Mülheim. Eine Mehrheit der Mülheimer möchte die zentrale Haltestelle nicht mehr missen - obwohl sie, neben dem Kaufhof, die Fußgängerzone vom Ruhrufer trennt. Doch offenbar wird ihre Bedeutung als Knotenpunkt aber höher eingeschätzt.
„Mülheim rückt an die Ruhr“, so steht es in der aktuellen, vieltausendfach verteilten Ruhrbania-Broschüre. Auf den letzten Metern zum Wasser braucht es aber Phantasie und mehr als einen, sagen wir mal, Ruckler: Der Kaufhof nimmt Sicht und Weg zum Wasser, die zentrale Haltestelle ist schon durch den Verkehrsfluss von 70 Fahrzeugen pro Stunde eine Barriere.
Dorothea Schaaf hat ihren Zeitungskiosk direkt an der zentralen Haltestelle gegenüber vom Kaufhof. Vor rund 65 Jahren gründeten ihre Eltern das Geschäft, seit 39 Jahren steht sie selbst am Verkaufstresen. Sie selbst sagt über die Haltestelle: „Das ist das Beste, was sie hier machen konnten. Wenn es sie nicht gäbe, könnten sie Mülheim hier unten zumauern.“
Schon immer ein Dreh- und Angelpunkt
Denn dann käme kaum noch jemand mehr in den Bereich der unteren Schloßstraße. Schon früher sei die Straße vor dem alten Kaufhofgebäude ein Dreh- und Angelpunkt des öffentlichen Lebens in Mülheim gewesen. Schaaf: „Hier fuhren schon immer Straßenbahnen. Das kann man auf alten Bildern oder Postkarten noch sehen. Die Haltestelle gab es also auf die ein oder andere Art schon immer.“ Den Eindruck, dass sie eine Barriere zwischen der Innenstadt und der Ruhr darstellt, teilt Dorothea Schaaf nicht. „Das ist doch hier direkt um die Ecke. Wer sich auskennt, der ist in wenigen Minuten da.“
Alle anderen könnten sich durchfragen und kämen auch schnell ans Ziel. „Ich selbst erkläre auch oft Menschen den Weg zum Wasserbahnhof oder zur Ruhrpromenade. Die wollen meistens mit dem Auto hinfahren, aber ich rate dann, das lieber stehen zu lassen und zu Fuß zu gehen.“ Irgendwie, so die Kioskbesitzerin, komme man immer ans Ziel. Ihre Meinung: „Die Blockaden bestehen nur in den Köpfen der Leute.“
„Wir bringen die Menschen an die Promenade“
So macht der Sprecher der Mülheimer Verkehrsgesellschaft, Nils Hoffmann, denn auch einen feinsinnigen Unterschied, wenn er auf die zentrale Haltestelle angesprochen wird: „Wir versprechen nicht den Weg zur Ruhr, wir bringen die Menschen an die Promenade“, sagt er. Hinzu kommt: Die Geschichte der Großhaltestelle ist untrennbar mit dem Kaufhof verbunden - den es nun nur noch als Ruine gibt, nicht aber als Zielpunkt. Vor diesem Hintergrund hatten wir im Bürgerbarometer auch gefragt, ob die zentrale Haltestelle an dieser Stelle noch Sinn macht. Das Ergebnis: Ja, sagt eine knappe Zwei-Drittel-Mehrheit der Mülheimer.
Auffällig zudem: 13 Prozent halten die Haltestelle nicht mehr für sinnvoll, eine noch größere Zahl aber hat dazu keine Meinung. Gerade in diesem Balken, vermuten die Meinungsforscher, könnten sich Autofahrer verbergen, für die die Haltestelle am Ende der Fußgängerzone irrelevant ist. Gleichzeitig spricht die hohe Zustimmung dafür, dass der praktische Nutzen des Knotenpunkts, auch als Stadtransit, bedeutsamer ist als seine städtebauliche Wirkung. Für die Verkehrsbetriebe ist das eine gute Nachricht. Für Stadtplaner eher nicht.