute Botschaft verkauft wurde: bei allen Unwägbarkeiten werde es in diesem Jahr ziemlich genau eine Punktlandung geben - auf die erhöhten Zahlen. Denn im Nahverkehrsplan, der erst in der Dezember-Ratssitzung verabschiedet wurde, ist für 2014 noch ein Defizit von 27,7 Millionen Euro ausgewiesen. Das ergibt die stattliche Steigerung von 6,24 Millionen Euro. Mit der Aussicht auf noch viel mehr: Mittelfristig, so sagen es die Zahlen, wird das Defizit auf über 37,5 Millionen Euro klettern.
Alle Anstrengungen verpuffen
Die Summen erschrecken und erstaunen zugleich. Über viele Monate haben Politik, Gutachter und auch Bürger unter der Überschrift „Liniennetzoptimierung“ darum gerungen, zwei Millionen Euro einzusparen. Durch „Überraschungen“ im operativen Geschäft, wie es nun im Aufsichtsrat hieß, verpufft diese Anstrengung nun.
Kostentreiber ist für Hendrik Dönnebrink, Geschäftsführer der städtischen Beteiligungsholding, der die Verkehrsbetriebe zugeordnet sind, vor allem die Straßenbahn. „34 Millionen Euro, das sind 200 Euro pro Einwohner. Es könnte weniger sein“, sagt Dönnebrink, der schon seit Jahren den Systemwechsel einfordert, ohne Qualitätsverlust für die Bürger, natürlich.
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Größter Posten, wie er auf Anfrage der NRZ erklärt, sind aufwändige Reparaturen alter Straßenbahnen. Sorgen bereiten vor allem die Niederflurbahnen auf der Linie 112 nach Oberhausen. Sie gehören noch zu den jüngeren im hoffnungslos überalterten MVG-Fuhrpark und sollen auch weiter eingesetzt werden, wenn die neubestellten Bahnen kommen. 1,5 Millionen Euro kostet die Reparatur jeder der vier Bahnen. Auch bei der Zugsicherung und Signaltechnik sowie der Instandhaltung der Gleisanlagen gibt es einen Mehraufwand, der sich auf rund eine Million Euro summiert. Und auch der erhöhte Zinsaufwand wegen der für 27 Millionen bestellten 15 neuen Bahnen schlägt sich mit knapp 480 000 Euro nieder.
Gewünscht ist: eine „mutige Entscheidung“
„Man kann die MVG nur von der Kostenseite sanieren“, sagt Dönnebrink. Selbst wenn es gelänge, die Fahrgastzahlen deutlich zu steigern, wären diese zusätzlichen Umsatzerlöse rasch wieder von der Kostenseite her aufgezehrt. Dönnebrink erhofft sich nach der Sommerpause eine „mutige Entscheidung“ von der Politik, was in seinem Sinne bedeutet: weniger Bahn, mehr Bus.
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Ein großer Posten bei der Kostenexplosion ist nicht direkt auf die Straßenbahn zurückzuführen: Die Ausgleichszahlungen an die Nachbarstädte und die Deutsche Bahn. Das hängt mit dem zweifelhaften Zählsystem des VRR zusammen. 80 Prozent der MVG-Kunden haben Pauschaltickets wie Schoko-, Bären- oder Firmentickets. Sie haben es in Mülheim gekauft, tauchen aber bei den drei Verkehrszählungen im Jahr in einer Nachbarstadt auf. Dann muss die MVG zahlen. Der VRR hält das für repräsentativ, obwohl die Zahlen stark schwanken. Ergebnisverschlechterung allein dadurch; 1,8 Millionen Euro.