Mülheim. . Ja, aber... Die Bezirksregierung Düsseldorf hat den Mülheimer Nahverkehrsplan mit Kürzungen im Straßenbahn-Angebot zwar gebilligt, macht der Stadt aber auch Vorgaben, was nach Meinung der Aufsicht noch zu tun ist für einen zukunftsträchtigen Nahverkehr.

Die Bezirksregierung Düsseldorf hat den Mülheimer Nahverkehrsplan, der das zukünftige Bus- und Bahn-Angebot in der Stadt festlegt, genehmigt. Allerdings unter Auflagen.

Auf Anfrage dieser Zeitung bestätigte ein Sprecher der Aufsichtsbehörde am Donnerstag eine entsprechende Zustimmung zu den Beschlüssen des Stadtrates aus dem Dezember 2013. Demnach erklärte sich die Bezirksregierung damit einverstanden, dass drei Mülheimer Straßenbahn-Teilstrecken auf Dauer stillgelegt werden können, darunter der Flughafen-Ast der Linie 104, auf dem wegen Sicherheitsmängeln schon seit April 2012 ohnehin nur Busse verkehren. Daneben kann Mülheim die Linie 110 zwischen Stadtmitte und Friesenstraße in Styrum aufgeben und die Linie 102 am Waldschlösschen in Broich kappen.

Barrierefreie Umbauten gefordert

Die Bezirksregierung knüpfte ihre Zustimmung allerdings an allerlei Auflagen. Unter anderem stellte sie fest, dass es weitere Einschnitte ins Straßenbahn-Angebot nicht geben dürfe.

Hier ein Überblick über die Düsseldorfer Sicht der Dinge:

1. Die Stadt darf die Straßenbahn-Strecken Hauptfriedhof-Flughafen (104), Stadtmitte-Friesenstraße (110) und Waldschlösschen (102) stilllegen. Gleichwohl bleibt die Kritik der Behörde, dass die MVG den Flughafen-Ast im April 2012 rechtswidrig auf kaltem Wege stillgelegt habe, ohne eine Abwägung in der Nahverkehrsplanung. Zur Auflage macht die Bezirksregierung den Bau einer adäquaten, barrierefreien Umstiegsmöglichkeit am Hauptfriedhof zwischen Straßenbahn und neuer Buslinie 130 (über Raadt und Haarzopf zum Rhein-Ruhr-Zentrum). Außerdem gelte es, die alte Bahntrasse so zu nutzen (etwa als Radweg), dass eine Wiederaufnahme des Bahnbetriebs möglich bleibt. Gegen das Aus für die Linie 110 gibt es keine Einwände. Möglich sei aber, dass der VRR Fördermittel für den barrierefreien Umbau der Haltestelle am Bahnhof Styrum zurückfordert. Zur Kappung der Linie 102 am Waldschlösschen fordert das Düsseldorfer Verkehrsdezernat an Ort und Stelle den Bau einer barrierefreien Haltestelle zum Umstieg von Bahn auf Bus.

Busse schwächen das System Schiene

2. Bekanntlich hat der Stadtrat ein neuerliches externes Gutachten zur Frage eingefordert, ob künftig noch mehr Straßenbahn- durch Busangebote ersetzt werden sollten. Die Bezirksregierung stellt schon jetzt ihr Veto in Aussicht: „Bei der anstehenden Untersuchung ist zu beachten, dass für die Aufgabe weiterer Teile oder sogar des gesamten Mülheimer Schienennetzes aus mehreren Gründen kein Raum besteht“, hieß es gestern. Ohnehin hätten Mülheims Partner bei den städteübergreifenden Linien unisono erklärt, die Linien halten zu wollen.

3. Weiter kritisiert die Bezirksregierung, dass in Mülheim zu viel Bus-Parallelverkehr zur Straßenbahn fährt und dieser damit die Chance nimmt, wirtschaftlicher zu fahren. Der Nahverkehrsplan bleibe hinter den Erwartungen zurück. Immer noch sollen fünf Buslinien über die Schloßbrücke rollen, das schmeckt der Aufsicht nicht. Weil dies das System Schiene schwäche.

Stadt soll MVG zu Defiziten anmahnen

4. Strukturell 2 Mio. Euro soll der Nahverkehrsplan ab 2017 einsparen helfen. Düsseldorf glaubt, dass die MVG auch eine Menge sparen kann, ohne weiter im Angebot zu kürzen. Geboten sei „ein kritischer Umgang mit Investitionen in diejenigen stationären Strukturen, die der Fahrgastbeförderung nur indirekt dienen und womöglich mit Einrichtungen der anderen Via-Betriebe fusioniert werden können“, so ein Sprecher. Stationäre Strukturen im Verbund mit Duisburg und Essen seien zu verschlanken. Hierzu werde sich Düsseldorf „in absehbarer Zeit“ präziser äußern. Nur so viel: Alle drei Via-Betriebe seien in ihren stationären Einheiten unwirtschaftlich aufgestellt.

5. Fahrplantreue, Sicherheit und Sauberkeit – all dies ist als Ziel im Nahverkehrsplan formuliert. Die Bezirksregierung mahnt, nötige Investitionen hierfür zügig zu tätigen. Mit Blick auf die Anforderungen müssten „weiterhin starke Defizite angemahnt werden, zu deren Abstellung die MVG von der Stadt dringlicher als bisher angehalten werden muss“.

Nach dem Säbelrasseln klein beigegeben

Vom großen Säbelrasseln der Bezirksregierung während der Mülheimer Nahverkehrsdebatte ist nicht viel übrig geblieben. Wenn auch zähneknirschend und mit Auflagen versehen, hat die Aufsichtsbehörde dem Mülheimer Begehren, zu Lasten des Straßenbahn-Angebotes zu sparen, nun doch zugestimmt.

Die kalte Stilllegung des Flughafen-Astes sei zwar rechtswidrig gewesen, wird nun aber doch toleriert. Der Stadt ist es dann doch gelungen, durch unterlassene Investitionen Tatsachen zu schaffen. Sie hat ihren Willen bekommen. Die Bezirksregierung sagt nun: So weit, aber nicht weiter! Ihre Veto-Position vertagt sie in die Zukunft. Ihr scharfes Schwert wirkt da doch reichlich abgewetzt. Ob sie in dieser Form die infrage gestellte Straßenbahn-Infrastruktur in Mülheim verteidigen kann, ist nun doch fraglich.

Gleichwohl legt die Aufsicht noch mal mahnend den Finger in viele Wunden. Ein deutliches Zeichen: Die Nahverkehrsdebatte in Mülheim ist längst nicht abgeschlossen. Es wird weiter ums Sparen, aber auch um Investitionen und Qualitätsverbesserung gehen müssen. (Mirco Stodollick)