Mülheim. Mit Schock-Anrufen versuchen Kriminelle besonders ältere Menschen unter Druck zu setzen und deren Geld oder Schmuck abzugreifen. Die Mittel der Betrüger werden immer perfider. Fast täglich landen solche Fälle auf dem Tisch der Mülheimer Polizei. Dahinter stecken oft organisierte Banden.

Inzwischen landen bei der Polizei täglich Kriminalfälle auf dem Tisch, bei denen ältere Menschen Opfer von sogenannten Enkeltricks wurden. Der jüngste Mülheimer Fall zeigt, dass die Täter den psychischen Druck bei ihren Anrufen erhöhen. „Da entstehen Situationen, in denen nicht nur ältere Menschen für einen Moment keinen klaren Gedanken mehr fassen können“, sagt Peter Elke, Sprecher der Polizei.

Bei der 75-jährigen Frau aus Heißen schellt das Telefon. Mit fester Stimme meldet sich ein Mann, der vorgibt, Arzt im Universitätsklinikum in Düsseldorf zu sein. Er erklärt der älteren Frau, dass ihr Sohn schwer verunglückt sei, nun im Koma liege, dringend operiert werden müsse, und dass für die Operation aber noch Geld fehle. Die fassungslose Frau steht unter Schock, hat das Geld nicht, bietet aber spontan ihren gesamten wertvollen Schmuck an. Der Mann am Telefon stimmt zu, wenig später erscheint jemand an der Tür und nimmt den Schmuck entgegen.

Trickbetrüger arbeiten in großen Teams

Erst später, als die Frau zur Ruhe kommt, wird sie stutzig, informiert Angehörige, die wiederum rufen die Polizei. Zu spät, der Täter ist über alle Berge. Es ist kein Einzeltäter, wie die Polizei weiß. Derartige Trickbetrüger arbeiten in großen Teams, grenzüberschreitend.

„Wir wissen, dass die Anrufe aus dem östlichen Ausland kommen, dass es dort regelrechte Call-Center gibt, von denen aus die Leute angerufen werden“, sagt Elke. Die Anrufe erfolgen keinesfalls nach einem Zufallprinzip. Die Täter suchen ihre Opfer gezielt aus: Wer hatte gerade Geburtstag, ein Jubiläum, ist also älter, hat vermutlich also Ersparnisse, selbst aus den Vornamen schließen die Täter auf das Alter.

Ergreifung der Täter ist schwierig

In dem Viertel, wo angerufen wird, warten die Komplizen auf den entscheidenden Hinweis: Opfer will zahlen! Diese „Helfer“ stehen wenige Minuten später meist direkt vor der Tür. „Manchmal wird sogar ein Taxi beim Opfer vorbei geschickt, wenn es das Geld nicht zu Hause, sondern auf der Bank hat und dort holen will“, berichten die Ermittler.

Die Ergreifung der Täter, sagt Elke, sei schwierig, die Erfolgsquote gering. Die Banden seien durchorganisiert, die eigentlichen Abkassierer sitzen weit entfernt in Osteuropa. „Wir haben gute Chancen, wenn wir viele Mitarbeiter haben“, betont Elke und meint damit nicht nur Zeugen, sondern vor allem auch Freunde und Familie der älteren Menschen.

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Das Erfolgsrezept der Polizei heißt in dem Fall: Skeptisch sein, sich umgehend mit Verwandten, Freunden, Nachbarn oder mit dem Pflegedienst in Verbindung setzen. „Dann wird man schnell merken, dass hier Betrüger am Werk sind.“ In dieser Art der Vorsorge sieht die Polizei die stärkste Waffe gegen die Banden.