Mülheim.

Nach „Russischer Seele“ im ersten war „Französischer Esprit“ im zweiten Sinfoniekonzert angesagt, hervorragend verklanglicht durch das Württemberger Kammerorchester unter der eindringlich pointierenden Leitung von Ruben Gazarian.

Das erste Werk des Abends, Faurés Suite „Pelleas und Melisande“, inspiriert durch das Drama von Maeterlinck, zeigte allerdings eine nicht so geläufige Variante französischen Geistes: Es ist keine Programm-Musik, sondern entfaltet mit gewissermaßen gläserner Melancholie einen Sog in die rätselhafte Sphäre, aus der Melisande sich in eine „Welt ohne Sonne“ verirrt. Die unspektakuläre, gleichwohl suggestive Kraft dieser Musik konnte den Satz eines ausgewiesenen Frankreich-Kenners in Erinnerung rufen: „Frankreich ist das Land der richtigen Gefühle“.

Ein musikalischer Eulenspiegel

Danach wurde es umso turbulenter. In seinem „Konzert für zwei Klaviere und Orchester“ erweist sich Francis Poulenc als ein musikalischer Eulenspiegel, der mit z.T. trivial anmutenden Motiven ein herrlich groteskes, koboldhaftes Spiel treibt, sprühend vor skurrilen Einfällen, die unweigerlich fröhliche Heiterkeit verbreiten, ohne dass der ernsthafte Untergrund, besonders im zweiten Satz, überhört werden könnte. Die beiden Pianisten Andreas Grau und Götz Schumacher, denen das Werk einiges abverlangte, kamen nach ausgezeichnetem Spiel nicht ohne Zugabe von der Bühne.

In Ravels für die Kinder eines befreundeten Ehepaares geschriebenen Märchenstücken „Mutter Gans“ geht es wohl weniger um die Idealisierung des Kindlichen aus dem Blickwinkel des Erwachsenen als um die kindlich-unverstellte Wahrnehmung der magischen Wirklichkeit hinter der Realität des nur Sichtbaren. So stellen die Stücke eine faszinierende Verbindung dar zwischen Einfachheit und farbig funkelnder Hintergründigkeit.

Was tut der Ochse da?

Zum Schluss ein Knalleffekt: Milhauds Collage brasilianischer Volksmelodien „Der Ochse auf dem Dach“. Was tut der Ochse da? Offensichtlich tanzt er, und zwar vorwiegend Samba, und das nach den hinreißenden Rhythmen und den polytonalen Frechheiten des glänzend aufgelegten Orchesters mit solcher Hingabe, dass es einem in den Beinen zuckte, es dem fröhlichen Tier gleich zu tun.

Jubelnder Applaus des nicht ganz so zahlreich wie sonst erschienenen Publikums. Schade. Wer nicht da war, hat ein Highlight versäumt.