Mülheim/Ruhr. . Bei der Räumung des Rhein-Ruhr-Zentrums am Sonntag hat die Polizei mit Erfolg eine Panik unter den 10.000 Besuchern verhindert. Auf keinen Fall sollte von einer Bombe geredet werden. Es wurde Kritik an Twitter-Meldungen und Facebook-Posts laut.

Am Tag nach der Räumung des Rhein-Ruhr-Zentrums in Mülheim wegen einer Bombendrohung sieht die Polizei sich bestätigt. Selbst wenn am Ende keine Bombe entdeckt worden war, sei es richtig gewesen, das RRZ am Sonntag zu räumen. Und auch, dass man dazu zweieinhalb Stunden benötigte, bewertet man bei der Polizei als okay. "Es gab bei der Drohung keine Zeitvorgabe", erklärte Faßbender. Deshalb habe man die Räumung "mit aller Ruhe" ablaufen lassen können.

So waren insgesamt fünfeinhalb Stunden vergangen, bis das RRZ vollständig geräumt war. Um 9.30 Uhr war das Essener Polizeipräsidium informiert worden, dass im Kölner Bundesamt für Verfassungsschutz ein Drohanruf eingegangen war; der war dort wiederum knapp eine Stunde vorher registriert worden, um 8.35 Uhr, wie eine Sprecherin am Montag auf Anfrage erklärte: Der Anruf habe "keine Minute gedauert".

In "drei bis vier Sätzen" habe der Anrufer, eine männliche Person, erklärt, dass im RRZ ein Sprengsatz mit zwei Taschen abgestellt worden wäre, die Drohung "solle man ernst nehmen", habe er noch mitgeteilt. Erst um 19 Uhr war der Großeinsatz beendet. Vier Stunden hatten Experten der Polizei mit Sprengstoffspürhunden das Gebäude durchforstet. Eine Bombe fand man nicht.

Fast sechs Stunden zwischen Anruf und Räumung des Rhein-Ruhr-Zentrum

Ob der Einsatz schneller hätte ablaufen können? Die Polizei deutet an, dass das schwierig geworden wäre, aber nicht unmöglich: Auch eine "Ad-hoc-Räumung" sei in Betracht gezogen worden, sagt Polizeisprecher Ulrich Faßbender. Das hätte aber nötig gemacht, die nahe A40 zu sperren, um dort alle RRZ-Besucher zu versammeln.

Auch ohne Sperrung kam es allerdings am Sonntag zu Staus auf der Autobahn - weil die Polizei die Zufahrt zum Rhein-Ruhr-Zentrum absperrte. Die Verkehrsprobleme lastet die Polizei vor allem "Gaffern" an, die auf der Autobahn stark abgremsten. Für Unmut sorgten auch einzelne Autofahrer, "die an der gesperrten Zufahrt stoppten um mit den Beamten über die Sperrung zu diskutieren", hieß es am Montag bei der Essener Polizei.

Einkaufszentrum evakuiert

Die Polizei räumte am Sonntag das Rhein-Ruhr-Zentrum und einen Trödelmarkt auf dem Gelände des RZZ. Foto: Sebastian Konopka / WAZ FotoPool
Die Polizei räumte am Sonntag das Rhein-Ruhr-Zentrum und einen Trödelmarkt auf dem Gelände des RZZ. Foto: Sebastian Konopka / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
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"Unser Sicherheitskonzept funktioniert"

Gut 10.000 Menschen waren am Sonntag im RRZ, wo der allmonatliche Antik- und Trödelmarkt zum Besuch einlud. Auch Gastrobereich, Kino, Casino und Bowlingbahn waren gut besucht, sagt Center-Manager Sascha Schönherr. Aus seiner Sicht gibt es keine Kritik am Verhalten der Polizei. "Einmal im Jahr machen wir im kompletten Center eine Evakuierungsübung", allerdings nie bei so vielen Besuchern wie am Sonntag. Die Räumung habe gezeigt, "dass unser Sicherheitskonzept funktioniert", erklärt Schönherr. Auch das Zusammenspiel mit den eigenen Center-Kräften und dem Sicherheitskräften des Trödelmarkt-Veranstalters habe gut funktioniert.

Auch aus Sicht von Dr. Hubert Klüpfel, Experte für Panik-Vermeidungsstrategie in Duisburg, hat die Polizei am Sonntag richtig gehandelt. Es sei gut gewesen, die Bombendrohung bei der Räumung des RRZ nicht konkret zu benennen, meint Klüpfel. Vielmehr wurde den Besuchern erklärt, es würde sich um einen "technischen Defekt" handeln.

Kritik an "Bomben"-Hinweisen auf Twitter 

"Der größte Teil der Besucher hat das Gebäude insgesamt sehr besonnen und zügig geräumt", fasst Polizeisprecher Ulrich Faßbender das Geschehen im RRZ am Montag zusammen. Kritik allerdings äußert er in Richtung Twitter- und Facebook-Nutzer: Aus Sorge vor einer Massenpanik wollte die Polizei unter keinen Umständen von einer Bombendrohung sprechen und appellierte auch an die Verantwortung der Medien vor Ort.

Auf Twitter und Facebook hatten da manche der Besucher längst die Vermutung einer Bombendrohung in die Welt geschickt. Ulrich Faßbender wiederholte am Montag seinen Appell in Richtung Social-Media-Aktive: "Man sollte in manchen Situationen erstmal nachdenken, was man postet oder twittert".

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Für Ulrich Klüpfel war es durchaus sinnvoll, die Menschen vor Ort nicht über den konkreten Hintergrund der Räumung zu informieren: "Bei einer Bombe lässt sich die Gefahr nicht eingrenzen. Die Information setzt Bilder frei: 'Wo könnte sie liegen?' Das kann Stress erzeugen, der zu Panikreaktionen führt, die nicht mehr kontrollierbar sind", sagt Klüpfel, Geschäftsführer der Firma Traffgo, die ein Ableger der Uni Duisburg-Essen ist und unter anderem ein Fußgänger-Konzept für die arabische Pilgermetropole Mekka erarbeitet hat.

"Ruhe bewahren" hilft als Appell nicht

Appelle, die Ruhe zu bewahren, seien in Evakuierungssituationen übrigens nicht hilfreich, meint Klüpfel: "Besser sind konkrete Handlungsanweisungen, wie die Aufforderung 'Verlassen Sie das Gebäude durch den nächstmöglichen Ausgang'". Wichtig sei zudem, solche Ansagen, die "klar, einfach und laut" sein sollten, "am besten minütlich" zu wiederholen - wie es bei der RRZ-Räumung offenbar gemacht wurde. Hubert Klüpfel: "Das zeigt, dass im Hintergrund jemand die Situation kontrolliert" und es helfe, eine Situation zu beruhigen.

Zu den Ermittlungen nach dem anonymen Anrufer mag die Polizei keine Details nennen. Laut Gesetzbuch sind Bombendrohungen eine Straftat. Im Falle einer Verurteilung drohen bis zu drei Jahre Freiheitstrafe - oder eine Geldstrafe. Auch zum verursachten Schaden gab es am Montag keine Angaben.