Mülheim. Eine auf den Rollstuhl angewiesene Frau, die von Mülheim nach Krefeld fahren wollte, bekam an ihrer Haltestelle keine Hilfe. Für solche Fälle hat die Mülheimer Verkehrsgesellschaft einen Begleitservice eingericht. Dieser ist jedoch nur zu bestimmten Zeiten erreichbar.

Eine NRZ-Leserin, die auf einen Rollstuhl angewiesen ist, fährt mit dem Zug von Mülheim nach Krefeld. Während sie beim Start ihrer Reise von einem freundlichen Bahnmitarbeiter die Hilfe bekommt, die sie beim Einsteigen braucht, zeigt ihr ein unfreundlicher Kollege beim Ausstieg in Krefeld die kalte Schulter und lässt sie wissen: „Da könnte ja jeder kommen.“ Auch der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Behindertenverbände (AGB), Alfred Beyer, kann sich daran erinnern, dass er nach einem Krankenhausaufenthalt zeitweise einen Rollstuhl brauchte und eines Tages an einer Speldorfer Haltestelle von einem ignoranten Busfahrer einfach stehen gelassen wurde.

Fast wortgleich beteuern die Sprecher der Deutschen Bahn und der Mülheimer Verkehrsgesellschaft: „So etwas darf eigentlich nicht vorkommen!“

Doch die zwei Erfahrungen mit der DB und der MVG werfen eine Frage auf: „Wie geht also barrierefreie Mobilität mit Bus, Bahn und Zug, wenn sie gut geht?“ Die NRZ wollte es wissen und fragte bei der DB und bei der MVG nach

Beispiel Deutsche Bahn

Wer eine Mobilitätshilfe braucht, weil er mit Rollstuhl, Rollator oder Kinderwagen auf Reisen gehen will, sollte sich spätestens zwei Tage vor Reiseantritt unter der täglich zwischen 6 und 22 Uhr erreichbaren Rufnummer 018 06/512 512 bei der in Frankfurt am Main ansässigen Mobilitätsservicezentrale der Deutschen Bahn anmelden und mitteilen, wo und wann man einsteigen, abfahren, ankommen und aussteigen will.

Die Mitarbeiter der Servicezentrale, bei denen die entsprechenden Daten und Fakten aller deutschen Bahnhöfe zusammenlaufen, sorgen dafür, dass ein Mobilitätshelfer der DB an Ort und Stelle ist oder sie geben Hinweise auf vorhandene Aufzüge und Rolltreppen. Dieser Mobilitätsservice ist kostenlos. Der Anruf bei der Service-Hotline kostet aber 20 Cent pro Minute, wenn man aus dem deutschen Festnetz anruft. Alternativ kann man den Mobilitätsservice der DB aber auch per E-Mail an: msz@deutschebahn.com anfordern.

Hydraulische Rampe fährt aus

Fährt man mit der S-Bahn, können Zugführer oder Zugbegleiter bei Bedarf per Hand eine Ein- und Einstiegsrampe anlegen. Fährt man mit einem Intercity der Deutschen Bahn, kommt eine hydraulische Hebebühne zum Einsatz, die an den Zug herangefahren wird und Rollstuhl- oder Rollatornutzern den Zustieg ermöglicht.

Ein Regionalexpress hat gleich hinter der Zugmaschine oder am Zugende einen tiefergelegten Eingang, der auch von Fahrgästen mit Fahrrad genutzt werden kann und über eine Einstiegsrampe verfügt, die bei Bedarf mechanisch ausgefahren werden kann.

Beispiel Mülheimer Verkehrsgesellschaft

Die MVG hat 2010 einen Begleitservice für in ihrer Mobilität eingeschränkte Fahrgäste ins Leben gerufen. Dieser kostenlose Service, der von 24 Mitarbeitern der MVG geleistet wird, erfreut sich zunehmender Beliebtheit. 2010 wurde er 390 Mal, 2011 790 Mal, 2012 2461 Mal und 2013 2927 Mal angefordert.

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Wer diesen Mobilitätsservice der MVG in Anspruch nehmen möchte, muss sich am Tag vor der Bus- oder Bahnfahrt zwischen 8 und 14 Uhr unter 4 51-11 33 anmelden. Aufgrund der finanziellen und personellen Grenzen kann dieser Begleitservice allerdings nur montags bis freitags von frühestens 6.45 Uhr bis spätestens 20 Uhr angeboten werden. Die Kernarbeitszeit der MVG-Mobilitätshelfer beginnt um 7.30 Uhr und endet um 19 Uhr. Wer also am späten Abend oder am Wochenende mit Handicap mobil sein will, muss sich also anderweitig helfen.

Laut MVG sollen bis 2022 alle Haltestellen mit Aufzügen oder erhöhten Einstiegsplateaus barrierefrei umgebaut sein. Bisher gelten 40 Prozent der Haltestellen als barrierefrei. Hinzu kommt, dass alle Busse und zumindest alle neu bestellten Straßenbahnen der MVG mit einer Rampe für Rollstuhl- und Rollatorfahrer sowie Kinderwagen ausgestattet sind.